Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
Vom Netzwerk:
Guillam Bill zum erstenmal gesehen. »London
Station könnte gar nicht in besseren Händen sein. Unglaubliche Befähigung. Unglaubliche
Beurteilung. Glänzend.«
    Während
ihr, dachte Guillam, vom Abglanz profitiert. Indem man euch mit Haydon
identifiziert, mit dem Kaffeeautomaten, mit den Banken. Seine Betrachtungen
wurden durch die ätzende Cockney-Stimme Roy Blands unterbrochen, der aus der
nächsten Tür vor ihnen auftauchte.
    »He,
Lauder, Moment mal: haben Sie Bloody Bill irgendwo gesehen? Er wird dringend
gewünscht.«
    Darauf
folgte unmittelbar Toby Esterhases getreues mitteleuropäisches Echo aus der
gleichen Richtung: »Umgehend, Lauder, wir haben sogar schon seinetwegen Alarm
geschlagen.« Sie waren in den letzten engen Korridor eingeschwenkt. Lauder
hatte vielleicht drei Schritt Vorsprung und setzte bereits zu seiner Antwort
an, als Guillam die offene Tür erreichte und hineinschaute. Bland lungerte in
Hemdsärmeln an seinem Schreibtisch. Schweißringe umzogen die Achselhöhlen.
Esterhase beugte sich wie ein Oberkellner zu ihm, ein sehr kleiner Mann mit
steifem Rücken, eine Miniatur-Exzellenz mit Silberhaar und einem verkrampften
unfreundlichen Kiefer, und er hatte eine Hand nach dem Schriftstück
ausgestreckt, als wollte er eine Spezialität empfehlen. Sie hatten offenbar
gerade das gleiche Dokument gelesen, als sie des vorbeigehenden Lauder
ansichtig wurden. »Doch Roy, ich habe Bill Haydon gesehen«, sagte Lauder, der
die Gabe hatte, ungebührliche Fragen in eine anständige Form umzufunktionieren.
»Mir schwant sogar, daß Bill zu Ihnen unterwegs ist, er kommt schon hinten im
Korridor, wir haben nur kurz über ein paar Dinge gesprochen.«
    Blands
Blick glitt langsam zu Guillam und blieb auf ihm haften; dieses frostige
Abschätzen erinnerte unangenehm an Haydon. »Hallo, Peter«, sagte er. Im
gleichen Moment reckte sich Klein Toby zu voller Höhe und wandte die Augen
gleichfalls auf Guillam; braun und still wie die Augen eines Schützen. »Hei«,
sagte Guillam, »worüber wird gelacht?« Ihre Begrüßung war nicht nur frostig,
sie war schlichtweg feindselig. Guillam hatte während eines sehr kniffligen
Einsatzes in der Schweiz drei Monate lang eng mit Toby Esterhase zusammengearbeitet,
und Toby hatte die gleiche Zeit über nicht ein einziges Mal auch nur
gelächelt, daher war sein eisiges Glotzen keine Überraschung für Guillam. Aber
Bland war eine von Smileys Entdeckungen, zu warmherzig und impulsiv für diese
Welt, rothaarig und stämmig, von unverdorbenem Intellekt, und ein erfreulicher
Abend bestand für ihn darin, daß man in den Kneipen rund um Kentish Town über
Wittgenstein diskutierte. Er hatte zehn Jahre als Spitzel in der
Kommunistischen Partei gearbeitet, die akademische Route in Osteuropa
abgeklappert, und jetzt war er, genau wie Guillam, zurückgepfiffen worden, was
immerhin eine Gemeinsamkeit darstellte. Zu seinem Begrüßungsstil gehörten im
allgemeinen ein breites Grinsen, ein Schlag auf die Schulter und eine
abgestandene Bierfahne. Aber nicht so heute. »Es wird überhaupt nicht gelacht,
Peter, alter Junge«, sagte Roy schließlich und rang sich ein reichlich
verspätetes Lächeln ab. »War nur überrascht, Sie zu sehen, weiter nichts. Wir
sind so daran gewöhnt, dieses Stockwerk ganz für uns allein zu haben.«
    »Da kommt
Bill«, sagte Lauder, hoch befriedigt, weil seine Prognose sich so prompt
bestätigte. Als Haydon in einen Lichtstreifen trat, fiel Guillam die
merkwürdige Färbung seiner Wangen auf. Eine tiefe wallende Röte hoch auf den
Backenknochen, die von geplatzten Äderchen stammte. Sie verlieh ihm, wie
Guillam in seiner Erregtheit dachte, eine gewisse Ähnlichkeit mit Dorian Gray.
    Seine
Unterredung mit Lauder Strickland dauerte eine Stunde und zwanzig Minuten.
Guillam hatte sie nach Kräften in die Länge gezogen, und während der ganzen
Zeit dachte er über Bland und Esterhase nach und fragte sich, was den beiden so
sehr im Magen liegen mochte.
    »Ich gehe
jetzt wohl besser und kläre das Ganze mit dem Delphin«, sagte er schließlich.
»Wir wissen ja, wie sie sich hat, wenn's um Schweizer Banken geht.« Die
Personalabteilung hauste zwei Türen von der Bankabteilung entfernt. »Das lasse
ich hier«, fügte er hinzu und warf den Paß auf Lauders Schreibtisch. Diana
Dolphins Zimmer roch nach Deodorant; ihre Kettentasche lag auf dem Safe neben
einer Nummer der Financial Times. Diana war
eine jener modebewußten Circus-Bräute, die nie jemand wirklich heiratet.

Weitere Kostenlose Bücher