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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Buckingham Palace Mansions eine Cocktailparty gegeben.
Guillam kam zu spät und legte gerade in der Diele seinen Mantel ab, als eine
blasse blonde Frau schüchtern auf ihn zuschwebte und beide Hände ausstreckte.
Er hielt sie für das Mädchen, das ihm den Mantel abnehmen wollte. »Ich bin
Joy«, sagte sie mit dramatischer Stimme, es klang wie »Ich bin die Tugend«,
oder »Ich bin die Enthaltsamkeit«. Sie wollte nicht seinen Mantel, sondern
einen Kuß. Als er sich ihrem Wunsch beugte, atmete er die vereinte Süße von Je reviens und einer hohen Konzentration billigen Sherrys ein.
    »Ja,
junger Herr Guillam«, - so Alleline - »haben Sie jetzt endlich Zeit für mich
oder stehen noch weitere Erledigungen in meinem Haus an?« Er blickte halbwegs
auf, und Guillam sah zwei winzige pelzige Dreiecke auf den verwitterten Wangen.
»Was treiben wir denn zur Zeit draußen auf dem flachen Land?« - er blätterte um
- »außer den Dorfjungfrauen nachstellen, falls es in Brixton welche geben
sollte, was ich ernsthaft bezweifle, wenn Sie mir diese Frivolität verzeihen
wollen, Mo, und öffentliche Gelder für opulente Mahlzeiten verschwenden?«
    Dieses
Anrempeln war Allelines Kommunikationsmethode. Es konnte freundschaftlich oder
feindselig sein, vorwurfsvoll oder gutheißend, aber im Endeffekt war es wie der
erste Tropfen auf die gleiche Stelle.
    »Ein paar
Arabergrüppchen sehen recht vielversprechend aus. Cy Vanhofer hat einen Draht
zu einem deutschen Diplomaten. Das wär' alles.«
    »Araber«,
wiederholte Alleline, schob den Ordner beiseite und zog eine rustikale Pfeife
aus der Tasche. »Jeder Idiot kann einen Araber umdrehen, was, Bill? Ein ganzes
arabisches Kabinett für eine halbe Krone kaufen, wenn's ihm Spaß macht.« Aus
einer anderen Tasche nahm Alleline einen Tabaksbeutel, den er lässig auf den
Tisch warf. »Wie ich höre, sind Sie ein Herz und eine Seele mit unserem unlängst
verblichenen Bruder Tarr. Wie geht's ihm heutzutage?«
    Eine
Unmenge Gedanken schossen Guillam durch den Kopf, während er sich antworten
hörte. Daß die Beobachtung seiner Wohnung erst gestern abend aufgenommen worden
war, durfte als sicher gelten. Daß er übers Wochenende frei von Kontrolle war,
wenn nicht Fawn, der Babysitter, zum Verräter geworden war, was ein harter
Schlag gewesen wäre. Daß Roy Bland eine auffallende Ähnlichkeit mit dem
verstorbenen Dylan Thomas hatte; Roy hatte ihn immer an jemanden erinnert, er
war nur nie dahinter gekommen, an wen; und daß Mo Delaware nur dank ihres
männlichen Pfadfinderinnen-Habitus die Bezeichnung Frau erworben hatte. Ob
Dylan Thomas wohl auch Roys ungewöhnlich helle blaue Augen hatte? Daß Toby
Esterhase eine Zigarette aus seinem goldenen Etui nahm und daß Alleline im
allgemeinen keine Zigaretten duldete, nur Pfeifen, also mußte Toby sich im
Moment recht gut mit ihm stehen. Daß Bill Haydon seltsam jung aussah und daß
die Circus-Gerüchte über sein Liebesleben vielleicht doch nicht so lachhaft
waren: sie behaupteten, er sei doppelseitig begabt. Daß Paul Skordeno eine
braune Handfläche auf den Tisch gelegt und den Daumen leicht in die Luft
gereckt hatte, als wolle er die Schlagwirkung des Handrückens vergrößern. Er
dachte auch an seinen Segeltuchsack: hatte Alwyn ihn dem Bus mitgegeben? Oder
war er zum Lunch weggegangen und hatte den Sack einfach in der Garderobe
gelassen, wo jeder beförderungshungrige junge Portier die Nase hineinstecken
konnte? Und Guillam fragte sich, nicht zum erstenmal, wie lange Toby wohl schon
um das Archiv herumgestrichen sein mochte, ehe Guillam ihn gesehen hatte.
    Er wählte
einen scherzenden Tonfall: »Stimmt, Chef, Tarr und ich trinken jeden Nachmittag
bei Fortnum zusammen Tee.« Alleline nuckelte an der kalten Pfeife, befühlte die
Tabakfüllung. »Peter Guillam«, sagte er mit wohlüberlegter Ironie. »Es ist
Ihnen vielleicht entgangen, aber ich bin ein ungemein versöhnlicher Charakter.
Ja, ich triefe geradezu vor Menschenfreundlichkeit. Ich will weiter nichts, als
den Inhalt Ihrer Unterredung mit Tarr. Ich fordere weder seinen Kopf noch
irgendeinen anderen Teil seiner verdammten Anatomie, und ich will den Impuls
zügeln, ihn mit eigenen Händen zu erwürgen. Oder Sie.« Er riß ein Streichholz
an und entzündete die Pfeife; eine gewaltige Flamme schlug hoch. »Ich würde
mich vielleicht sogar bereitfinden, Ihnen eine goldene Kette um den Hals zu
hängen und Sie aus dem verhaßten Brixton wieder in den Palast zu holen.«
    »Wenn dem
so ist, kann ich

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