Carre, John le
nachsehen. War die Akte an ihrem Platz, dann würde sie
den grünen Zettel und auch den Abschnitt in der Schachtel vernichten, und nicht
einmal die kluge Sal würde sich erinnern, daß er sich vor Nische vier-vier
aufgehalten hatte. Er wollte gerade ins Archiv zurück, um dem alten Allitson zu
helfen, als er plötzlich direkt in die braunen unfreundlichen Augen Toby
Esterhases blickte. »Peter«, sagte Toby in seinem nicht ganz perfekten
Englisch. »Tut mir leid, wenn ich störe, aber wir haben eine kleine Krise, und
Percy Alleline möchte Sie dringend sprechen. Können Sie jetzt kommen? Das wäre
sehr freundlich.« Und an der Tür, als Alwyn sie hinausließ: »Er möchte Ihre
Meinung hören«, bemerkte er mit der Beflissenheit eines kleinen, aber
kommenden Mannes. »Er möchte in einer Sache Ihre Meinung einholen.« In einem
verzweifelten, aber erleuchteten Moment wandte Guillam sich an Alwyn. »Mittags
fährt ein Bus nach Brixton. Rufen Sie doch bitte bei der Transportabteilung an,
und bitten Sie, daß das Ding da für mich mit hinausgenommen wird, ja?«
»Wird
gemacht, Sir«, sagte Alwyn. »Wird gemacht. Vorsicht, Stufe.«
Und sprich
ein Gebet für mich, dachte Guillam.
Mit Percy
Alleline als Circus-Direktor arbeitet Peter Guillam am Hochseil ohne Netz
»Unsere
graue Eminenz«, nannte ihn Haydon. Die Portiers nannten ihn Schneewittchen
wegen seines Haars. Toby Esterhase kleidete sich wie ein Dressman, aber sobald
er die Schultern senkte und die winzigen Fäuste ballte, wurde er eindeutig zum
Boxer. Guillam ging hinter ihm durch den Korridor des vierten Stocks, sah
wieder den Kaffeeautomaten, hörte wieder Lauder Stricklands Stimme verkünden,
daß er nicht zu sprechen sei, und dachte: »Herrgott, wir sind wieder drunten in
Bern und auf der Flucht.« Er spielte schon mit dem Gedanken, es Toby laut
zuzurufen, verwarf den Vergleich jedoch als nicht opportun. Sooft er an Toby
dachte, mußte er an die Schweiz vor zehn Jahren denken, als Toby noch ein
simpler Beschatter gewesen war und sich mit seiner Fähigkeit, nebenbei die
Ohren zu spitzen, immer mehr einen Namen machte. Guillam war aus Nordafrika
zurück und im Wartestand, und so schickte der Circus die beiden zu einem
Sondereinsatz nach Bern, wo sie im Haus belgischer Waffenhändler, die mit
Schweizer Hilfe ihre Waren in unerwünschte Richtungen verschickten, Meisen
kleben sollten. Sie mieteten eine Villa neben dem Zielhaus, und in der nächsten
Nacht stellte Toby einen Anschluß her und sorgte dafür, daß sie über ihr
eigenes Telefon die Gespräche der Schweizer abhören konnten. Guillam war Boß
und Kurier, zweimal täglich lieferte er die Bänder an die Außenstelle Bern,
wobei er einen geparkten Wagen als Briefkasten benutzte. Mit gleicher
Leichtigkeit bestach Toby den Briefträger, der ihm die Post der Belgier vor der
Zustellung zur Durchsicht überließ, und die Putzfrau, die im Salon, wo
gewöhnlich die Besprechungen stattfanden, ein Mikrophon installierte. Zur
Ablenkung gingen sie ins Chikito, wo Toby
mit den jüngsten Mädchen tanzte. Gelegentlich brachte er eine von den Kleinen
mit nach Hause, aber am nächsten Morgen war sie immer verschwunden, und Toby
hatte alle Fenster geöffnet, um den Geruch loszuwerden.
So lebten
sie drei Monate lang, und Guillam kannte Toby nicht besser als am ersten Tag.
Er wußte nicht einmal, in welchem Land er geboren war. Er war ein Snob und
wußte, wo man essen und sich zeigen mußte. Er wusch seine Sachen selber, und
nachts trug er ein Netz über dem Schneewittchenhaar, und an dem Tag, als die
Polizei in die Villa eindrang und Guillam über die rückwärtige Mauer springen
mußte, fand er Toby im Hotel Bellevue, wo er Patisserien mampfte und dem the
dansant zusah. Toby hörte sich an, was Guillam zu sagen hatte,
zahlte seine Zeche, gab zuerst dem Kapellmeister ein Trinkgeld, danach Franz,
dem Chefportier, dann führte er Guillam durch ein Gewirr von Korridoren und
Treppenhäusern zu der unterirdischen Garage, wo er den Fluchtwagen und die
Pässe versteckt hatte. Auch dort bat er gewissenhaft um die Rechnung. »Wer es
je eilig hat, aus der Schweiz herauszukommen«, dachte Guillam, »der bezahle zuerst
seine Rechnungen.« Die Korridore waren endlos, mit Spiegelwänden und
Versailles-Kandelabern, so daß Guillam nicht einem Esterhase folgte, sondern
einer ganzen Prozession. Dieses Bild stand ihm jetzt wieder vor Augen, obwohl
das enge hölzerne Treppenhaus zu Allelines Büros schmutziggrün gestrichen war
und
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