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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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dem Fiasko gab.
Lieber du als ich, George.
    Guillam
fing an, im Geist die Entfernung von seinem Tisch zur Hintertür zu messen, wo
Alwyn an der Empfangstheke döste. Er schätzte sie auf fünf Schritt und
beschloß, eine taktische Zwischenstation zu machen. Zwei Schritt von der Tür
entfernt stand eine Kartentruhe wie ein großes gelbes Klavier. Sie war mit
allem möglichen Nachschlagematerial gefüllt. Generalstabskarten, alten
Exemplaren von Who's Who, alten Baedekern. Er klemmte sich
einen Bleistift zwischen die Zähne, nahm die Akte Testify, schlenderte
zur Truhe, suchte ein Telefonbuch von Warschau heraus und fing an, Namen auf
ein Blatt Papier zu schreiben. Meine Schrift! Es schrie in ihm: meine Schrift
ist ganz zittrig, sie fährt über die ganze Seite, schau dir diese Zahlen an,
als wäre ich betrunken! Wieso merkt das niemand? Das Mädchen Juliet kam mit
einem Tablett herein und stellte eine Tasse auf seinen Tisch. Er warf ihr eine
zerstreute Kußhand zu. Er suchte ein zweites Telefonbuch heraus, von Poznan,
glaubte er, und legte es neben das erste. Als Alwyn hereinkam, blickte er nicht
einmal auf. »Telefon, Sir«, flüsterte Alwyn.
    »Ach,
Mist«, sagte Guillam, ins Telefonbuch vertieft. »Wer denn?«
    »Stadtgespräch,
Sir. Rauher Bursche. Ich glaube die Werkstatt wegen Ihres Wagens. Sagt, er hat
schlechte Nachrichten für Sie«, sagte Alwyn hocherfreut.
    Guillam
hielt die Akte Testify mit beiden Händen, verglich
scheinbar etwas mit dem Telefonbuch. Er wandte Sal den Rücken und spürte, wie
seine Knie gegen die Hosenbeine schlotterten. Der Bleistift steckte immer noch
in seinem Mund. Alwyn ging voraus und hielt ihm die Tür, und er durchschritt
sie eifrig lesend: wie ein verdammtes Greenhorn, dachte er. Er wartete, daß der
Blitzstrahl ihn traf, daß Sal Mordio schrie, Ben, der Superspion, plötzlich zum
Leben erwachte, aber nichts geschah. Er fühlte sich viel besser: Alwyn ist mein
Verbündeter, ich vertraue ihm, wir sind gegen den Delphin verschworen, ich kann
rausgehen. Die Schwingtür schloß sich, er ging die drei Stufen hinunter, und da
stand wieder Alwyn und hielt die Tür der Telefonkabine auf. Der untere Teil war
undurchsichtig, der obere Teil verglast. Er nahm den Hörer auf und legte die
Akte neben seine Füße und hörte Mendel ihm mitteilen, er brauche ein neues
Getriebe, der Spaß könne bis zu hundert Pfund kosten. Das hatten sie sich für
die Personalabteilung ausgedacht, oder wer immer die Aufzeichnung lesen würde,
und Guillam hielt das Gespräch ungezwungen in Gang, bis Alwyn hinter seiner
Theke verschwunden war, wo er mit gerecktem Hals lauschte. Es klappt, dachte
er, es klappt, ich fliege, es klappt doch. Er hörte sich sagen: »Na, schön,
aber fragen Sie zuerst beim Haupthändler nach, wie lange es dauert, bis sie das
verdammte Ding beschaffen können. Haben Sie die Nummer?« Und gereizt: »Bleiben
Sie am Apparat.« Er öffnete die Tür einen Spalt und drückte das Mundstück fest
an sein Hinterteil, damit die nächsten Worte auf keinen Fall registriert
werden könnten. »Alwyn, werfen Sie mir den Sack mal rüber, ja?« Alwyn brachte
ihn schneidig herbei, wie der Erste-Hilfe-Mann bei einem Fußballmatch. »In
Ordnung, Mister Guillam, Sir? Soll ich ihn für Sie aufmachen?«
    »Lassen
Sie ihn nur hier fallen, danke.«
    Der Sack
lag auf dem Boden vor der Kabine. Jetzt bückte er sich, zog den Sack herein und
öffnete den Reißverschluß. In der Mitte, zwischen seinen Hemden und einer Menge
Zeitungen, steckten drei blinde Ordner, einer lederfarben, einer grün, einer
rosa. Er nahm den rosa Ordner und sein Notizbuch heraus und steckte dafür die
Akte Testify hinein. Er zog den Verschluß zu,
richtete sich auf und las Mendel eine Telefonnummer vor, übrigens die richtige.
Er hängte ein, gab Alwyn den Sack und ging mit dem Blindband zurück in den
Lesesaal. Allitson führte sein Stückchen auf, erst zog er am Waschkorb, dann
versuchte er es mit Schieben.
    »Peter,
helfen Sie uns bitte, ich bring ihn nicht vom Fleck.«
    »Sekunde.«
    Er holte
die Akte vier-drei wieder aus dem Fach, ersetzte sie durch den Blindband,
stellte sie an ihren richtigen Platz in der Nische vier-drei und zog den grünen
Zettel aus der Klammer. Gott thront im Himmel, und die erste Nacht war eine
Wucht. Er hätte am liebsten laut gesungen: Gott thront im Himmel, und ich kann
noch immer fliegen.
    Er brachte
den Zettel Sal, die ihn abzeichnete und auf einen Dorn spießte. Wie immer.
Später am Tag würde sie

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