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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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die
ganze Nacht gearbeitet.«
    »Der Direktor ist ganz außer
Fassung«, sagte sie. »Wie war seine Frau, Carol?« Carol war ein gut angezogenes
Mädchen, vielleicht etwas größer als Sarah. »Niemand hat sie je zu Gesicht
bekommen.« Sie verließ das Zimmer, wobei Woodford ihr nachsah. Er nahm die
Pfeife aus dem Mund und grinste. Avery wußte, daß er jetzt gleich eine
Bemerkung darüber machen würde, wie es wäre, mit Carol zu schlafen, und das
ekelte ihn plötzlich an.
    »Diese
Tasse hat wirklich Ihre Frau gemacht, Bruce?« fragte er schnell. »Sie soll im
Töpfern ganz groß sein.«
    »Die
Untertasse auch«, sagte Woodford. Er begann von den Kursen zu erzählen, die
seine Frau besuchte, und davon, auf welch amüsante Weise das in Wimbledon in
Mode gekommen war, und wie irrsinnig sich seine Frau dafür begeisterte.
    Fast elf
Uhr: sie konnten hören, wie sich die anderen auf dem Gang versammelten.
    »Ich werde
jetzt wohl besser hinüberschauen«, sagte Avery, »ob er schon bereit ist. Die
letzten acht Stunden waren ziemlich schlimm für ihn.« Woodford nahm seine
Schale und trank einen Schluck Tee. »Wenn sich die Gelegenheit ergibt«, sagte
er, »erwähnen Sie beim Chef bitte diese Archivgeschichte, John. Ich möcht's
nicht gern vor all den anderen anschneiden. Adrian scheint doch ein bißchen alt
zu werden.«
    »Der Direktor hat jetzt gerade
ziemlich viel andere Sachen im Kopf, Bruce.«
    »Ja, sicherlich.«
    »Er kommt
Haldane nicht gerne in die Quere, wie Sie wissen.«
    An der Tür
seines Zimmers wandte er sich zu Woodford um und fragte: »Erinnern Sie sich
daran, ob es mal einen Mann namens Malherbe in der Organisation gegeben hat?«
    Woodford
erstarrte. »Du meine Güte, natürlich. Junger Kerl wie Sie, während des Krieges.
Guter Gott!« Dann sagte er sehr ernst, aber nicht in seinem üblichen Ton: »Vor
dem Chef erwähnen Sie diesen Namen besser nicht. Die Sache mit dem jungen
Malherbe hat ihn mächtig mitgenommen. Er war einer von den Spezialpiloten.
Wissen Sie, die beiden standen einander wirklich sehr nahe.«
    Bei
Tageslicht machte Leclercs Zimmer nicht so sehr den Eindruck von Unordnung,
sondern mehr den eines Provisoriums. Man konnte glauben, es sei von seinem
Inhaber hastig requiriert worden, als er gerade unter großem Zeitdruck stand
und nicht wußte, wie lange er würde bleiben müssen. Über zwei Böcken lag eine
Tischplatte, und darauf waren nicht drei oder vier, sondern gleich Dutzende von
Landkarten verstreut - einige von ihnen in einem Maßstab, der sogar Straßen und
Gebäude erkennen ließ. An einer Wandtafel hingen die Papierstreifen aus einem
Telegrafenapparat. Sie waren auf rosa Bögen geklebt und wurden von einer großen
Metallklemme gehalten, wie die Korrekturfahnen in einer Druckerei. In einer
Ecke war das Bett aufgestellt worden, auf dem ein Überwurf lag. Neben dem
Waschbecken hing ein frisches Handtuch. Der Schreibtisch - ein graues
Behördenstahlmöbel - war neu. Die Wände waren schmutzig. Da und dort war die
helle Farbe abgeblättert und darunter kam ein dunkles Grün zum Vorschein. Es
war ein kleiner, rechteckiger Raum mit Vorhängen aus den Beständen der
staatlichen Gebäudeverwaltung. Wegen dieser Vorhänge hatte es größere
Auseinandersetzungen um die Frage gegeben, welchem Verwaltungsdienstgrad die
Stellung Leclercs entsprach. Avery konnte sich an diesen Streit als die einzige
Gelegenheit erinnern, bei der Leclerc sich etwas um die Verbesserung seines
Zimmers bemüht hatte. Das Kaminfeuer war fast ganz heruntergebrannt. An manchen
Tagen, wenn es sehr windig war, wollte das Feuer überhaupt nicht brennen, und
immer konnte Avery in seinem Nebenzimmer das Rieseln des Rußes im Schornstein
hören. Avery sah zu, wie die anderen hereinkamen. Zuerst Woodford, dann
Sandford, Dennison und McCulloch. Sie alle wußten bereits, was mit Taylor
passiert war. Avery konnte sich leicht vorstellen, wie die Neuigkeit die Runde
durch die einzelnen Abteilungen gemacht hatte - keineswegs als große
Schlagzeile, sondern als kleine, erfreuliche Sensation, die von Zimmer zu Zimmer
weiterwanderte und der Tagesarbeit Glanz verlieh, so wie sie diesen Männern
hier Glanz verliehen hatte und den gleichen vorübergehenden Optimismus, den man
bei einer Gehaltserhöhung empfindet. Sie würden nun Leclerc beobachten wie
Gefangene ihren Wärter. Seine gewöhnliche Verhaltensweise war ihnen nur allzu
vertraut, aber jetzt warteten sie darauf, daß er seine Routine aufgab. In der
ganzen Organisation gab es

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