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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Licht. Seine
Schicht begann erst wieder um vier, wenn es schon dämmrig werden würde. Dann
wäre noch weniger Licht in der Halle. Er besaß einen schnellen Agfa-Film, den er
sich für irgendeine besondere Gelegenheit aufgehoben hatte. Seine Empfindlichkeit
war 26 DIN. Er entschloß sich, diesen Film zu nehmen.« Leclerc machte eine
Pause - mehr der Wirkung halber, als um Zeit für Fragen zu lassen. Haldane
fragte: »Warum hat er nicht bis zum nächsten Tag gewartet?«
    Aber
Leclerc überhörte das. »In diesem Bericht werden Sie eine umfassende
Darstellung Gortons finden, wie der Mann in die Hütte gelangte, sich auf ein
Ölfaß stellte und die Bilder durch den Ventilator schoß. Ich werde das jetzt
nicht alles wiederholen. Er verwendete die weiteste Blende, nämlich zwo-acht,
und schoß mit verschiedenen Belichtungszeiten zwischen einer Fünfundzwanzigstel
und zwo Sekunden. Ein begrüßenswertes Beispiel deutscher Sorgfalt.« Niemand
lachte. »Die Belichtungszeiten waren natürlich geschätzt. Nur die letzten drei
Bilder zeigen irgend etwas. Hier sind sie.«
    Leclerc
sperrte das Stahlfach seines Schreibtisches auf und nahm einen Stoß großer
Hochglanzfotos heraus. Dabei lächelte er ein wenig, wie ein Mann, der sein
eigenes Spiegelbild betrachtet. Alle drängten sich um ihn, außer Haldane und
Avery, die die Bilder schon vorher gesehen hatten. Etwas war da.
    Man konnte
es beim flüchtigen Hinschauen sehen: etwas verbarg sich zwischen den
zerfließenden Schatten. Sah man jedoch genauer hin, dann schloß sich das
Dunkel wieder und verschluckte die schwachen Konturen. Und doch war da etwas:
die verwischten Umrisse eines Kanonenrohres, das aber spitz zuzulaufen schien
und viel zu lang für seine Lafette war; es war da etwas wie ein
Transportfahrzeug, ein leichter Schimmer, der von einer Rampe hätte stammen können.
    »Ohne
Zweifel würden sie Planen darübergezogen haben«, kommentiere Leclerc, während
er ihre Gesichter in der Hoffnung studierte, etwas Zuversicht darin aufkeimen
zu sehen.
    Avery sah
auf seine Uhr. Es war zwanzig Minuten nach elf. »Ich werde jetzt bald gehen
müssen, Herr Direktor«, sagte er. Noch immer hatte er Sarah nicht angerufen.
»Ich muß wegen meines Flugtickets noch in die Buchhaltung.«
    »Nur noch
zehn Minuten«, sagte Leclerc bittend, und Haldane fragte: »Wohin fährt er?«
    »Er muß
sich um Taylor kümmern. Vorher hat er noch eine Verabredung im Rondell.«
    »Was
meinst du mit >kümmern    Betretenes
Schweigen.
    Dann
erwiderte Leclerc: »Du weißt genau, daß Taylor unter falschem Namen unterwegs
war. Jemand muß seine Habseligkeiten abholen, den Film aufstöbern.
    Avery
fährt als nächster Verwandter. Das Ministerium hat es schon genehmigt. Es war
mir nicht klar, daß ich auch deine Zustimmung brauche.«
    »Um die
Leiche zu übernehmen?«
    »Den Film
zu bekommen«, zischte Leclerc.
    »Das ist
eine Einsatz-Arbeit. Avery hat keine Übung.«
    »Im Krieg
waren sie alle jünger, als er ist. Er kann sehr gut auf sich selbst aufpassen.«
    »Taylor
konnte es nicht. Was wird er unternehmen, sobald er den Film hat: ihn in seinem
Waschbeutel nach Hause bringen?«
    »Können
wir das anschließend besprechen?« meinte Leclerc und wandte sich wieder an die
anderen, wobei er ihnen geduldig zulächelte, als wolle er damit sagen, daß man
eben Rücksicht auf den alten Adrian nehmen müsse.
    »Bis vor
zehn Tagen war das alles, auf das wir uns stützen konnten. Dann aber gab es den
zweiten Hinweis. Das Gebiet um Kalkstadt war zum Sperrgebiet erklärt worden.«
Aufgeregtes, sehr interessiertes Murmeln. »Im Umkreis von - soweit wir
feststellen können - dreißig Kilometern. Völlig abgeschlossen, gesperrt für
jeden Verkehr. Sie zogen sogar Grenzschutzeinheiten zusammen.« Er überflog die
Gesichter in der Runde. »Zu diesem Zeitpunkt informierte ich den Minister.
Nicht einmal Ihnen hier kann ich alle Zusammenhänge erklären. Aber lassen Sie
mich eines erwähnen.«
    Den letzten Satz hatte er schnell
hervorgestoßen, wobei er mit einer ruckartigen Bewegung die kleinen Hörner
seines graumelierten Haares, die über seinen Ohren wuchsen, zurückstrich.
Haldane war vergessen.
    »Was uns
von Anfang an wunderte« - er wies mit dem Kopf auf Haldane, eine
entgegenkommende Geste im Augenblick des Sieges, die Haldane aber nicht zur
Kenntnis nahm -, »war die Abwesenheit sowjetischer Truppen. Sie haben
Einheiten in Rostock, Wismar, Schwerin.« Sein Finger wies auf die Fähnchen.
»Aber keine -

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