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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Er sprach in
ungenauen Wendungen von einer See-Operation von Dänemark aus, wobei ein kleines
Fischerboot eine Rolle spielen sollte und ein Gummi-Schlauchboot, das vom Radar
nicht erfaßt werden konnte. Er diskutierte mit Sandford verschiedene
Möglichkeiten des illegalen Frontübertritts und telegrafierte an Gorton die
Bitte um Auskunft über das Grenzgebiet im Raum von Lübeck. In verhüllter Form
holte er sogar im Rondell Ratschläge ein. Control war bemerkenswert hilfreich.
All dies vollzog sich in der optimistischen Atmosphäre erhöhter Aktivität, die
Avery bei seiner Rückkehr aus Finnland aufgefallen war. Selbst jene Personen,
die angeblich nichts von dem Unternehmen wußten, ließen sich von der
Krisenstimmung anstecken. In der kleinen Stammtischrunde, die sich täglich zum
Mittagessen an einem Ecktisch im >Cadena< einfand, summte es von
Gerüchten und Vermutungen. So hieß es zum Beispiel, daß ein Mann namens
>Jack< Johnson, der sich im Krieg als Morselehrer einen Namen gemacht
hatte, in die Reihen der Organisation aufgenommen worden sei. Von der
Buchhaltung waren ihm Spesen ausbezahlt worden und sie hatte den Auftrag
erhalten - das war das erstaunlichste daran -, einen Dreimonatsvertrag
auszustellen und vom Schatzamt bestätigen zu lassen. Wer hatte je von einem
Dreimonatsvertrag gehört? fragten sie sich. Johnson hatte im Krieg mit den
Fallschirmeinsätzen in Frankreich zu tun gehabt, eine Sekretärin, die schon
lange im Amt war, erinnerte sich daran. Berry, der Verschlüsselungsmann, hatte
Mr. Woodford gefragt, für welchen Zweck Johnson verwendet werden wolle - Berry
war immer recht naseweis -, und Mr. Woodford hatte gegrinst und ihm gesagt, er
solle sich gefälligst um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, aber - so
hatte er gesagt - er sei für ein Unternehmen vorgesehen, ein sehr geheimes, das
sie in Europa starten würden, in Nordeuropa, und vielleicht interessiere es
Berry zu erfahren, daß der arme Taylor nicht umsonst gestorben war.
    Durch die
vordere Einfahrt strömten jetzt in nicht abreißender Folge Wagen und
Amtsboten. Pine forderte eine Hilfskraft an, und erhielt auch von einer anderen
Behörde einen Untergebenen zugeteilt, den er mit überlegener Brutalität
herumkommandierte. Er hatte irgendwo aufgeschnappt, daß das Unternehmen gegen
Deutschland gerichtet war, und dieses Wissen spornte seinen Eifer an.
    Unter den
Geschäftsleuten in der Nachbarschaft ging sogar das Gerücht um, daß das
Amtsgebäude verkauft werde, man nannte die Namen von privaten Interessenten
und setzte große Hoffnungen darauf, sie als Kunden zu bekommen. Zu allen Tages-
und Nachtzeiten ließ man sich Imbisse in das Haus bringen, in dem die Lichter
nie mehr erloschen. Der Haupteingang, der bisher aus Sicherheitsgründen immer
versperrt gewesen war, war nun geöffnet, und in der Blackfriars Road wurde
Leclerc, mit steifem Hut und Aktentasche in seinen schwarzen Humber steigend,
ein vertrauter Anblick.
    Gleich
einem Verletzten, der seine eigenen Wunden nicht sehen möchte, übernachtete
Avery in den vier Wänden seines kleinen Büros, die dadurch zu den Grenzen
seines Daseins geworden waren. Einmal schickte er Carol aus, ein Geschenk für
Anthony zu kaufen. Sie kam mit einem Milchauto zurück, dessen Plastik-Kannen
man öffnen und mit Wasser füllen konnte. Sie probierten es am Abend aus und
schickten es dann mit dem Humber in Averys Wohnung nach Battersea.
    Als alles
fertig war, reisten Haldane und Avery mit einem amtlichen Freifahrschein
erster Klasse nach Oxford. Beim Mittagessen hatten sie im Speisewagen einen
Tisch für sich allein. Haldane bestellte sich eine halbe Flasche Wein, die er
leerte, während er das Kreuzworträtsel in der Times löste. Sie
sprachen kein Wort miteinander - Haldane, weil er beschäftigt war, und Avery,
weil er es nicht wagte, ihn dabei zu stören. Plötzlich bemerkte Avery Haldanes
Schulkrawatte, und noch ehe er Zeit gefunden hatte, es sich zu überlegen,
sagte er: »Mein Gott, ich hatte ja keine Ahnung, daß Sie Cricket spielen!«
    »Haben Sie erwartet, daß ich es
Ihnen sage?« fragte Haldane spitz. »Im Büro könnte ich sie doch schwerlich
tragen.«
    »Entschuldigung.«
    Haldane
sah ihn streng an. »Sie sollten sich nicht dauernd entschuldigen«, bemerkte er.
»Sie tun das beide.« Er goß sich Kaffee ein und bestellte einen Cognac.
Kellner waren ihm gegenüber immer sehr aufmerksam. »Beide?«
    »Sie und
Leiser. Bei ihm ist es eine natürliche Folgerung.«
    »Mit Leiser
wird es

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