Carre, John le
Haarwasser, eine ganze
Batterie kleiner Flaschen mit anderen Toilettenartikeln, einen elektrischen
Rasierapparat vom neuesten Typ, sowie Woll- und Seidenkrawatten, die zu seinen
teuren Hemden paßten. Avery ging hinunter. Haldane hatte ihn erwartet. Er
lächelte dem hereinkommenden Avery zu. »Na?« Avery hob in einer etwas
übertriebenen Geste die Schultern. Er war stolz, aber gleichzeitig befangen.
»Was halten Sie von ihm?« fragte er. Haldane
antwortete trocken: »Ich kenne ihn ja kaum.« Er hatte eine besondere Art,
Gespräche im Keim zu ersticken. »Ich möchte, daß Sie immer mit ihm zusammen
sind. Gehen Sie mit ihm spazieren, machen Sie die Schießübungen mit, trinken
Sie in Gottes Namen mit ihm, wenn das notwendig ist. Er darf nicht allein
sein.«
»Was ist mit seinem Urlaub
zwischendurch?«
»Das werden wir noch sehen.
Inzwischen machen Sie, was ich Ihnen sage. Sie werden feststellen, daß er gern
in Ihrer Gesellschaft sein wird. Er ist ein sehr einsamer Mensch. Und vergessen
Sie nicht: er ist Engländer - Engländer bis ins Mark. Noch etwas - das ist
äußerst wichtig - lassen Sie ihn nicht auf den Gedanken kommen, daß wir uns
seit dem Krieg verändert haben. Die Organisation ist genau das geblieben, was
sie einmal gewesen ist. Diese Illusion müssen Sie nähren, obwohl Sie natürlich«
- er sagte es ohne zu lächeln - »viel zu jung sind, das überhaupt beurteilen zu
können.«
Sie
begannen am nächsten Morgen. Nach dem Frühstück kamen sie im Salon zusammen,
und Haldane hielt eine kleine Rede.
Das
Training werde in zwei jeweils vierzehn Tage dauernde und von einer kurzen
Erholungspause unterbrochene Abschnitte zerfallen, sagte er. Im ersten
Abschnitt sollten alte Kenntnisse aufgefrischt werden. Im zweiten werde man die
neu belebten Fähigkeiten mit der bevorstehenden Aufgabe in Verbindung setzen.
Erst während des zweiten Kurses würde Leiser seinen Decknamen, die
dazugehörende Lebensgeschichte und den Zweck des Unternehmens erfahren; die
Information würde aber nicht so weit gehen, daß man ihm das Zielgebiet oder die
Einzelheiten der geplanten Einschleusung preisgeben werde. Ebenso wie in allen
anderen Übungsfächern werde Leisers Training auch bei der
Nachrichtenübermittlung zuerst das Grundsätzliche behandeln und dann zu den
Einzelheiten seiner Aufgabe übergehen. Während der ersten Ausbildungsphase
werde er sich wieder mit der Technik des Chiffrierens, mit dem Morsekode und
den Wellenplänen vertraut machen. In der zweiten Phase werde er die meiste Zeit
mit praktischen Sendeübungen unter beinahe einsatzmäßigen Bedingungen
verbringen. Der Ausbilder werde im Laufe der Woche eintreffen.
Haldane
erklärte all dies mit einer gewissen schulmeisterlichen Schärfe, während
Leiser ihm aufmerksam zuhörte und durch ein gelegentliches Kopfnicken seine
Zustimmung zum Ausdruck brachte. Avery fand es seltsam, daß Haldane kaum
Anstrengungen machte, seinen Widerwillen zu verbergen. »In der ersten Phase
werden wir feststellen, wieviel Sie noch beherrschen. Tut mir leid, aber wir
werden Sie ziemlich in Trab halten. Wir möchten, daß Sie der Aufgabe gewachsen
sind. Sie werden im Gebrauch von Handfeuerwaffen und unbewaffnetem Kampf unterrichtet,
wir werden Ihre Nerven trainieren und die zum Handwerk gehörenden Fertigkeiten.
An den Nachmittagen wollen wir so lange wie möglich Fußmärsche mit Ihnen
machen.«
»Mit wem?
Kommt John mit?«
»Ja. John
wird Sie führen. Betrachten Sie ihn bitte als Ihren Berater in allen kleineren
Fragen. Ich verlasse mich darauf, daß Sie nicht zögern, sich an einen von uns
zu wenden, wenn es irgend etwas zu besprechen gibt, irgendeine Beschwerde oder
Sorge.«
»In
Ordnung.«
»Grundsätzlich
muß ich Sie bitten, nicht allein auszugehen. Es wäre mir lieb, wenn John Sie
begleitet, falls Sie einmal ins Kino, etwas einkaufen oder sonst etwas
unternehmen wollen, wozu Ihnen Zeit bleibt. Ich fürchte aber, daß Sie wenig
Gelegenheit zur Entspannung haben werden.«
»Das
erwarte ich gar nicht«, sagte Leiser, »ich brauche es auch nicht.« Es schien
so, als wollte er es gar nicht.
»Der
Funk-Ausbilder wird Ihren Namen nicht wissen. Das ist eine durchaus übliche
Vorsichtsmaßnahme. Bitte beachten Sie das. Die Putzfrau glaubt, daß wir an
einer wissenschaftlichen Tagung teilnehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
Sie in die Lage kommen, mit ihr sprechen zu müssen, aber wenn doch, denken Sie
bitte daran. Wenn Sie sich nach Ihrer Tankstelle erkundigen möchten,
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