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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Sie
sich  sagen wir, vier- bis fünftausend Dollar an einem einzigen Tag verdienen,
nicht einmal einem ganzen Tag? Wie würde Ihnen da persönlich zusagen, Captain
Marshall?< >Mr. Tiu<, sage ich zu ihm« - Charlie schreit jetzt
hysterisch -, »>mal ganz unverbindlich, Mr. Tiu, für fünftausend Dollar US
würd ich, so wie ich mich zur Zeit in Form fühle, für Sie in die Hölle fliegen
und Ihnen der Teufel seine Eier holen.< Tiu sagt, eines Tages kommt er
wieder, und ich soll gefälligst meine verdammte Klappe halten.«
    Plötzlich hatte Charlie wieder zur Stimme seines Vaters übergewechselt,
und er nannte sich einen Spinnenbastard und den Sohn einer korsischen Hure: bis
es Jerry allmählich dämmerte, daß er bereits die nächste Episode der Geschichte
schilderte. Überraschenderweise hatte Charlie das Geheimnis von Tius ~ Angebot
tatsächlich für sich behalten, bis er seinen Vater wiedersah, diesmal in Chiang
Mai zur Feier des chinesischen Neujahrs. Er hatte Ric nichts erzählt, und er
hatte es nicht einmal < Lizzie erzählt, vielleicht weil sie damals schon
nicht mehr allzu gut miteinander auskamen und Ric eine Menge Frauen nebenbei ,
hatte.
    Der Rat des Generals war nicht ermutigend: 1
    »>Lass' du mir die Pfoten von diesem Pferd! Dieser Tiu, der hat ein
paar dicke Verbindungen ganz hoch oben, und die sind nichts für 1 einen blöden
kleinen Spinnenbastard wie dich, verstanden! I Herrgott, wer
hat schon jemals gehört, daß ein Swatonese fünftausend Dollar zahlt, bloß für
eine Bildungsreise!««
    »Also haben Sie das Geschäft an Ric abgetreten, stimmt's?« sagte Jerry
schnell. »Stimmt's, Charlie? Sie haben zu Tiu gesagt >Tut mir leid, aber
probieren Sie's mit Ricardo.« War es so?« Aber Charlie Marshall war vermißt,
wahrscheinlich gefallen. Er war von Jerrys Brust herabgeglitten und lag flach
im Dreck, mit geschlossenen Augen und schnappte nur dann und wann nach Luft
unter gierigen rasselnden Atemzügen, und als Jerry sein Handgelenk befühlte,
gab der wie rasend hämmernde Puls Zeugnis vom Leben in diesem Gestell.
    »Voltaire«, flüsterte Charlie. »Bei der Bibel, Voltaire. Sie sind ein
guter Mensch. Bringen Sie mich heim. Herrje, bringen Sie mich heim, Voltaire.«
    Betroffen starrte Jerry auf die hingestreckte und zerbrochene Gestalt,
und er wußte, daß er noch eine bestimmte Frage stellen mußte, und wäre es die
letzte in ihrer beider Leben. Jerry griff nach Charlie und zerrte ihn zum
letztenmal auf die Füße. Und hier auf der dunklen Straße, während zielloses
Sperrfeuer durch die Finsternis stach, zappelte und schrie Charlie Marshall
eine volle Stunde lang unter Jerrys Griff, bettelte und schwor, er werde Jerry
ewig lieben, wenn er es ihm nur erlasse, die Abkommen zu verraten, die sein
Freund Ricardo um seines Überlebens im Verborgenen willen getroffen hatte. Aber
Jerry erklärte, ohne diese Enthüllung wäre das Rätsel nicht einmal zur Hälfte
gelöst. Und es mag sein, daß Charlie Marshall in seiner Verlorenheit und Verzweiflung,
während er die verbotenen Geheimnisse hervorschluchzte, Jerrys Argument sogar
begriff: daß es nämlich in einer Stadt, die dem Dschungel wiedergegeben werden
sollte, keine Zerstörung gebe außer einer vollständigen Zerstörung.
    So behutsam wie möglich trug Jerry Charlie Marshall den Weg zurück in
die Villa und die Treppe hinauf, wo ihn die gleichen schweigenden Gesichter
dankbar begrüßten. Ich hätte mehr herausholen müssen, dachte er. Ich hätte ihm
auch mehr sagen müssen: ich habe das Geschäft auf Gegenseitigkeit nicht so
abgewickelt, wie sie es befohlen haben. Ich habe mich zu lange bei der Sache
mit Lizzie und Sam Collins aufgehalten. Ich hab' das Pferd am Schwanz
aufgezäumt, die Tour vermasselt, ich hab' alles vermurkst, genau wie Lizzie. Er
versuchte, Reue darüber zu empfinden, aber es gelang ihm nicht, und am
deutlichsten erinnerte er sich an Dinge, die überhaupt nicht auf der Liste
gestanden hatten, und eben diese Dinge ragten in seinem Denken auf wie
Monumente, während er seine Botschaft an den lieben alten George tippte.
    Er tippte hinter versperrter Tür und hatte die Pistole im Gürtel
stecken. Von Luke war weit und breit nichts zu sehen, daher nahm Jerry an, er
sei in seinem Dauersuff in ein Bordell gegangen. Er schrieb ein langes
Telegramm, das längste seiner Laufbahn: »Das alles sollten Sie erfahren, falls
Sie nie mehr von mir hören.« Er berichtete über seinen Kontakt mit dem
Botschaftsrat, er gab seine nächste Telefonadresse

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