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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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erkundigte er sich
liebenswürdig.
    »Nur Flaschenstemmen«, sagte Jerry.

Ricardo lachte unbändig und musterte Jerry dabei unentwegt sehr genau
mit seinen flackernden Schlafzimmeraugen. »Das war wirklich sehr häßlich, was
Sie mit dem kleinen Charlie gemacht haben, wissen Sie das? Es gefällt mir
nicht, daß Sie meinen Freund im Dunkeln festhalten, wenn er seinen Stoff
braucht. Charlie wird lang brauchen, bis er sich davon wieder erholt hat. So
freundet man sich nicht mit Charlies Freunden an, Voltaire. Es heißt, Sie haben
sich sogar gegen Mr. Ko schlecht benommen. Meine kleine Lizzie zum Dinner
ausgeführt. Stimmt das?«
    »Ich hab' sie zum Dinner ausgeführt.«
    »Und sie gefickt?«
    Jerry gab keine Antwort. Ricardo brach wiederum in Lachen aus, das so
jäh aufhörte, wie es begonnen hatte. Er trank einen langen Schluck Whisky und
seufzte.
    » Well, ich hoffe nur, sie ist dankbar,
sonst nichts.« Plötzlich war er der ach so mißverstandene Mann. »Ich verzeihe
ihr. Okay? Wenn Sie Lizzie wiedersehen: sagen Sie ihr, ich, Ricardo, verzeihe
ihr. Ich bilde sie aus. Ich bringe sie auf den rechten Weg. Ich bringe ihr eine
Menge bei, Kunst, Kultur, Politik, Geschäft, Religion, ich bringe ihr bei, was
sie im Bett kann, und ich schicke sie in die Welt'. Wo würde sie sein, ohne
meine Verbindungen? Sie würde mit Ricardo im Dschungel leben, wie ein Affe. Sie
verdankt mir alles. Pygmalion: kennen Sie den Film? Well, ich bin der Professor. Ich lehre sie ein paar Dinge - verstehen Sie, was
ich meine? -, ich lehre sie, was nur Ricardo sie lehren kann. Sieben Jahre in
Vietnam. Zwei Jahre in Laos. Viertausend Dollar im Monat von der CIA, und ich
bin Katholik. Glauben Sie, ich kann sie nicht ein paar Dinge lehren? Dieses
Mädchen von nirgendwo her, diese englische Schneegans? Sie hat einen Jungen,
wissen Sie das? Einen kleinen Jungen in London. Hat ihn einfach sitzenlassen,
stellen Sie sich das vor. Sowas will eine Mutter sein! Schlimmer als eine
Hure.«
    Jerry fiel nichts dazu ein. Er blickte auf die beiden großen Ringe, die
Seite an Seite an den mittleren Fingern von Ricardos schwerer rechter Hand
steckten, und verglich sie im Geist mit den Zwillingsnarben an Lizzies Kinn. Es
war ein Schlag von oben nach unten, dachte er, ein regelrechter Abwärtshaken,
während sie vor ihm stand. Ein Wunder, daß er ihr nicht den Kiefer gebrochen
hatte. Vielleicht hatte er ihn ihr auch wirklich gebrochen, und die Reparatur
war besonders geglückt.
    »Sind Sie auf einmal taub, Voltaire? Ich hab' gesagt, ich möchte mir Ihren
geschäftlichen Vortrag anhören. Ganz unvoreingenommen, ja? Nur daß ich kein
Wort davon glaube.« Jerry goß sich noch einen Whisky ein: »Ich dachte, wenn Sie
mir vielleicht erzählen würden, was Drake Ko damals wollte, als Sie für ihn
flogen, und wenn Lizzie mich mit Ko zusammenbringen könnte, und wenn wir nicht
versuchen, einander übers Ohr zu hauen, dann hätten wir gute Aussichten, ihn
kräftig zu rupfen.« Als er es laut sagte, klang es sogar noch lahmer als bei
seinen Rollenproben, aber es war ihm ziemlich egal. »Sie sind verrückt,
Voltaire. Verrückt. Sie phantasieren sich was zusammen.«
    »Nicht, wenn Ko Sie wirklich, in seinem Auftrag zum chinesischen
Festland fliegen ließ, dann nicht. Ko kann meinetwegen ganz Hongkong besitzen,
aber falls der Gouverneur jemals von diesem kleinen Ausflug erfahren sollte,
dann dürfte es zwischen ihm und Ko über Nacht aus sein mit der Freundschaft.
Das wäre das eine. Es gibt noch mehr.«
    »Was reden Sie da, Voltaire? China-? Was soll dieser Unsinn? Das
chinesische Festland?« Er zuckte die schimmernden Schultern, trank und feixte
dabei in sein Glas. »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Voltaire. Sie reden wie
ein Mann ohne Kopf. Wie kommen Sie darauf, daß ich für Ko nach China geflogen
bin? Grotesk. Lächerlich.«
    Als Lügner, fand Jerry, war Ricardo noch ungefähr drei Plätze auf der
Landesligaliste unter Lizzie, und das wollte etwas heißen. »Mein Verleger ist
darauf gekommen, altes Haus. Mein Verleger ist ein alter Fuchs. Eine Menge
einflußreiche Freunde, alles Leute, die sich auskennen. Sie sagen ihm so
allerlei. Jetzt zum Beispiel hat mein Verleger ganz entschieden das Gefühl, daß
Sie nicht lang nach Ihrem so tragischen Tod bei diesem Flugzeugabsturz eine
verdammt große Ladung Rohopium an einen befreundeten amerikanischen Kunden verkauft
haben, der an der Bekämpfung gefährlicher Drogen beteiligt ist. Und dem
Verleger sagt sein Gefühl des weiteren,

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