Carre, John le
in
Bündeln zu drei oder vier Stück, und auf der scheußlichen Walnuß-Hausbar unter
einer Madonnenstatue aus Plastik lag ein Sortiment von Pistolen und
Maschinenpistolen für jede Gelegenheit. Es war nur ein einziger Raum, aber er
war groß und enthielt ein niedriges Bett in einem Rahmen mit japanischer
Lackmalerei, und Jerry überlegte einen albernen Augenblick lang, wie zum Teufel
Ricardo das Ding jemals in seine Beechcraft gebracht hatte. Er sah zwei
Kühlschränke und eine Eismaschine, und er sah mühsam gepinselte Ölgemälde
nackter Thai-Mädchen, gemalt mit jener Ungenauigkeit im erotischen Detail, die
im allgemeinen eine mangelnde Vertrautheit mit dem Sujet verrät. Er sah einen
Aktenschrank mit einer Luger obendrauf, und ein Regal mit Büchern über Gesellschaftsrecht,
Internationales Steuerrecht und Sexualtechniken. An den Wänden hingen mehrere
Heiligenfiguren aus einheimischer Schnitzarbeit, die Jungfrau Maria und das
Jesuskind. Auf dem Fußboden stand ein Ruderapparat mit Gleitsitz zum
Fitness-Training.
Inmitten all dieser Requisiten saß, in fast der gleichen Haltung wie
damals, als Jerry ihn zum erstenmal gesehen hatte, Ricardo auf einem
Direktorendrehsessel. Er trug seine CIA-Armbänder, einen Sarong und ein
goldenes Kreuz auf der schönen bloßen Brust. Sein Bart war weit weniger üppig
als beim letztenmal, und Jerry vermutete, daß die Mädchen ihn gestutzt hatten.
Er trug keine Kopfbedeckung, und das krause schwarze Haar war im Nacken mit
einem kleinen goldenen Ring zusammengefaßt. Er war breitschultrig und muskulös,
und seine Haut war gebräunt und ölig, die Brust dicht behaart.
Neben seinem Ellbogen standen eine Flasche Whisky und ein Krug mit
Wasser, aber kein Eis, denn es gab keinen Strom für die Kühlschränke.
»Bitte nehmen Sie das Jackett ab, Voltaire«, befahl Ricardo. Jerry
gehorchte, und mit einem Seufzer stand Ricardo auf, nahm eine Automatic vom
Tisch und umkreiste Jerry langsam, begutachtete seinen Körperbau genau, während
er ihn sanft nach Waffen abtastete.
»Spielen Sie Tennis?« fragte er, während er hinter Jerry stand und ihm
mit einer Hand sehr leicht den Rücken entlangfuhr. »Charlie sagt, Sie haben
Muskeln wie ein Gorilla.« Aber Ricardo stellte Fragen eigentlich immer nur an
sich selber. »Ich spiele sehr gern Tennis. Ich bin ein äußerst guter Spieler.
Ich gewinne immer. Hier habe ich leider wenig Gelegenheit.« Er setzte sich
wieder. »Manchmal muß man sich bei den Feinden verstecken, um vor den Freunden
sicher zu sein. Ich reite, boxe, schieße, ich habe Preise gewonnen, ich fliege
eine Maschine, ich weiß eine Menge vom Leben, ich bin hochintelligent, aber
aufgrund unvorhergesehener Umstände lebe ich im Dschungel wie ein Affe.« Die
Automatic lag lässig in seiner Linken. »Ist das, was Sie einen Paranoiker
nennen würden, Voltaire? Jemand, der jeden für seinen Feind hält?«
»Das dürfte es wohl sein.«
Um den altbekannten Satz zu sprechen, legte Ricardo einen Finger auf
die bronzebraune ölglänzende Brust: »Nun, dieser Paranoiker hier hat wirklich
Feinde«, sagte er. »Mit zwei Millionen Dollar«, sagte Jerry, der noch immer
dort stand, wo Ricardo ihn hatte stehenlassen, »könnte man vermutlich die
meisten ausschalten.«
»Voltaire, ich muß Ihnen ehrlich sagen, ich betrachte Ihren
geschäftlichen Vorschlag als Scheiß.«
Ricardo lachte. Das hieß, er stellte die prächtigen weißen Zähne hinter
dem frischgestutzten Bart zur Schau, ließ die Bauchmuskeln ein bißchen spielen
und hielt den Blick starr auf Jerrys Gesicht gerichtet, während er seinen
Whisky trank. Er hat seine Instruktionen, dachte Jerry, genau wie ich. Wenn er auftaucht, dann horchst du ihn aus, hatte Tiu zweifellos gesagt. Und wenn Ricardo ihn ausgehorcht hatte -
was dann? »Ich habe wirklich geglaubt, Sie hätten einen Unfall gehabt,
Voltaire«, sagte Ricardo traurig und schüttelte den Kopf, als beklagte er die
Unzuverlässigkeit seiner Information. »Möchten Sie was trinken?«
»Danke, ich bediene mich«, sagte Jerry. Die Gläser waren in einem
Schränkchen, lauter verschiedene Farben und Formate. Jerry ging gemessenen
Schritts hinüber und nahm sich einen hohen rosa Becher mit einem bekleideten
Mädchen außen drauf und einem nackten Mädchen innen drin. Er goß ein paar
Fingerbreit Whisky hinein, ein bißchen Wasser dazu und setzte sich Ricardo
gegenüber an den Tisch, während Ricardo ihn interessiert beobachtete.
»Trainieren Sie, Gewichtheben oder sonstwas?«
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