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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Burschen, ich sage ihm
eine Menge, dann tut's mir leid. Meine geschäftlichen Verpflichtungen fallen
mir wieder ein, verstehen Sie?«
     
    Jetzt überkam Jerry große innere Ruhe - aus dem Sarratt-Mann wurde der
Engel, den Sarratt ausgeschickt hatte, nicht damit er etwas tue, sondern damit
er sich umhöre und Bericht erstatte. Er wußte, daß er, operativ gesehen, dem
Ende der Reise nahe War: auch wenn man die Rückreise bestenfalls als nicht
gesichert bezeichnen konnte. Operativ gesehen hätten nach aller Erfahrung jetzt
Siegesglocken in seinem andächtig lauschenden Ohr ertönen müssen. Aber die
Glocken schwiegen. Und ihr Schweigen war bereits eine erste Warnung, daß sein
Trachten nicht mehr in allen Stücken mit dem der Bärentreiber von Sarratt
übereinstimmte. Zuerst ging es - mit einigen Zugeständnissen an Ricardos
hochfliegendes Ego - ziemlich genau so vor sich, wie Charlie Marshall gesagt
hatte, daß es vor sich gehen würde. Tiu kam nach Vientiane, in Kulikleidung und
nach Katzen stinkend, und fragte überall nach dem besten Piloten in der Stadt,
und natürlich wurde er sogleich zu Ricardo verwiesen, der zufällig eine Pause
zwischen zwei geschäftlichen Verpflichtungen eingelegt hatte und für gewisse
hochspezialisierte und hochbezahlte Arbeit in der Flugbranche frei war.
    Im Gegensatz zu Charlie Marshall erzählte Ricardo seine Geschichte mit
beflissener Sinnfälligkeit, als hätte er einen geistig Minderbemittelten vor
sich. Tiu stellte sich als Mann mit weitreichenden Verbindungen in der
Luftfahrtindustrie vor, erwähnte seinen nicht näher definierten Kontakt zu
Indocharter und kam dann auf die Dinge zu sprechen, die er bereits mit Charlie
Marshall erörtert hatte. Schließlich kam er zu dem gegenwärtigen Projekt - was
hieß, daß er, um es im Sarratt-Stil auszudrücken, Ricardo die Legende verpaßte.
Eine gewisse bedeutende Handelsfirma in Bangkok, mit der Tiu die Ehre hatte,
in Geschäftsbeziehung zu stehen, so sagte er, stand kurz vor dem Abschluß
eines gewinnbringenden und durchaus legalen Handels mit gewissen Behörden in
einem benachbarten und befreundeten Land. »Ich frage ihn, Voltaire, sehr ernst.
>Mr. Tiu, vielleicht haben Sie den Mond entdeckt. Ich hab' noch nie von
einem asiatischen Land mit einem befreundeten Nachbarn gehört.« Tiu lachte über
meinen Witz. Er betrachtete es natürlich als witzigen Ausspruch«, sagte Ricardo
sehr ernsthaft.
    Ehe indes dieser gewinnbringende und legitime Handel zum Abschluß
kommen könne - habe Tiu nach Ricardos Worten erklärt -, standen seine
Geschäftspartner vor dem Problem, wie man sich gewissen Behörden und anderen
Stellen innerhalb dieses befreundeten benachbarten Landes, die ermüdende
bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt hätten, erkenntlich zeigen könne.
    »Warum ist das ein Problem?« hatte Ricardo gefragt, was ganz natürlich
war.
    Angenommen, sagte Tiu, das Land wäre Burma. Nur angenommen. Im
modernen Burma war es den Beamten nicht erlaubt, sich zu bereichern, auch war
es für sie nicht einfach, Geld anzulegen. In einem solchen Fall müßten andere
Möglichkeiten der Entlohnung gefunden werden.
    Ricardo schlug Gold vor. Leider, sagte Tiu, sei in dem Land, um das es
sich handle, sogar Gold schwer zu veräußern. Daher komme in diesem Fall nur
eine einzige Währung in Frage, sagte er, nämlich Opium: vierhundert Kilo. Die
Entfernung sei nicht groß, innerhalb eines Tages könne Ricardo drüben und
wieder zurück sein, die Vergütung betrage fünftausend US-Dollar, und die restlichen
Details würden ihm kurz vor dem Abflug zugehen, um eine unnötige Belastung
seine Gedächtnisses zu vermeiden, wie Ricardo sich blumenreich ausdrückte: eine
Sprache, die vermutlich zu Lizzies Lehrplan gehört hatte. Bei der Rückkehr von
diesem nach Tius Ansicht zweifellos unproblematischen und lehrreichen Flug
würde Ricardo unverzüglich in den Besitz von fünftausend Dollar in handlichen
Noten gelangen - vorausgesetzt natürlich, daß Ricardo in irgendeiner
beweiskräftigen Form die Bestätigung mitbringen würde, daß die Fracht ihren
Bestimmungsort erreicht hatte. Zum Beispiel eine Quittung.
    Ricardo erwies sich nun nach seiner eigenen Schilderung in seinen
Verhandlungen mit Tiu als ein primitiver Schlaukopf. Er sagte, er wolle über
das Angebot nachdenken. Er sprach von anderen dringenden Verpflichtungen und
von seinem Ehrgeiz, eine eigene Fluggesellschaft zu gründen. Dann machte er sich
daran, herauszubekommen, wer dieser Tiu eigentlich

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