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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Geld
für ihn, sorgen dafür, daß ihm nichts passiert, wenn Charlie es so haben will.
Das ist das Abkommen, und Drake Ko hat noch nie ein Abkommen gebrochen«, sagt er. Aber wenn Ric Geschichten macht
oder wenn Ric pfuscht oder wenn Ric über gewisse Dinge seine große Klappe nicht
halten kann, dann machen Tiu und seine Leute diesen blöden Kerl gründlich
fertig, daß er nicht mehr weiß, wer er ist. »Warum setzt Ric sich nicht einfach ins Flugzeug und haut ab?« hatte
Jerry gefragt.
    » Tiu hat Ries Pass, Voltaire. Tiu zahlt Ries Schulden und seine
geschäftlichen Unternehmungen und kauft seine Polizeiakte. Tiu hängt ihm
ungefähr fünfzig Tonnen Opium an, und Tiu hat für die Rauschgifthelden alle
Beweise parat, falls er sie mal brauchen kann. Ric kann ohne weiteres und
jederzeit hin, wo er will. Überall auf der ganzen verdammten Welt wartet schon
ein Gefängnis auf ihn.
    Das Haus mit dem ringsum laufenden Balkon war auf Pfählen erbaut, ein
Bach floß neben dem Haus und darunter hielten sich zwei Thai-Mädchen auf, von
denen die eine ihr Baby stillte, während die andere in einem Kochtopf rührte.
Dahinter erstreckte sich ein flaches braunes Feld, an dessen Ende man einen
Schuppen sah, groß genug für ein kleines Flugzeug - zum Beispiel eine
Beechcraft -, und eine silbrige Spur aus zerdrücktem Gras führte über das Feld,
wo kürzlich jemand gelandet sein mochte. Das Haus stand in der Mitte eines
breiten Feldwegs auf einer kleinen Erhebung, und in der Nähe gab es keine
Bäume. Man hatte freien Ausblick nach allen Richtungen, und die breiten, aber
nicht sehr hohen Fenster schienen Jerry eigens umgebaut worden zu sein, damit
man von drinnen einen möglichst weiten Schußwinkel hätte. Kurz vor dem Haus
ließ der Colonel Jerry aussteigen und ging mit ihm nach hinten zu Mickeys
Wagen. Er sagte etwas zu Mickey, und Mickey sprang heraus und öffnete den
Kofferraum. Der Colonel griff unter den Fahrersitz, zog die langläufige Pistole
heraus und warf sie verächtlich in den Jeep. Er filzte Jerry, dann filzte er
Mickey, dann durchsuchte er persönlich den Wagen, dann gebot er ihnen beiden,
zu warten, und stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf. Die Mädchen beachteten
ihn nicht. »Er feiner Colonel«, sagte Mickey. Sie warteten.
    »England reiches Land«, sagte Mickey.
    »England ein sehr armes Land«, gab Jerry zurück, während sie zum Haus
hinübersahen.
    »Armes Land, reiche Leute«, sagte Mickey. Er schüttelte sich noch immer
vor Lachen über seinen eigenen Witz, als der Colonel aus dem Haus kam, in den
Jeep stieg und wegfuhr.
    »Warte hier«, sagte Jerry. Er ging langsam bis zum Fuß der Treppe, dann
hielt er die Hände vor den Mund und rief hinauf.
    »Ich heiße Westerby. Vielleicht erinnern Sie sich, daß Sie vor ein paar
Wochen in Phnom Penh auf mich geschossen haben. Ich bin ein armer Journalist
mit teuren Einfällen.«
    »Was wollen Sie, Voltaire? Jemand hat mir erzählt, Sie seien bereits
tot.«
    Eine südamerikanische Stimme, tief und samtig aus dem Dunkel über ihm.
    »Ich möchte Drake Ko erpressen. Schätze, wir zwei beide könnten ihn um
ein paar Millionen Dollar erleichtern, und Sie könnten sich Ihre Freiheit
erkaufen.«
    In der schwarzen Öffnung der Falltür sah Jerry einen Gewehrlauf, gleich
einem Zyklopenauge, das ein paarmal blinzelte und dann den Blick wieder fest
auf ihn richtete.
    »Jeder«, rief Jerry. »Zwei für Sie, zwei für mich. Ich hab' den Plan
fix und fertig. Mit meinem Verstand und Ihrem Wissen und Lizzies Worthingtons
Figur kann gar nichts schiefgehen.« Er begann, langsam die Stufen
hinaufzusteigen. Voltaire, dachte er: wenn es darum ging, Nachrichten zu verbreiten, fackelte
Charlie Marshall nicht lange. Und was das andere anging, nämlich daß er bereits
tot sei, das war nur eine Frage der Zeit, dachte er.
     
    Als Jerry durch die Falltür kletterte, kam er vom Dunkeln ins Helle,
und die südamerikanische Stimme sagte: »Bleiben Sie dort.« Jerry tat, wie ihm
geheißen. Von seinem Standort aus konnte er den Raum überblicken, der eine
Mischung aus einem kleinen Waffenmuseum und einem amerikanischen PX darstellte.
Auf dem Mitteltisch stand auf einem Dreifuß eine AK 47, ähnlich der, aus der Ricardo ihn schon einmal beschossen hatte, und wie
Jerry vermutet hatte, gaben die vier Fenster das Feuer nach allen Richtungen
frei. Trotzdem waren für alle Fälle ein paar Reservewaffen bereit, und neben
jeder lag ein hübscher Haufen Munition. Granaten lagen herum wie Obst,

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