Carre, John le
Krieges: Tschechei, Berlin und
die alten Fronten. Jerry überlegte, welche Art Granate wohl verwendet wurde.
Die Vietkong bevorzugten amerikanische Modelle: wegen der Doppelwirkung. Man
braucht weiter nichts, sagten sie, als einen breiten Stutzen zum Benzintank.
Man entfernt den Schwimmer, klebt ein Gummiband über die Feder, steckt die
Granate in den Benzintank und wartet geduldig, bis sich das Benzin durch den
Gummi gefressen hatte. Das Ergebnis gehörte zu jenen westlichen
Errungenschaften, die erst durch die Vietkong entdeckt wurden. Ricardo mußte
dicke Gummistreifen benutzt haben, dachte er.
Zum ersten Kontrollpunkt kamen sie nach vierstündigem Marsch auf der
Straße. Mickey war überglücklich wegen der Versicherung, denn er nahm an, da
Jerry die Prämie bezahlt hatte, würden sie automatisch das Geld kassieren und
verprassen können. Jerry konnte ihn nicht von dieser Annahme abbringen. Aber
Mickey hatte auch Angst: zuerst vor den KTs, dann vor Gespenstern, dann vor dem
Colonel. Also erklärte Jerry ihm, daß sich nach diesem kleinen Zwischenfall
weder ein Gespenst noch ein KT in die Nähe der Straße wagen würde. Was den
Colonel anging - aber das sagte Jerry nicht zu Mickey -: der war Vater und
Soldat und hatte einen Damm zu bauen: nicht umsonst baute er ihn mit Kos Zement
und mit Transportmitteln von China Airsea.
Am Kontrollpunkt fand sich ein Lastwagen, der Mickey nach Hause
brachte. Jerry fuhr ein Stück weit mit und sicherte ihm die Unterstützung
seiner Zeitung bei irgendwelchen Schwierigkeiten mit der Versicherung zu, aber
Mickey wollte in seiner Euphorie kein Wort von Schwierigkeiten hören. Unter
anhaltendem Lachen tauschten sie ihre Adressen und zahlreiche herzliche Händedrücke
aus, dann ließ Jerry sich an einer Raststätte absetzen und wartete einen halben
Tag auf den Bus, der ihn nach Osten, auf einen neuen Kriegsschauplatz befördern
sollte.
Erstens: Mußte Jerry unbedingt Ricardo aufsuchen? Wäre der Ausgang, für
ihn persönlich, ein anderer gewesen, wenn er es nicht getan hätte? Oder
lieferte Jerry, wie Smileys Verteidiger bis auf den heutigen Tag behaupten,
durch seine Stippvisite bei Ricardo den letzten und entscheidenden Anstoß, der
den Baum schüttelte und die reife Frucht zu Fall brachte? Für den Club der
Smiley-Anhänger besteht kein Zweifel: der Besuch bei Ricardo war der letzte
Tropfen, und Ko ertrank darin. Ohne ihn hätte er womöglich noch so lange
gezögert, bis die Schonzeit abgelaufen und Ko, und der Geheimdienst mit ihm,
Freiwild für jedermann gewesen wären. Basta. Und auf den ersten Blick bewiesen
die Fakten eine wunderbare Kausalität.
Denn folgendes passierte. Nur sechs Stunden nachdem Jerry und sein
Fahrer Mickey sich aus dem Staub dieses Randstreifens in Nordost-Thailand
aufgerappelt hatten, explodierte das ganze fünfte Stockwerk des Circus in einem
Feuerbrand ekstatischen Jubels, der den Scheiterhaufen von Mickeys brennendem
Leihwagen jederzeit in den Schatten gestellt hätte. In der Rumpelkammer, wo
Smiley die Nachricht kundtat, tanzte Doc di Salis tatsächlich einen
steifbeinigen kleinen Gigue, und Connie hätte unzweifelhaft mitgetanzt, wenn
die Arthritis sie nicht an den elenden Rollstuhl gefesselt hätte. Trot heulte,
Guillam und Molly fielen sich in die Arme, und nur Smiley bewahrte inmitten all
dieses Überschwangs seine gewohnte leicht erschrockene Miene, obgleich Molly
schwor, sie habe ihn erröten sehen, als er in die Runde blinzelte.
Er habe soeben eine Meldung bekommen, sagte er. Ein Blitzgespräch von
den Vettern. Um sieben heute morgen, Hongkong-Zeit, habe Tiu bei Ko in Star
Heights angerufen, wo Ko die Nacht bei Lizzie Worth zugebracht habe. Zuerst
nahm Lizzie den Anruf entgegen, aber Ko schaltete sich am Nebenapparat ein und
befahl ihr schroff, aufzulegen, was sie auch tat. Tiu schlug ein sofortiges
gemeinsames Frühstück in der Stadt vor, bei George, sagte Tiu, zur großen
Belustigung der Aufzeichner.
Drei Stunden später machte Tiu bei einem Telefongespräch mit seinem
Reisebüro eilige. Pläne für eine Geschäftsreise nach dem chinesischen Festland.
Seine erste Station würde Kanton sein, wo China Airsea eine Vertretung hatte,
aber sein Ziel war Schanghai. Wie aber hatte Ricardo Tiu so schnell erreicht,
ohne das Telefon zu benutzen? Die wahrscheinlichste Theorie lautete: durch die
Verbindung des Polizei-Obersten mit Bangkok. Und von Bangkok aus? Das wußte der
Himmel. Handels-Telex, das Wechselkursübertragungsnetz, alles ist möglich.
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