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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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kurzärmelige
Luftwaffenuniform mit wenigen Abzeichen. Er hatte Orden und den Rang eines
Majors, und Jerry tippte auf einen paramilitärischen Vetter, vielleicht nicht
einmal Berufsoffizier. Er war fahl und drahtig, hatte einen bitteren,
verkniffenen Mund und hohle Wangen. Er stand vor einer Kaminattrappe unter der
Reproduktion eines Bildes von Andrew Wyeth und wirkte seltsam still und
isoliert. Man hatte den Eindruck, er gebe sich absichtlich langsam, weil
ringsum alles in Eile war. Der Junge besorgte die Vorstellung und zögerte dann.
Masters glotzte ihn an, bis er hinausging, dann wandte er die farblosen Augen
zu dem Rosenholztisch, auf dem Kaffee bereitstand. »Sehen aus, als könnten Sie
ein Frühstück gebrauchen«, sagte Masters.
    Er goß Kaffee ein und bot Doughnuts an, alles im Zeitlupentempo.
    »Dann redet sich's leichter«, sagte er, »Stimmt«, pflichtete Jerry bei.
    Auf dem Schreibtisch stand eine elektrische Schreibmaschine, daneben
lag einfaches Papier. Masters marschierte steifbeinig zu seinem Stuhl und
hockte sich auf die Lehne. Er nahm ein Exemplar von Stars and Stripes zur Hand und
las demonstrativ, während Jerry sich am Schreibtisch niederließ.
    »Höre, Sie erobern das Ganze für uns mit der linken Hand wieder
zurück«, sagte Masters in Richtung Sfars and Stripes. »Sehr schön.«
    Anstatt die elektrische Schreibmaschine zu benutzen, stellte Jerry
seine Reisemaschine auf den Tisch und hackte seinen Bericht in raschen Salven
herunter, die ihm immer lauter vorkamen, je weiter sein Werk vorrückte.
Vielleicht kam es auch Masters so vor, denn er blickte häufig auf, wenn auch
nur bis in Höhe von Jerrys Händen und der Spielzeugschreibmaschine. Jerry gab
ihm das Blatt.
    »Ihre Anweisung lautet, daß Sie hierbleiben«, sagte Masters, wobei er
jedes Wort bedächtig artikulierte. »Ihre Anweisung lautet, daß Sie hierbleiben,
während wir Ihr Funktelegramm weitergeben. Mann, und wie wir dieses Telegramm weitergeben! Ihre
Anweisung lautet, hierzubleiben zwecks Bestätigung und Entgegennahme weiterer
Instruktionen. Klar? Ist das klar, Sir?«
    »Klar«, sagte Jerry.
    »Zufällig schon die gute Nachricht gehört?« erkundigte sich Masters.
Sie standen einander gegenüber, keinen Meter von einander entfernt. Masters
starrte auf Jerrys Telegramm, aber seine Augen schienen nicht den Zeilen zu
folgen. »Was denn für eine Nachricht, altes Haus?«
    »Wir haben soeben den Krieg verloren, Mr. Westerby. Yes, Sir. Die
Letzten der Tapferen haben sich gerade von einem Heli vom Dach der Botschaft in
Saigon runterkratzen lassen, wie eine Bande Blödmänner, die mit
runtergelassenen Hosen in einem Puff geschnappt werden. Vielleicht interessiert
es Sie gar nicht. Hund des Botschafters ist gerettet, wird Sie freuen zu hören.
Journalist ließ ihn auf seinem Schoß mitfliegen. Vielleicht interessiert Sie
das auch nicht. Vielleicht sind Sie kein Hundefreund. Vielleicht mögen Sie
Hunde ungefähr so gern, wie ich persönlich Journalisten mag, Mr. Westerby,
Sir.«
    Jerry hatte inzwischen Masters' Brandyfahne gerochen, die keine noch so
große Menge Kaffee überdecken konnte, und er vermutete, daß Masters schon sehr
lange getrunken hatte, ohne daß es ihm gelang, betrunken zu werden. »Mr.
Westerby, Sir?«
    »Ja, alter Junge.« Masters streckte die Hand aus.
    »Alter Junge, ich möchte, daß
Sie mir die Hand schütteln.« Die Hand schwebte mit hochgerecktem Daumen
zwischen ihnen. »Wozu?« sagte Jerry.
    »Ich möchte, daß Sie die Willkommenshand ergreifen, Sir. Die
Vereinigten Staaten von Amerika haben sich soeben um Aufnahme in den Club
zweitklassiger Machte beworben, wo, soviel ich höre, Ihre eigene ruhmreiche
Nation Chairman, Präsident und ältestes Mitglied ist. Schütteln!«
    »Begrüße Sie an Bord«, sagte Jerry und schüttelte dem Major
zuvorkommend die Hand.
    Sofort wurde ihm dafür ein strahlendes Lächeln falscher Dankbarkeit
zuteil.
    »Also das nenn ich wirklich hübsch von Ihnen, Mr. Westerby, Sir. Wenn wir irgend etwas tun können,
um Ihren Aufenthalt bei uns angenehmer zu machen, bitte lassen Sie es mich
wissen. Wenn Sie das Anwesen mieten möchten: jedes einigermaßen vernünftige
Angebot wird akzeptiert.«
    »Sie könnten ein Fläschchen Whisky durch die Gitterstäbe schieben«,
sagte Jerry und grinste.
    »Aber mit Vergnügen«, sagte Masters und zog die Worte so in die Länge,
daß sie wie ein langsamer Boxhieb wirkten. »Mann nach meinem Herzen. Yes, Sir.«
    Masters ließ ihm eine halbe Flasche J & B,

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