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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Fingern auf. George war an einem Donnerstag zu Lacon
gegangen - während dieser irren Hitzewelle, Sie erinnern sich, als alle Welt
praktisch verschmachtete, sogar im Garrick -, und bereits am
Sonnabend - an einem Sonnabend, man stelle sich diese Überstunden vor! - waren
diese Ungeheuer im Circus eingefallen, hatten die Anwohner mit ihrem Krach zum
Wahnsinn getrieben und das ganze Haus auseinandergenommen. Ein eklatanterer Fall von blinder Bevorzugung war nicht mehr dagewesen, seit, ja, seit
sie Smiley erlaubten, seine räudige alte Rußland-Tante zurückzuholen, Sachs,
Connie Sachs, diese Professorin aus Oxford, wider jede Vernunft, und sie als
eine der Mütter führten, obwohl sie das gar nicht war.
    Diskret,
jedenfalls so diskret, wie es ihm möglich war, setzte Martindale alle Hebel in
Bewegung, um herauszubekommen, ob die Frettchen tatsächlich etwas entdeckt
hatten, stieß jedoch auf Granit. In der Geheimwelt ist Information gleich Geld,
und zumindest nach diesem Maßstab war Roddy Martindale, vielleicht ohne es zu
wissen, bettelarm, denn die insides dieser inside-story kannten nur die
wenigsten. Es stimmte, daß Smiley am Donnerstag Lacon in seinem getäfelten
Büro mit Blick auf den St. James' Park aufsuchte und daß dieser Tag
ungewöhnlich heiß für einen Herbsttag war. Breite Sonnenströme ergossen sich
auf den repräsentativen Teppich, und die Staubteilchen tummelten sich darin wie
winzige exotische Fische. Lacon hatte sogar das Jackett abgelegt, die Krawatte
natürlich nicht.
    »Connie
Sachs hat ein paar Rechenkunststücke mit Karlas Handschrift in vergleichbaren
Fällen angestellt«, verkündete Smiley.
    »Handschrift?« echote Lacon, als wäre Handschrift etwas ausgesprachen
Reglementwidriges.
    »Technik.
Karlas übliches Vorgehen. Es scheint, daß er, wo es irgend anging, Maulwürfe
und Lauscher als Tandem führte.«
    »Das Ganze
nochmals im Klartext, George, wenn ich bitten darf.« Wo die Umstände es
erlaubten, sagte Smiley, habe Karla seine Agenteneinsätze durch Mikrophone
unterstützt. Obwohl Smiley zu seiner Genugtuung feststellte, daß innerhalb des
Hauses nichts gesagt worden war, was das »gegenwärtige Vorhaben«, wie er sich
ausdrückte, beeinträchtigen konnte, war allein schon die Möglichkeit
beunruhigend Lacon sollte auch Smileys Handschrift kennenlernen. »Irgendeinen
Anhaltspunkt für diese ziemlich akademische Theorie?« wollte er wissen und
prüfte Smileys ausdruckslose Züge über die Spitze des Bleistifts hinweg, den er
wie ein Lineal zwischen beiden Zeigefingern hielt.
    »Wir haben
in unserem eigenen Tonbandarchiv Inventur gemacht«, gestand Smiley
stirnrunzelnd. »Es fehlt einiges vom hauseigenen Material.
Eine Menge scheint während der Veränderungen von anno Sechsundsechzig verschwunden zu sein.« Lacon
wartete, holte jedes Wort einzeln aus ihm heraus. »Haydon gehörte dem dafür zuständigen Bau-Ausschuß an«, endete
Smiley als letzten Seufzer. »Er war sogar die treibende Kraft. Es ist nur -
also, ich meine, wenn die Vettern jemals davon erführen, dann wäre es der
letzte Nagel zu unserem Sarg.« Lacon war kein Narr, und die Vettern auf die Palme
zu bringen, genau in dem Augenblick, da alles versucht wurde, um ihr Gefieder
wieder zu glätten, mußte um jeden Preis vermieden werden. Wäre es nach ihm
gegangen, er hätte die Frettchen noch am gleichen Tag geschickt. Der Sonnabend
war ein Kompromiß, und ohne jemanden zu fragen, schickte er das ganze Team los,
alle zwölf Mann, in zwei grauen Lieferwagen mit der Aufschrift
»Umweltschutz-Meßwagen.« Und sie nahmen wirklich das ganze Haus auseinander,
daher das alberne Gerücht über die Zerstörung von Bill Haydons Büro. Sie waren
wütend wegen des verpatzten Wochenendes und vielleicht deshalb so unnötig grob:
die Überstunden wurden schrecklich hoch besteuert. Aber ihre Stimmung schlug jäh um, als sie auf einen Streich acht
Abhörmikrophone ausbuddelten, sämtlich Standard-Geräte des Circus aus den
Audio-Lagern. Haydons Verteilung war klassisch gewesen, wie Lacon zugab, als er
zur Inspektion auftauchte. Eines in einer Schublade eines nicht mehr benutzten
Schreibtisches, als wäre es in aller Unschuld dort liegengeblieben und in
Vergessenheit geraten. Nur daß der Schreibtisch ausgerechnet im Codierraum
stand. Eines verstaubte auf einem alten Stahlschrank im Konferenzzimmer auf der
fünften Etage - im Haus die Rumpelkammer genannt. Und eines war, mit typisch
Haydonschem Flair, hinter den Wasserkasten in der Toilette

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