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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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der höheren
Dienstgrade gleich nebenan geklemmt. Ein zweiter Durchgang, bei dem auch die
Tragmauern drankamen, förderte weitere drei zutage, die während der Bauarbeiten
eingefügt worden waren. Sonden, mit Plastik-Schnorchelhälsen zum Transportieren
der Töne. Die Frettchen legten sie aus wie eine Jagdstrecke. Tot,
selbstverständlich, wie sämtliche Apparate, aber dennoch von Haydon hier
angebracht und auf Frequenzen eingestellt, die der Circus nicht benutzte.
    »Und auf
Kosten des Schatzamtes unterhalten, wohlgemerkt«, sagte Lacon mit dem
allerdünnsten Lächeln und spielte mit den Leitungen, die einstmals die
Abhörmikrophone mit dem Stromversorgungsnetz verbunden hatten. »Oder
jedenfalls früher, denn George ließ im ganzen Haus neue Leitungen legen. Das
muß ich unbedingt Bruder Hammer erzählen. Er wird begeistert sein.« Hammer,
gebürtiger Waliser, war Lacons Erzfeind. Auf Lacons Anraten inszenierte Smiley
nun eine kleine Komödie. Er ließ die Frettchen die Radiomikrophone im
Konferenzzimmer wieder in Betrieb setzen und den Empfänger auf einen der
wenigen, dem Circus verbliebenen Observierungswagen einstellen. Dann bat er
drei der bockigsten Schreibtischhengste von Whitehall, unter ihnen den Waliser
Hammer, in einem Radius von einer halben Meile um das Gebäude zu fahren und
einer gestellten Diskussion zwischen zwei von Smileys schattenhaften Gehilfen
zu lauschen, die in der Rumpelkammer saßen. Sie hörten jedes Wort. Keine Silbe
ausgelassen.
    Worauf
Smiley persönlich sie absolutes Stillschweigen schwören und zum Überfluß eine
Erklärung unterschreiben ließ, die eigens von den Housekeepers zwecks
Abschreckung aufgesetzt worden war. Peter Guillam schätzte, daß sie daraufhin
für etwa einen Monat lang den Mund halten würden.
    »Oder auch
nicht so lange, falls es regnet«, fügte er mit jäher Gehässigkeit hinzu.
    Aber nicht
nur Martindale und seine Kollegen im Vorfeld von Whitehall lebten im Stande
paradiesischer Unschuld, was die Realität von Smileys Welt betraf, auch jene,
die dem Thron näher standen, fühlten sich von Smiley auf Distanz gehalten. Die
Kreise um ihn wurden je näher, desto kleiner, und nur verflixt wenige drangen bis
zum Mittelpunkt vor. Auch hinter dem braunen häßlichen Portal des Circus und
seinen behelfsmäßigen, mit wachsamen Pförtnern bemannten Barrieren gab Smiley
keine seiner gewohnten Abschirmungsmaßnahmen auf. Bei Tag wie bei Nacht blieb
die, Tür zu seiner winzigen Bürosuite verschlossen, und seine einzige
Gesellschaft bestand aus Peter Guillam und einem allgegenwärtigen
finsterblickenden Faktotum namens Fawn, dem Mann, der sich mit Guillam den Job
als Smileys Babysitter geteilt hatte, während sie Haydon ausräucherten.
Manchmal verschwand Smiley nur mit einem Nicken durch den Hinterausgang,
begleitet von Fawn, einem kleinen geschmeidigen Mann, während Guillam
zurückbleiben mußte, um die Telefonanrufe entgegenzunehmen und in dringenden
Fällen Smiley zu benachrichtigen. Die Mütter verglichen sein Benehmen mit den
letzten Tagen Controls, der dank Haydon an gebrochenem Herzen in den Sielen
gestorben war. Im Zug der Gesetzmäßigkeiten in einer geschlossenen Gesellschaft
wurde der Hausjargon um ein neues Wort bereichert. Haydons Entlarvung hieß
jetzt nur noch der Sündenfall, und die
Geschichte des Circus zerfiel in die Zeiträume vor dem
Sündenfall und danach. Der
materielle Verfall des Gebäudes, das zu drei Viertel
leer stand und seit dem Besuch der Frettchen eher einer Ruine glich, verlieh
Smileys An- und Abwesenheiten etwas von Untergangsstimmung, die für alle, die
damit leben mußten, symbolisch wurde. Was die Frettchen einreißen, wird nicht
wieder aufgerichtet: und das gleiche galt vielleicht für Karla, dessen
verstaubte Züge von dort, wo der meist unsichtbare Chef sie plaziert hatte, aus
dem Dämmer seines spartanischen Büros nun auf sie herabblickte. Das wenige, was
sie wüßten, war schauderhaft. Belangloses, wie zum Beispiel die Personalfrage,
nahm erschreckende Dimensionen an. Smiley mußte aufgeflogene Agenten entlassen
und aufgeflogene Residenturen auflösen; die des armen Tufty Thesinger in
Hongkong war, da Hongkong ziemlich weit vom antisowjetischen Schauplatz
entfernt liegt, eine der letzten, die daran glauben mußten. In der Umgebung
Whitehalls, ein Gelände, das sie wie Smiley mit tiefem Mißtrauen betrachteten,
hörten sie, daß Thesinger in bizarre und erbitterte Auseinandersetzungen über
die Bedingungen einer Abfindung oder

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