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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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dankbar für seine
Ausflüge hinauf zu Sam. »Wir haben ihn,
George, darling«, sagte Connie immer wieder
flüsternd. »Klar wie Kloßbrühe, daß wir die verdammte Kröte hierhaben.«
    Doc di
Salis war abgetänzelt, um die chinesischen Direktoren von Indocharter
herauszusuchen - Sam hatte erstaunlicherweise noch immer zwei Namen im Kopf -
und schlug sich zunächst mit der chinesischen Form der Namen herum, dann mit
der Umschrift in lateinischen Buchstaben und schließlich im chinesischen
Handelscode. Smiley saß auf einem Stuhl und las die Akten, die er auf den Knie
liegen hatte wie ein Mann in der Eisenbahn, der die übrigen Fahrgäste
beharrlich ignoriert. Von Zeit zu Zeit hob er den Kopf, aber die Töne, die er
vernahm, kamen nicht aus diesem Raum. Connie hatte sich aus eigenem Antrieb in
die Suche nach Querverbindungen zu Akten gestürzt, mit denen die Einsatzpapiere
theoretisch in Bezug stehen sollten. Es fanden sich persönliche Unterlagen über
Söldner und über freiberufliche Piloten. Es fanden sich Verfahrensunterlagen
über die Techniken der Zentrale für das Durchschleusen von Agentenentlohnungen
und sogar eine von ihr selbst vor Jahren verfaßte Abhandlung über das Thema:
Anonyme Zahlmeister für Karlas illegale Netze, die ohne Wissen der regulären
Residenten betrieben werden. Handels-Boris' unaussprechliche Familiennamen
waren dem Anhang nicht beigefügt. Es fanden sich Background-Unterlagen über die
Banque de l'Indochine und ihre Verbindungen zur Moskauer Narodny Bank und
Statistiken über die wachsenden Aktivitäten Moskaus in Südostasien und
Arbeitspapiere über die Residentur in Vientiane. Aber die Fehlanzeigen wurden
nur immer mehr, und je mehr sie wurden, desto mehr bestätigten sie die positive
Annahme. Nirgendwo waren sie bei ihrer Jagd nach Haydon auf eine so
systematische und umfassende Verwischung aller Spuren gestoßen. Es war die
Rückpeilung aller Zeiten. Und die Fährte wies unleugbar nach Fernost. In dieser
Nacht fand sich nur ein einziger Hinweis auf den Schuldigen. Sie entdeckten ihn
irgendwann zwischen Dämmerung und Tag, während Guillam im Stehen schlief.
Connie hatte den Fingerzeig ausgegraben, Smiley legte ihn schweigend auf den
Tisch, und zu dreien beäugten sie ihn unter der Leselampe, als wäre er der
Schlüssel zu einem vergrabenen Schatz: ein Packen Anweisungen zur Vernichtung
von Dokumenten, insgesamt ein Dutzend, abgezeichnet mit einem in schwarzem
Filzstift hingekritzelten Codesigel quer durch die Mitte, fast wie eine
hübsche Kohlezeichnung. Die todgeweihten Dokumente bezogen sich auf: »streng
geheime Korrespondenz mit H/Annex« - was heißen sollte mit dem Londoner Chef
der Vettern, damals wie heute Smileys Bruder in Christo, Martello. Der Grund
für die Vernichtung war der gleiche, den Haydon Sam Collins für das Einstellen
der Nachforschungen in Vientiane genannt hatte: »Gefahr,
schwierige amerikanische Operation zu stören.« Unterzeichnet
war das Papier, das die Dokumente zum Feuertod verurteilte, mit Haydons
Codenamen.
    Smiley
begab sich wieder nach oben und bat Sam nochmals in sein Büro. Sam hatte die
Smokingschleife abgenommen, und die Stoppeln um sein Kinn und das offene weiße
Hemd machten ihn bedeutend weniger elegant.
    Als erstes
schickte Smiley Fawn um Kaffee. Er wartete, bis der Kaffee kam und bis Fawn
wieder hinausgeflitzt war, ehe er zwei Tassen eingoß, beide schwarz, Zucker für
Sam, Süßstoff für Smiley wegen seiner Figurprobleme. Dann ließ er sich in einem
weichen Polstersessel neben Sam nieder, nicht hinter dem Schreibtisch, um mit
Sam auf gleicher Ebene zu verhandeln. »Sam, ich glaube, ich sollte noch einiges
über das Mädchen erfahren«, sagte er sanft, als überbrächte er eine schlechte
Nachricht. »Haben Sie sie aus Ritterlichkeit aus dem Spiel gelassen?«
    Sam wirkte
recht belustigt: »Die Unterlagen verloren, was, alter Junge?« erkundigte er
sich mit der gleichen augenzwinkernden Vertraulichkeit.
    Manchmal
muß man, um ein Geheimnis zu erfahren, ein eigenes preisgeben.
    »Bill hat sie
verloren«, erwiderte Smiley freundlich. Sam verfiel demonstrativ in tiefes
Sinnen. Er rollte eine seiner Kartenspielerhände ein und inspizierte die
Fingerspitzen; beklagte deren unsauberen Zustand.
    »Mein Club
da läuft heutzutage praktisch von alleine«, grübelte er. »Langweilt mich
allmählich, offen gesagt. Geld, Geld. Zeit, daß ich mich verändere, etwas aus
mir mache.«
    Smiley
verstand, aber er mußte fest bleiben.
    »Ich habe
keine

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