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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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die Mütter nach Hause und ließ durch die
Housekeepers Befehl ergehen, daß bis spätestens acht Uhr die Archive von allen
Wühlmäusen geräumt sein müßten. Er gab keine Gründe an. Er ließ sie denken, was
sie wollten. Sam sollte sich in der Rumpelkammer hinlegen, um jederzeit zur
Hand zu sein, und Fawn sollte ihm Gesellschaft leisten und ihn nicht herumgeistern
lassen. Fawn führte diesen Befehl buchstäblich aus. Selbst als die Stunden sich
hinzogen und Sam zu dösen schien, blieb Fawn zusammengekauert wie eine Katze
auf der Türschwelle hocken, aber die Augen hielt er offen. Dann verschanzten
sich die vier in der Registratur - Connie, di Salis, Smiley und Guillam - und
machten sich auf die lange, vorsichtige Schnitzeljagd. Zuerst suchten sie nach
den Unterlagen zu dem betreffenden Einsatz, die von Rechts wegen bei Südostasien
abgelegt sein sollten, unter den von Sam angegebenen Daten. In der Kartei fand
sich keine Karte, und es fanden sich auch keine Einsatzpapiere, aber das mußte
noch nichts zu bedeuten haben. In Haydons London Station waren operative Akten
häufig abgefangen und seinem eigenen Geheimarchiv einverleibt worden. Also
tappten sie durch das Souterrain, wo ihre Tritte auf den braunen
Linoleumfliesen klapperten, bis sie zu einem vergitterten Alkoven kamen, einer
Art Seitenkapelle, in der die Überreste des einstigen Archivs von London
Station zur Ruhe gebettet waren. Wieder fanden sie keine Karteikarte und keine
Papiere. »Sehen wir bei den Telegrammen nach«, befahl Smiley, also gingen sie
die Telegrammbücher durch, Eingang und Ausgang, und für einen Augenblick war
zumindest Guillam drauf und dran, Sam der Lüge zu verdächtigen, bis Connie sie
darauf aufmerksam machte, daß die entscheidenden Seiten auf einer anderen
Schreibmaschine getippt worden waren: einer Maschine, die, wie sich später
herausstellte, erst sechs Monate nach dem Datum auf der Seite angeschafft
worden war. »Die Laufzettel«, befahl Smiley.
    Die
Laufzettel des Circus waren zweifache Kopien der Ausleihlisten, die von der
Registratur ausgegeben wurden, wenn Einsatzunterlagen in ständiger Bewegung zu
sein drohten. Sie wurden in Lose-Blatt-Heftern verwahrt wie alte Zeitschriften,
und alle sechs Wochen wurde eine Kartei anglegt. Nach langem Graben wurde
Connie mit Hilfe des Südostasienbandes fündig, der die sechs Wochenperioden
unmittelbar nach Collins' Suchanforderung enthielt. Es fand sich darin kein
Hinweis auf eine vermutete sowjetische Goldader, und auch keiner auf
Indocharter, Vientiane, S. A.
    »Probieren
Sie's mit den PAs«, sagte Smiley unter Benutzung der ansonsten von ihm
verabscheuten Abkürzung. Also zogen sie in eine andere Ecke der Registratur und
arbeiteten sich durch Schubkästen voller Karteikarten. Zuerst suchten sie nach
persönlichen Unterlagen über Handels-Boris, dann über Ricardo, dann unter
angenommenen Namen für Tiny, mutmaßlich tot, die Sam anscheinend in seinem
ursprünglichen, vom Unglück verfolgten Bericht an London Station erwähnt hatte.
In Abständen wurde Guillam nach oben geschickt, um Sam eine Kleinigkeit zu
fragen, fand ihn bei der Lektüre von Field und an
einem großen Glas Whisky nippen, unerbittlich bewacht von Fawn, der zur Abwechslung
- wie Guillam später erfuhr - gelegentlich Liegestütze machte, zuerst auf zwei
Knöcheln einer jeden Hand, dann auf den Fingerspitzen. Für Ricardo entwickelten
sie phonetische Varianten und suchten im Personenregister auch nach ihnen. »Wo
sind die Organisationen abgelegt?« fragte Smiley. Aber von der als Indocharter,
Vientiane, bekannten societe anonyme fand sich
auch in der Kartei der Organisationen nichts. »Sehen Sie das Material der
Verbindungsstelle nach.« Verhandlungen mit den Vettern wurden zu Haydons Zeit
ausschließlich über das Sekretariat der Londoner Verbindungsstelle
abgewickelt, über das er aus naheliegenden Gründen persönliche Befehlsgewalt
hatte und das von der gesamten Korrespondenz zwischen den beiden Büros seine
eigenen Kopien verwahrte. Sie kehrten wieder in die Seitenkapelle zurück und
zogen abermals eine Niete. Für Peter Guillam nahm die Nacht unwirkliche
Dimensionen an. Smiley war fast völlig verstummt. Das volle Gesicht wurde zu
Stein. Connie hatte in der Erregung ihre arthritischen Schmerzen und
Beschwerden vergessen und hüpfte herum wie ein Teenager beim Ball. Guillam, der
alles andere als ein geborener Papiermensch war, mühte sich hinter ihr her,
tat, als hielte er mit der Meute Schritt und war insgeheim

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