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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Leserbriefkastens.«
    Die
braunen Augen richteten sich einen Augenblick auf ihn.
    »Wann
erhielt sie diesen Brief?«
    »Gestern,
am Siebzehnten. Donnerstag ist der Tag, an dem sie in Druck gehen, ihr
arbeitsreichster Tag. Die Nachmittagspost wird gewöhnlich erst am Abend
geöffnet. Dieser Brief wurde gegen sechs Uhr geöffnet, glaube ich.«
    »Und sie
brachte ihn sofort zu Ihnen?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Sie
arbeitete im Krieg für mich, in meiner Abteilung. Sie hatte Hemmungen, direkt
zur Polizei zu gehen - ich war die einzige Person, die ihr einfiel und die kein
Polizist war«, fügte er albern hinzu. »Die helfen konnte, meine ich.«
    »Darf ich
fragen, Sir, was Sie selbst für einen Beruf ausüben?«
    »Nichts
Besonderes. Ein bißchen Privatforschung über Deutschland im siebzehnten
Jahrhundert.« Es klang sehr läppisch.
    Rigby
schien das nicht zu stören.
    »Was ist
mit diesem früheren Brief, den sie erwähnt?«
    Smiley
übergab ihm nun den zweiten Umschlag, und wieder nahm ihn die große, viereckige
Hand entgegen.
    »Sie
gewann das Preisausschreiben«, erklärte Smiley. »Ihre Einsendung bekam den
Preis. Ich hörte, daß sie aus einer Familie stammt, die die Zeitschrift seit
ihrer Gründung abonniert hat. Aus diesem Grund war Miss Brimley auch weniger
geneigt, den Brief als Unsinn zu betrachten. Nicht, daß daraus folgt-«
    »Nicht,
daß was daraus folgt?«
    »Ich
meinte, die Tatsache, daß ihre Familie die Zeitschrift seit fünfzig Jahren
abonniert hat, schließt logischerweise keineswegs die Möglichkeit aus, daß sie
geistesgestört war.«
    Rigby
nickte, als verstehe er, was gemeint war, aber Smiley hatte das ungemütliche
Gefühl, daß dem nicht so war.
    »Ah«,
sagte Rigby mit einem langsamen Lächeln, »Frauen, wie?«
    Smiley,
völlig verwirrt, lachte ein bißchen. Rigby sah ihn nachdenklich an.
    »Kennen
Sie irgend jemanden vom Lehrkörper hier, Sir?«
    »Nur Mr.
Terence Fielding. Wir lernten uns vor einiger Zeit bei einem Dinner in Oxford
kennen. Ich wollte ihn aufsuchen. Ich habe seinen Bruder ganz gut gekannt.«
    Rigbys
Haltung schien sich bei der Erwähnung Fieldings etwas zu versteifen, aber er
sagte nichts, und Smiley fuhr fort:
    »Fielding
habe ich auch angerufen, als mir Miss Brimley den Brief brachte. Er gab mir die
Nachricht. Das war gestern nacht.«
    »Ich
verstehe.«
    Wieder
sahen sie einander schweigend an, Smiley unbehaglich und etwas komisch, Rigby
ihn abschätzend und überlegend, wieviel er sagen sollte.
    »Wie lange
bleiben Sie?« fragte er schließlich.
    »Ich weiß
nicht«, erwiderte Smiley. »Miss Brimley wollte selbst herkommen, aber sie muß
sich um ihre Zeitschrift kümmern. Sie legte großen Wert darauf, alles in ihren
Kräften Stehende für Mrs. Rode zu tun, obwohl diese bereits tot war. Weil sie Abonnentin
war, glaube ich. Ich versprach, mich darum zu kümmern, daß dieser Brief rasch
in die richtigen Hände käme. Ich glaube nicht, daß ich sonst noch viel tun
kann. Wahrscheinlich werde ich ein oder zwei Tage bleiben, nur um mich mit
Fielding zu unterhalten... der Beerdigung beizuwohnen. Ich habe mich im >Sawley
Arms< einquartiert.«
    »Ordentliches
Hotel.«
    Rigby
legte die Brille sorgfältig ins Futteral zurück und ließ dieses in eine
Schublade fallen.
    »Komischer
Ort, Carne. Es besteht eine tiefe Kluft zwischen Bügerrock und Gelehrtentalar,
wie wir sagen; keine Seite kennt oder mag die andere. Furcht bewirkt das,
Furcht und Unwissenheit. Das macht es schwer in einem Fall wie diesem. Oh, ich
kann Mr. Fielding und Mr. D'Arcy besuchen, und sie sagen >Guten Tag,
Sergeant< und laden mich zu einer Tasse Tee in der Küche ein, aber ich kann
mit ihnen nicht warm werden. Sie haben ihre eigene Gemeinschaft, und keiner
kann da von draußen hinein. Kein Klatsch in den Lokalen, keine Kontakte, nichts...
nur Tee und Aniskuchen und die Anrede >Sergeant<.« Rigby lachte
plötzlich, und Smiley lachte erleichtert mit ihm. »Es gibt 'ne Menge Dinge, die
ich sie fragen möchte, 'ne Menge; wer die Rodes leiden konnte und wer nicht, ob
Mr. Rode ein guter Lehrer ist und ob seine Frau zu den anderen paßte. Ich habe
die nackten Tatsachen, aber gewissermaßen keine Kleider dazu.« Er sah Smiley
erwartungsvoll an. Ein langes Schweigen folgte.
    »Wenn Sie
wollen, daß ich mithelfe, wird mich das freuen«, sagte Smiley schließlich.
»Aber lassen Sie mich zuerst die Tatsachen wissen.«
     
    »Stella
Rode wurde in der Nacht von Mittwoch, dem Sechzehnten, etwa zwischen zehn nach
elf und Viertel

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