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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Protokoll gegeben... eine Art Geständnis.«
    Sie saßen
schweigend da, während Smiley das ungewöhnliche Protokoll las. Es war mit der
Signatur der Verrückten Janie - J. L. - gezeichnet, in kindlicher Schrift und
mit zollhohen Buchstaben. Der Beamte, der es aufgenommen, hatte damit begonnen,
ihren Bericht zusammenzufassen und zu vereinfachen, aber am Ende der ersten
Seite hatte er dies offensichtlich verzweifelt aufgegeben. Endlich kam Smiley
zur Schilderung des Mordes:
    »Dann sag'
ich meinem Liebling, ich sag zu ihr: >Du bist ein unartiges Geschöpf, daß du
mit dem Teufel gehst<, aber sie hört nicht, siehst du, und ich wurde böse
mit ihr, aber sie paßte nicht auf. Ich kann die nicht leiden, die mit Teufeln
gehen in der Nacht, und ich sag' es ihr. Sie hätte Stechpalmen haben sollen,
Mister, das ist die Wahrheit. Ich sages ihr, Mister, aber sie
wollte ja nicht hören, und das sind alles Janies Worte, aber Janie trieb den
Teufel weg, das tat Janie, und eine gibt's, die wird's mir danken, das ist mein
Liebling, und ich nahm ihren Schmuck, für die Heiligen tat ich's, um die Kirche
zu verschönern, und einen Mantel, um mich zu wärmen.«
    Rigby
beobachtete ihn, wie er das Protokoll langsam wieder auf den Tisch zurücklegte.
    »Nun, was
halten Sie davon?«
    Smiley
zögerte. »Ziemlicher Unsinn, wie es da steht«, sagte er schließlich.
    »Natürlich«,
sagte Rigby. Es klang verächtlich. »Sie sah etwas, Gott weiß was, als sie da
draußen herumlungerte; um zu stehlen, wahrscheinlich. Sie kann die Leiche
beraubt haben, oder sie hat die Perlen aufgehoben, wo der Mörder sie
fallenlassen hat. Wir forschten wegen des Mantels nach. Gehörte einem Mr.
Jardine, einem Bäcker in Carne-Ost. Mrs. Jardine gab ihn Stella Rode letzten
Mittwoch für die Flüchtlinge. Janie muß ihn aus dem Wintergarten gestohlen
haben. Das hat sie mit dem >um mich zu wärmen< gemeint. Aber sie hat
Stella Rode ebensowenig ermordet wie Sie oder ich. Wie ist es denn mit den
Fußabdrücken, den Handschuhspuren im Wintergarten? Außerdem, sie ist nicht
stark genug - Janie ist das nicht, um diese arme Frau zwölf Meter durch den
Schnee zu schleppen. Das ist Männerarbeit, wie jeder Mensch einsehen wird.«
    »Was also
genau...«
    »Wir haben
die Suche abgeblasen, und ich soll einen Haftbefehl vorbereiten gegen eine Jane
Lyn aus dem Dorf Pylle, wegen vorsätzlicher Ermordung von Stella Rode. Ich
wollte es Ihnen selbst sagen, bevor Sie es überall in den Zeitungen lesen
können. Damit Sie wissen, wie es war.«
    »Danke.«
    »Wenn ich
Ihnen inzwischen irgendwie helfen kann, sind wir noch immer dazu bereit.« Er
zögerte, schien noch etwas sagen zu wollen und es sich dann anders zu
überlegen.
    Als Smiley
die breite Treppe hinabging, kam er sich nutzlos vor und war sehr zornig, was
kaum die richtige Geistesverfassung für die Teilnahme an einer Beerdigung war.
     
    Es war
eine bewundernswert organisierte Angelegenheit. Weder die Blumen noch die
Trauergemeinde überstiegen das dem Anlaß Angemessene. Sie wurde nicht in der
Abtei bestattet, vielleicht aus Achtung vor ihrem einfachen Geschmack, sondern
auf dem Gemeindefriedhof unweit von North Fields. Der Direktor war an dem Tag
verhindert, wie er das meistens war, und hatte seine Frau geschickt, eine
kleine, äußerst ausdruckslose Frau, die lange in Indien gelebt hatte. D'Arcy
benahm sich sehr auffallend und flatterte vor der Feier wie ein eifriger
Pedell hier herum und da, und Mr. Cardew war gekommen, um die arme Stella durch
die ungewohnte anglikanische Hochkirchenprozedur zu geleiten. Die Hechts waren
anwesend, Charles ganz in Schwarz, geschrubbt und glänzend, und Shane in
dramatischer Aufmachung, mit einem sehr breitrandigen Hut.
    Smiley,
der wie die anderen in Erwartung des ungesunden öffentlichen Interesses, das
die Zeremonie vielleicht erregen würde, frühzeitig gekommen war, fand einen
Sitz in der Nähe des Kircheneingangs. Er beobachtete jeden neu Ankommenden mit
Interesse und wartete auf seinen ersten Anblick von Stanley Rode.
    Einige
Geschäftsleute trafen ein, in ausgebeulte Serge gezwängt und mit schwarzen
Schlipsen, und bildeten eine kleine Gruppe rechts des Mittelganges, abseits der
Lehrerschaft und ihrer Frauen. Bald stießen andere Mitglieder der Bürgerschaft
zu ihnen, Frauen, die Stella Rode im Bethaus kennengelernt hatten, und dann
Rigby, der Smiley gerade ansah und kein Zeichen des Erkennens gab. Dann schritt
beim dritten Glockenschlag ein großer alter Mann langsam durch die

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