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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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für die
Kirche schreiben.«
    »Ach ja.«
    »Es gelang
mir, mit ihrem Mann zu sprechen; wir wollten den richtigen Ton treffen.«
    »Was hat
er gesagt?«
    »Er sagte,
ich solle mit Ihnen über ihre Arbeit sprechen - besonders ihre Arbeit für die
Flüchtlinge.«
    Schweigend
gingen sie eine Weile weiter, dann meinte Cardew: »Sie kam aus dem Norden, nahe
bei Derby. Ihr Vater war ein vermögender Mann im Norden, aber das Geld
veränderte ihn nie.«
    »Ich
weiß.«
    »Ich kenne
die Familie seit Jahren, bin ihr immer wieder begegnet. Ihren alten Vater traf
ich vor dem Begräbnis.«
    »Was darf
ich über ihre Arbeit für die Kirche, ihren Einfluß auf die hiesige
Chapel-Gemeinde sagen? Darf ich sagen, daß sie allgemein geliebt wurde?«
    »Verzeihen
Sie«, sagte Cardew nach einer kurzen Pause, »aber ich halte von einer solchen
Schreibweise nicht viel, Mr. Smiley. Menschen werden nie von allen geliebt,
selbst wenn sie tot sind.« Sein nordenglischer Akzent war sehr stark.
    »Was darf
ich also sagen?« beharrte Smiley.
    »Ich weiß
es nicht«, erwiderte Cardew gelassen. »Und wenn ich etwas nicht weiß, schweige
ich gewöhnlich. Aber da Sie so liebenswürdig sind, mich zu fragen: Ich bin noch
nie einem Engel begegnet, und Stella Rode war keine Ausnahme.«
    »Aber
spielte sie nicht eine rührende Rolle in der Flüchtlingsarbeit?«
    »Ja. Ja,
das tat sie.«
    »Und
ermutigte sie nicht andere, ähnliche Anstrengungen zu machen?«
    »Natürlich.
Sie war eine gute Arbeiterin.«
    Schweigend
gingen sie weiter. Der Weg über das Feld führte abwärts, machte eine Biegung
und folgte einem Bach, der von dem verfilzten Stachelginster und Weißdorn auf
beiden Ufern fast verborgen war. Jenseits war eine Reihe kahler Ulmen und
dahinter die vertraute Silhouette von Carne.
    »Ist das
alles, was Sie mich fragen wollten?« sagte Cardew plötzlich.
    »Nein«,
erwiderte Smiley. »Unsere Redakteurin war sehr beunruhigt über einen Brief, den
sie von Mrs. Rode kurz vor ihrem Tode bekam. Es war eine Art... Anklage. Wir
haben die Sache der Polizei übergeben. Miss Brimley machte sich irgendwie
Vorwürfe, daß sie nicht imstande war, ihr zu helfen. Das ist vielleicht
unlogisch, aber so ist es nun einmal. Ich möchte ihr gern versichern können,
daß zwischen Stella Rodes Tod und diesem Brief kein Zusammenhang bestand. Das
ist ein weiterer Grund meines Besuches...«
    »Wen klagt
der Brief an?«
    »Ihren
Gatten.«
    »Ich würde
Ihrer Miss Brimley mitteilen«, sagte Cardew langsam und mit einiger Betonung,
»daß sie sich nicht den geringsten Vorwurf zu machen braucht.«
     
    DIE HEIMFAHRT
     
    Es war
Montagabend. Ungefähr zu der Zeit, als Smiley nach seiner Unterhaltung mit Mr.
Cardew in sein Hotel zurückkehrte, verabschiedete sich Tim Perkins, der Präfekt
von Fieldings Haus, von Mrs. Harlowe, die ihm Cellounterricht erteilte. Sie war
eine freundliche Frau, wenn auch neurotisch, und es betrübte sie, ihn so
bedrückt zu sehen. Er war der beste Schüler, den Carne ihr je geschickt hatte,
und sie mochte ihn.
    »Du hast
heute miserabel gespielt, Tim«, sagte sie, als sie ihm an der Tür auf
Wiedersehen sagte. »Ganz miserabel. Du brauchst es mir nicht zu sagen - du hast
nur noch ein Semester und hast noch immer nicht die drei Vorprüfungen fürs
Abitur bestanden, du mußt deine Versetzung kriegen und bist ganz durcheinander.
Wir werden nächsten Montag nicht üben, wenn du nicht willst - komm nur und iß
Kuchen, und wir spielen ein paar Platten.«
    »Ja, Mrs.
Harlowe.« Er schnallte seine Notenmappe auf den Gepäckträger seines Fahrrades.
    »Lampen in
Ordnung, Tim?«
    »Ja, Mrs.
Harlowe.«
    »Also,
versuche nicht, heute abend den Rekord zu schlagen, Tim. Du hast genug Zeit bis
zum Tee. Denk daran, daß die Straße vom Schnee ganz glitschig ist.«
    Perkins
sagte nichts. Er schob sein Fahrrad auf den Kiesweg und setzte sich zum Tor hin
in Bewegung.
    »Hast du
auch nichts vergessen, Tim?«
    »Entschuldigen
Sie, Mrs. Harlowe.«
    Er drehte
sich um und reichte ihr im Türeingang die Hand. Sie bestand immer darauf.
    »Hör mal,
Tim, was ist denn los? Hast du eine Dummheit gemacht? Mir kannst du's doch
sagen, nicht? Ich gehöre nicht zur Lehrerschaft, das weißt du.«
    Perkins
zögerte und sagte dann: »Es sind nur die Prüfungen, Mrs. Harlowe.«
    »Geht's
deinen Eltern gut? Kein Kummer zu Hause?«
    »Nein,
Mrs. Harlowe; es geht ihnen sehr gut.« Wieder zögerte er, dann: »Gute Nacht,
Mrs. Harlowe.«
    »Gute
Nacht.«
    Sie beobachtete,
wie er das Gartentor

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