Carre, John le
ist.«
»Peter,
Sie fassen die Sache doch vorsichtig an, nicht wahr?«
»Wie mit
Glacehandschuhen, alter Junge. Ich glaube, sie beginnt den Kopf zu verlieren.
Rennt wie ein Windhund.«
Smiley
legte den Hörer auf. Er nahm wieder seine >Times< und studierte das
Theaterprogramm. Er mußte recht haben . . . unbedingt.
Der
Vormittag verging dann mit nervtötender Langsamkeit. Manchmal stand er mit den
Händen in den Hosentaschen am Fenster und sah zu, wie die schlaksigen Mädchen
aus Kensington in Begleitung wunderschöner junger Männer in hellblauen Pullovern
einkaufen gingen oder wie die kleine Brigade von Wagenwaschern zuerst fröhlich
vor den Häusern drauflos arbeitete, dann eine Weile herumstand, um über Autos
zu tratschen, und schließlich zielbewußt die Straße hinunter verschwand, um
sich die erste Pulle Bier an diesem Wochenende zu genehmigen.
Endlich,
nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, wurde an der Eingangstür geläutet, und
Mendel und Guillam kamen herein. Sie grinsten und waren hungrig wie die Raben.
»Wir
haben's geschafft«, sagte Guillam. »Aber Mendel soll erzählen. Er hat ja die
meiste Plage gehabt. Ich bin nur gerade noch zum Halali zurechtgekommen. «
Mendel
berichtete seine Geschichte haargenau und mit allen Details, wobei er, den Kopf
leicht zur Seite geneigt, vor sich hin sah.
»Sie ist
mit dem Zug weg, der um 9 Uhr 52 nach Victoria-Station fährt. Im Zug habe ich
mich unsichtbar gemacht und bin ihr nach, wie sie durch die Sperre ist. Dann
hat sie ein Taxi nach Hammersmith genommen.«
»Ein
Taxi?« unterbrach ihn Smiley. »Sie muß ja vollständig wahnsinnig sein!«
»Sie ist
ganz außer sich. Für eine Frau geht sie sowieso schon schnell, verstehen Sie,
aber wie sie da über den Bahnsteig gefegt ist, alle Achtung! Sie ist beim
Broadway ausgestiegen und zum Sheridan-Theater gegangen. Hat die Türen zur
Kasse der Reihe nach probiert, aber sie waren zu. Einen Augenblick hat sie
gezögert und ist dann zurückgegangen in ein Café ein paar hundert Meter weiter
die Straße hinunter. Hat sich Kaffee bestellt und sofort bezahlt. Etwa vierzig
Minuten später ist sie zum Theater zurück. Jetzt waren die Kassen offen, und
ich bin hinter ihr hineingeschlüpft und habe mich auch angestellt. Sie kaufte
zwei Sitze für nächsten Donnerstag: Parkett ganz hinten, Reihe T, Platz Nummer
27 und 28. Dann ist sie wieder hinaus aus dem Theater, hat eines der Billetts in
einen Briefumschlag getan, ihn zugeklebt und in einen Briefkasten geworfen.
Die Adresse konnte ich nicht sehen, aber es war eine Sechspennymarke drauf.«
Smiley saß
sehr still da. »Ob er wohl kommen wird?« sagte er. »Ich bin gespannt, ob er
erscheint.«
»Ich habe
Mendel beim Theater getroffen«, sagte Guillam. »Er ist ihr bis zum Café
nachgegangen und hat mich dann angerufen. Dann ist er auch hineingegangen.«
»Ich hatte
selber Lust auf eine Tasse Kaffee«, fuhr Mendel fort. »Mr. Guillam hat mich
dann gefunden. Als ich mich anstellen ging, ließ ich ihn im Café, und er ist
dann erst ein wenig später herausgekommen. Es war alles Maßarbeit, und keine
Pannen. Sie hat den Kopf verloren, das ist sicher. Sieht sich nicht vor.«
»Was hat
sie dann gemacht?« fragte Smiley.
»Schnurgerade
zurück zur Victoria-Station. Dort haben wir sie dann laufen lassen.«
Eine Weile
blieben sie stumm, und dann sagte Mendel: »Also, was tun wir jetzt?«
Smiley
zwinkerte und blickte ernst in Mendels graues Gesicht.
»Theaterkarten
bestellen für die Donnerstagvorstellung im Sheridan.«
Sie
gingen, und er war wieder allein. Er hatte noch immer nicht die Berge von
Briefen durchgesehen, die sich während seiner Abwesenheit angehäuft hatten.
Rundschreiben, Kataloge von Blackwells, Rechnungen und die übliche Kollektion
von Reklame für Seifen, tiefgekühlte Erbsen, Fußballtotoscheinen und so weiter.
Es waren auch einige Privatbriefe dabei. Er nahm alles ins Wohnzimmer mit,
setzte sich in einen Armstuhl und begann zuerst einmal die persönlichen Briefe
aufzumachen. Einer war von Maston, und er las ihn fast mit Verlegenheit.
»Mein
lieber George,
es tat mir
leid, als ich von Guillam hörte, daß Sie einen Unfall hatten, und ich hoffe
zuversichtlich, daß Sie sich schon wieder ganz erholt haben. Sie erinnern sich
vielleicht, daß Sie mir in der Hitze des Gefechts damals vor Ihrem Unglücksfall
ein Rücktrittsgesuch geschickt haben, und ich möchte Ihnen nur mitteilen, daß
ich es natürlich nicht ernst nehme. Manchmal verlieren
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