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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Moment über dem Rahmen das Nicht-Stören-Schild aufleuchtete. Dies geschah natürlich völlig lautlos, aber Bond stellte sich dabei immer das Geräusch eines metallenen Riegels vor, der quietschend zurückgezogen wurde, damit ein neuer Gefangener das mittelalterliche Verlies betreten konnte.
    »Guten Morgen, Sir.«
    M sah genauso aus wie bei dem Mittagessen im Travellers Club vor drei Jahren. Vielleicht trug er sogar denselben grauen Anzug. Er wies auf einen der beiden zweckmäßigen Stühle, die vor dem großen Schreibtisch aus Eichenholz standen. Bond setzte sich.
    Das Büro war mit Teppichboden ausgelegt, und an den Wänden reihten sich Bücherregale. Das Gebäude stand an der Nahtstelle zwischen altem und neuem London, wie ein Blick aus den Fenstern von Ms Eckbüro bestätigte. Die viktorianischen Gebäude der Marylebone High Street im Westen unterschieden sich deutlich von den Wolkenkratzern aus Glas und Stahl, die an der Euston Road aufragten – durchkonstruierte Gebilde von fragwürdiger Ästhetik und mit Aufzugsystemen, die cleverer waren als ihre Benutzer.
    Der Ausblick blieb jedoch halbdunkel, auch an sonnigen Tagen, denn die Scheiben waren nicht nur bomben- und kugelsicher, sondern zudem verspiegelt, damit nicht irgendein findiger Gegner sie von einem Heißluftballon über dem Regent’s Park aus beobachten konnte.
    M blickte von seinen Notizen auf und nahm Bond genau in Augenschein. »Ich nehme an, Sie mussten sich nicht in ärztliche Behandlung begeben.«
    Ihm entging nicht das Geringste. Niemals.
    »Ein oder zwei Kratzer. Nichts Ernstes.«
    Auf dem Schreibtisch lagen beziehungsweise standen ein gelber Notizblock, ein kompliziertes Festnetztelefon, ein Mobiltelefon, eine edwardianische Messinglampe und ein Humidor mit den dünnen schwarzen Zigarren, die M sich bisweilen genehmigte, wenn er nach Whitehall oder wieder zurück fuhr oder einen kurzen Spaziergang durch den Regent’s Park unternahm, allein mit seinen Überlegungen und den beiden Personenschützern. Bond wusste sehr wenig über Ms Privatleben, nur dass er in einem Herrenhaus aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert am Rand des Windsor Forest wohnte, gern Bridge spielte, angeln ging und ansehnliche Aquarelle mit Blumenmotiven malte. Ein sympathischer und begabter Navy-Corporal namens Andy Smith chauffierte ihn in einem auf Hochglanz polierten, zehn Jahre alten Rolls-Royce.
    »Ihr Bericht, 007.«
    Bond ordnete seine Gedanken. M hatte kein Verständnis für wirres Gestammel oder Ausschmückungen. »Ähms« und »Ähs« waren ebenso inakzeptabel wie offensichtliche Gemeinplätze. Bond wiederholte, was sich bei Novi Sad zugetragen hatte, und fügte hinzu: »Ich habe in Serbien ein paar Dinge gefunden, die uns vielleicht weiterhelfen. Philly geht sie gerade durch und bringt mehr über das Gefahrgut auf dem Zug in Erfahrung.«
    »Philly?«
    Bond fiel ein, dass M es nicht mochte, wenn die anderen Spitznamen benutzten, obwohl er derjenige war, den die gesamte Organisation nur unter einem Buchstaben kannte. »Ophelia Maidenstone«, erklärte Bond. »Unsere Verbindungsfrau von Six. Falls es etwas zu finden gibt, wird sie es herausbekommen.«
    »Ihre Tarnung in Serbien?«
    »Ich habe mich mit fremden Federn geschmückt. Die hohen Tiere beim BIA in Belgrad wissen, dass ich zur ODG gehöre und was mein Auftrag war, aber deren zwei Agenten vor Ort haben wir erzählt, ich würde zu einer erfundenen Friedenstruppe der UN gehören. Ich musste Noah und den Vorfall am Freitag erwähnen, damit ihnen entsprechende Hinweise auffallen würden. Aber was auch immer der Ire aus dem jüngeren Kerl herausbekommen hat, war nicht kompromittierend.«
    »Der Yard und Five fragen sich angesichts des Zugs bei Novi Sad, ob Vorfall Zwanzig womöglich einen Anschlag auf eine unserer Bahnlinien vorsieht. Könnte Serbien ein Probelauf gewesen sein?«
    »Das habe ich mich auch gefragt, Sir. Doch eine solche Operation würde keinen großartigen Test erfordern. Außerdem konnte der Partner des Iren die Weiche innerhalb von etwa drei Minuten manipulieren. Unsere Signalsysteme hier dürften etwas komplexer sein als die an einer Frachttrasse in der serbischen Provinz.«
    Eine buschige Augenbraue hob sich, vielleicht aus Zweifel. Doch M sagte: »Sie haben recht. Es wirkt nicht wie ein Auftakt zu Vorfall Zwanzig.«
    »Also.« Bond beugte sich vor. »Ich würde gern umgehend via Ungarn zur Station Y zurückkehren und eine Suchaktion nach dem Iren starten. Dazu bräuchte ich zwei unserer

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