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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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dem Polizeipräsidium und tauchst hier auf. Idiot. Mach Urlaub. Geh eine Weile nach Madrid, um dunkelhäutige Mittelamerikaner, verkappte Päderasten oder Schwuchteln zu vermöbeln. Ihr anderen folgt mir.«
    Der wild gestikulierende Pascualet wurde von der Herde abgesondert, und der Gute Hirte beachtete ihn nicht weiter und sprach zu seinen Schafen:
    Â»Wir müssen leider ein paar Leuten einen Schrecken einjagen. Ohne Angst keine Zivilisation. Einen kleinen Schrecken für einen zweitklassigen Schnüffler und einen etwas größeren für eine subversive Professorin, die es nicht verdient, am Leben zu bleiben.«

19 Opfer des Alkohols oder der Metaphysik
    Kaum hatte Gualterio gesagt: »Ich werde dir mein Herz ausschütten, Plegamans«, wusste Biscuter, dass er ihm wirklich das Herz ausschütten würde, und so überraschte es ihn nicht, als er sah, wie sich der Künstleragent das Hemd aufknöpfte und ihm seinen von seltsamen Narben überzogenen Brustkorb präsentierte.
    Â»Ich sagte, dass diese Frau mich um ein Haar ins Verderben gestürzt hätte, und hier ist der Beweis. Es ist fast ein Jahr her, vielleicht anderthalb, als sie das letzte Mal hier angekrochen kam, um mich nach Arbeit zu fragen. Danach bekam ich Besuch von ein paar Schlägertypen, die wissen wollten, wo sie sich aufhielt. Ich hatte keine Ahnung. Sie glaubten mir nicht. Erst drückten sie ihre Zigaretten auf meiner Brust aus, dann nahmen sie einen Schweißbrenner. Zum Schluss glaubten sie mir, dass ich nichts wusste. Mir ging’s beschissen, Plegamans, so dreckig, dass ich nach Andorra zurückgegangen bin, nur um mich irgendwo zu verstecken. Erst mithilfe mehrerer Psychiater konnte ich meine Depressionen überwinden.«
    Kaum war Gualterio verstummt, forderte Biscuter ihn zum Weiterreden auf:
    Â»Ist das alles?«
    Â»Das ist alles«, bestätigte Gualterio und ließ den Kopf sinken. Sein ganzer Körper schien sich unter der Last der schrecklichen Erlebnisse zu beugen.
    Biscuter beschloss, dass es an der Zeit war, gemeinsam mit Carvalho Bilanz zu ziehen, gemäß einem
Timing
, das er seinem schläfrigen Partner am anderen telefonischen Ufer von Vallvidrera mitteilte.
    Â»Es gab eine Zeit der getrennten Ermittlungen, jetzt geht es darum, unser Wissen zu vereinen und neue Wege einzuschlagen, vor allem, nachdem Roccos Leiche aufgetaucht ist. Das wussten Sie nicht, Chef? Kam gerade im Radio. Zwischen dem Ende der letzten und dem Beginn der ersten Sportsendung am nächsten Tag höre ich fast immer Radio.«
    Â»Das heißt, du schläfst, wenn die Sportsendungen laufen?«
    Â»Nein, im Gegenteil, die mag ich am liebsten.«
    Biscuter gelang es, Carvalho zum Sitzen zu bewegen, um ihm die Ergebnisse seiner Nachforschungen, die nach wie vor offen waren und alle möglichen Konsequenzen mit möglicherweise überraschendem Ausgang nach sich ziehen konnten, leichter verdaulich zu machen.
    Â»Nehmen wir einmal an, Chef, wir einigen uns darauf, dass Dorotea Samuelson hier war, weil Rocco, ihr Exmann, sie dazu angestiftet hat, dann schließe ich daraus, dass die zuvor erwähnte Samuelson viel mehr weiß, als sie gesagt hat, und sich möglicherweise sogar in Gefahr befindet. In der Welt des Showbusiness habe ich drei Leute getroffen, die das Mädchen kannten, das Emmanuelle sein sollte. Gualterio, der Künstleragent. Vor nicht mal einer halben Stunde hat er gesungen und mir verraten, dass ihn sein Einsatz für Helga beinahe die Gesundheit ruiniert hätte. Pepita de Calahorra, der große Star des spanischen Chansons und letzte Eigentümerin des La Dolce Vita, hatte auf jeden Fall bis vor Kurzem mit Helga zu tun. Außerdem hat sie sich mit einem dicken, reichen Argentinier getroffen, der sich dumm gestellt und sie ganz unschuldig gefragt hat, ob sie Helga kennen würde. Können Sie sich einen Reim darauf machen, Chef? Diese Frau, sie möge in Frieden ruhen, diese Emmanuelle war gefährlicher als Aids, und schon der kleinste Kontakt konnte einen ins Unglück stürzen. Abgesehen davon wimmelt es hier nur so von Argentiniern, die alles über Helga Muchnik wissen. Sie sehen anders aus, Chef, völlig anders als ich, und deshalb sollten Sie die Samuelson während eines ihrer Seminare in der Universität überraschen. So hätte sie keine Ausflüchte.«
    Irritiert von so viel Initiative seines Assistenten, überlegte Carvalho, ob er

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