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Cash

Cash

Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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komplexe Frage.
    »Ihrer Tochter geht es gut?«
    »Sie ... Wir sehen einen Film.«
    »Ach ja?«
    Siebzehn Stockwerke weiter unten rasten zwei Ambulanzen, eine Hatzolah und eine von Cabrini, von entgegengesetzten Enden der Grand Street zum selben Auffahrunfall. Die Mischung aus Bier und Höhe ließen sie wie elektrische Insekten aussehen.
    »Und dem Mister, wie geht's ihm?«
    »Wem?«
    Matty zögerte. »Ihrem Mann.«
    An Minettes Ende herrschte langes Schweigen. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich habe ihn heute Nachmittag zurückgebracht, wissen Sie nicht mehr?«
    »Was?« Minettes Atem wurde deutlicher. »Wann?« Matty schritt auf dem Kunstrasen auf und ab. »Heute Nachmittag.«
    «Ich war den ganzen Tag hier.« Ihre Stimme wurde höher. »Er war hier?«
    Matty wusste, er hätte noch ein paar Minuten länger warten sollen, als dieses Arschloch ins Haus ging. »Na, jedenfalls ist er ganz«, sagte Matty, als sie anfing zu weinen. »Das zumindest kann ich Ihnen berichten.«
    Sie weinte weiter in sein Ohr, ihre nahe Verzagtheit machte ihn schwindlig.
    »Also«, hob er an und verlor dann den Faden. »Kann ich noch irgendwas für Sie tun?«
     
    Zwanzig Minuten, nachdem die Ehefrau ihren Hamster aus dem Schlafzimmer mitgenommen hatte, wurde Tristan von seinem Ex-Stiefvater abrupt aus dem Bett gerissen. »Was hast du zu meiner Frau gesagt?«
    »Was?« Tristan, der jetzt saß, packte instinktiv die Arme, die seine gepackt hatten.
    »Was? Was? Was?« Der Typ irre mit hochprozentigem Blick. »Nestor.« Ein Zischen irgendwo aus dem Schatten. »Hast du meine Frau beleidigt?« Ein Speichelregen. Tristan hatte seinen Ex-Stiefvater im Griff, damit der ihn nicht schlug, und jetzt fiel ihm auf, dass Daumen und Fingerspitzen, die sich um dessen Handgelenke schlossen, überlappten. Der Ex-Stiefvater versuchte, eine Hand zu lösen, um sie zu heben und auf Tristan niedergehen zu lassen, was dieser aus reiner Experimentierfreude unterband. Dem Mann quollen die Augen aus dem Kopf wie zwei Eier. Schwindlig erregt und erschrocken kläffte Tristan plötzlich: »ICH BIN POPEYE, DER SEHEEEE-MANN ...« Der Ex-Stiefvater versuchte wieder, seine Hand zu befreien, Tristan packte fester zu und trötete lauter: »ICH WOHNE IN DER TO-HON-NE.«
    Schließlich verwirrte es ihn so sehr, wie einfach es war, diesen Kerl festzuhalten, dass er losließ, wohl wissend, was als Nächstes kam. Sofort lag er platt auf dem Rücken, und der Geschmack von Kupfer rann ihm die Kehle hinunter. Die Schläge kamen immer weiter, sirrten hinter seinen Augen, darunter driftete Tristan ab, das Gefühl von Daumen und Fingerspitzen, die sich auf dem Handgelenk dieses Kerls überlappten, kehrte immer wieder zu ihm zurück. Irgendwann sagte die Ehefrau erneut »Nestor«, und die Schläge hörten auf, sein Ex-Stiefvater beugte sich jetzt über ihn, als wollte er ihm einen Gutenachtkuss geben. »Du bist ein Zerstörer, aber mein Heim zerstörst du nicht.« Dann stand er auf und stürmte aus dem Zimmer, gefolgt von seiner ebenso glupschäugigen Moppstielkanaille von Ehefrau.
    In der Dunkelheit, im Stillen, grinste Tristan durch blutverschmierte Zähne.

    Da der Dienstraum oben gerade mit drei anderen Festnahmen zu tun hatte, fand sich der junge Dominikaner mit dem Pappnummernschild in Handschellen zwischen Lugo und Daley im winzigen Jugendverhörraum im Parterre der Polizeistation wieder.
    »Zunächst mal, verabschiede dich vom Wagen.«
    »Was?« Der Junge fuhr zurück. »Nein. Warum nehmen Sie mir meinen Wagen weg?«
    »Die Kollegen vom Autodiebstahl nehmen ihn komplett auseinander«, sagte Daley.
    »Nee, das kann doch nicht sein.«
    »Hundertpro, wenn sie die FIN prüfen, ist sie gegen eine längst abgewrackte Schrottkarre ausgetauscht. Aber in den Augen des Gesetzes? Die machen keinen Unterschied zwischen dir und den Autoschieberarschlöchern, denen du sie abgekauft hast.«
    »Das kann doch nicht sein.«
    »Besitz macht neun Zehntel vom Jackpot.«
    »Kriminalistisch betrachtet? Dieses gefälschte Nummernschild fällt sofort unter organisierte Kriminalität. Vorgeschrieben zwanzig Jahre.«
    »Soll heißen: Jahre.«
    »Das kann aber doch nicht sein.« Der Junge schüttelte so heftig den Kopf, dass das Haar zu einem undeutlichen Schemen verwischte.
    »Das Baby, das in fünf Monaten kommt?« Lugo gähnte.
    »Sagt dann zu nem anderen Daddy«, ergänzte Daley.
    »Du bist dann Onkel Plexiglas.«
    Lädiertes Schweigen senkte sich auf den Raum.
    »Idee?«, fragte Daley schließlich.

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