Cash
laut, beide beeilten sich, die Wucht abzufedern, zunächst Yolonda.
»Was denn ...«, sagte sie lächelnd mit tiefer Stimme. »Haben Sie Angst, dass wir's Ihrer Freundin erzählen?«
»Woher wollen Sie wissen, dass ich eine habe?«
»Nicht?«
Noch immer tief verwirrt, stierte Eric die Tischplatte an, als stünde dort etwas geschrieben.
»Nicht?«
«Was?«
»Eine Freundin.«
»Doch«, antwortete er mit Nachdruck, »natürlich.«
«Na ja, selbstverständlich ist das schließlich nicht«, sagte Yolonda. »Wie heißt sie denn?«
«Alessandra, wieso?«
«Kommt sie von hier?«
»Ja, wir wohnen zusammen, aber momentan ist sie auf den Philippinen, wieso?«
«Eine Filipina?«
»Nein. Sie recherchiert da für ihren Master. Wollen Sie mir nicht erzählen, wieso Sie mich das alles fragen?«
»Wir versuchen nur, uns ein vollständiges Bild zu machen.«
«Von mir?«
»Bei laufenden Untersuchungen«, sagte Yolonda schulterzuckend, »da gibt es manchmal jede Menge Hektik und Leerlauf. Im Augenblick warten wir auf Kollegen, die vor Ort unterwegs sind. Wir schlagen nur gerade ein bisschen die Zeit tot.«
»Was für ein Master?«, fragte Matty.
»Geschlechterstudien. Sie forscht über eine Bewegung, die Sexarbeiterinnen in Manila organisiert.«
«Sexarbeiterinnen«, sagte Yolonda. »Wie lange ist sie denn schon da drüben?«, fragte Matty. »Neun Monate oder so«, antwortete Eric, als wäre ihm das peinlich. »Reden Sie oft? Oder mailen Sie mehr?«
«Beides ein bisschen.«
Er log, merkte Matty, ihre Beziehung lief höchstwahrscheinlich auf Sparflamme. »Entschuldigt mich.« Er stand auf, verließ den Raum und ging zu einem Kollegen. »Jimmy, in fünfzehn, zwanzig Minuten: Klopf mal an und sag, jemand am Telefon.«
»Alles klar.« Dann: »Hey« - er winkte Matty näher heran - »Hallo- ran, der Fahrer vom Häuptling, hat angerufen.«
»Und?«
»Der Polizeipräsident will wissen, ob ihr Phillip Boulware vorladet.«
«Wen?«
»Den Vater des Betrunkenen. Anscheinend waren die beiden in derselben Highschool-Footballmannschaft.«
«Verzeihung.« Matty ging wieder rein.
»Also, Eric«, sagte Yolonda, »Sie haben doch eine Weile in Binghamton gelebt.«
»Ich bin da geboren, wieso?«
»Okay, verstehen Sie das nicht falsch, ja?« Sie legte ihm wieder eine Hand auf den Arm. »Aber wir mussten das überprüfen, das ist vorgeschrieben bei Befragungen in einem solchen Fall, und ...«
»Und dann haben Sie rausgefunden, dass ich schon mal verhaftet worden bin.«
»Das liest sich wie ein Witz«, sagte sie entschuldigend. »Wollen Sie uns erzählen, was da passiert ist?«
«Muss ich?«
»Das liegt ganz bei Ihnen«, sagte Matty.
»Hören Sie, nochmals, tut mir leid, aber ich verstehe nicht, wozu das wichtig sein soll.«
»Ich dachte, wir hätten Ihnen erklärt, was hier gerade läuft, aber wenn es Ihnen lieber ist, können wir auch nur rumsitzen und Löcher in die Luft gucken«, sagte Matty.
»Also, das ist ja nicht...« Eric wollte widerstehen, aber gegen Mattys Gereiztheit kam er wieder nicht an. »Ich wüsste nicht mal, wo ich anfangen soll.«
»Ach, was soll's«, sagte Matty, »schießen Sie einfach los.«
»Ich weiß nicht«, fing Eric an. Es schien ihm peinlich zu sein, dass er nicht hart bleiben konnte. »Vor etwa fünfzehn Jahren? Da bin ich dort aufs selbe College gegangen wie Harry Steele. SUNY Binghamton. Ich war Erstsemester, er im Examensjahr, und er hatte da so eine Idee, er suchte jemanden, der bereit war, sein Zimmer in eine Cocktailbar zu verwandeln ... Mein Vater hatte eine Grillbar in Endicott, einer Nachbarstadt, ich war also praktisch mit so was aufgewachsen, und da habe ich mich bereit erklärt. Habe ein paar Vorräte angeschafft, farbige Glühbirnen reingeschraubt, ein paar Kartentische reingestellt und von der Wrestling-Mannschaft einen Türsteher engagiert...«
»Im Ernst?« Matty richtete sich auf und legte den Kopf schief.
»Ja, ja.« Eric lächelte scheu, worauf Matty wieder einmal die Macht bewusst wurde, die er hier drin besaß: Die Laune dieses Mannes stieg und fiel mit Mattys Tonfall. »Rund fünfhundert die Woche eingefahren.«
»Und wie lange dauerte es, bis Sie erwischt wurden?«, fragte Yolonda.
»Etwa einen Monat.«
»Und dafür wurden Sie eingebuchtet?«
»Nein, nein. Das College sagte, wenn ich auf der Stelle abgehe, zeigen sie mich nicht an. Und das habe ich gemacht.«
«Und Steele?«, fragte Matty.
»Nichts. Steele war bloß der Geldgeber, hat den Raum nie betreten,
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