Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cash

Cash

Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
Vom Netzwerk:
oder den Anwalt oder die Asthmamedizin oder was auch immer. Die Einzigen, die niemanden in der Zelle zu kennen schienen und den Sturm auf die Gitter nicht mitmachten, waren Eric und ein glutäugiger Schwarzer mit Hängebauch und Dachschaden, der sein T-Shirt um den Hals geschlungen hatte wie ein Penner, dabei planlos das Areal abschritt und vor sich hin flüsterte. Die ganze Zeit schon hatte dieser Typ Eric auf dem Kieker, kam alle paar Minuten auf ihn zu und wollte seinen Toll-Collect-Pass borgen; Eric ignorierte ihn und zog sich in seine eigene Benommenheit zurück, als würde er sich im Bett verkriechen: Er war in die Eldridge Street 27 gelaufen, weil... Die 911 hatte er nicht gewählt, weil ... Nach Ike Marcus hatte er sich nicht erkundigt, weil ... Er hatte von vorn bis hinten gelogen, weil... So verloren war er in seinen bruchstückhaften, unvollständigen Grübeleien, dass nicht einmal der Käfiggestank zu ihm durchdrang, nicht einmal die gelegentliche Phantomhand in seinen Taschen, die gemurmelten Drohungen; nicht einmal sein Name, der immer wieder von der schwangeren Vollzugsbeamtin ausgerufen wurde, reichte aus, um ihn aus dem Waldbrand seines Kopfes herauszuziehen, bis sie schließlich bellte: »Hey, Cash, wollen Sie nun nach Hause oder nicht?«
    Als er hochsah, erblickte er die beiden Polizeibeamten, die ihn drei Stunden zuvor hergebracht hatten und es auch diesmal entsetzlich eilig hatten, wieder zu verschwinden.
     
    Den ersten Wagen hielten sie bei Sonnenuntergang an, das Lebensqualitäts-Taxi war zufällig da, als ein Nissan Sentra vor den Dubinsky-Genossenschaftshäusern am östlichen Ende der Grand Street eine rote Ampel überfuhr; den konnten sie ohne viel Federlesens rauswinken.
    Lugo und Daley, auf dieser Tour als Duo unterwegs, näherten sich dem Wagen von beiden Seiten und leuchteten überkreuz auf die Vordersitze. Als der Fahrer, ein feister Weißer mit Bürstenschnitt und einer geöffneten Schachtel von Kentucky Fried Chicken auf dem Schoß, das Fenster herunterkurbelte, kamen die Grasfahnen herausgekräuselt wie aus einer Sauna. »Ihr wollt mich wohl verscheißern.« Lugo wich zurück und fächelte sich Luft zu. »Jetzt macht mir meinen Job doch bitte nicht ganz so leicht.«
    »Tschuldigung.« Der Fahrer lächelte, weiter kauend, mit einem dunkelfettigen Fleischfetzen im Mundwinkel.
    Der Beifahrer, ebenfalls weiß, ein ausdrucksleerer Teenager in XXL-Fummel und seitwärts gedrehter Basecap von den Negro Leagues, starrte in den Lichtkegel von Daleys Taschenlampe wie auf eine Kinoleinwand.
    »Aussteigen.« Lugo öffnete die Fahrertür, doch statt zu parieren, wischte sich der Fahrer geflissentlich das Fett von jedem einzelnen Finger und beugte sich dann über den Schoß seines Beifahrers, um das Handschuhfach zu öffnen.
    »Hey!« Lugo stürzte nach vorn, packte den Mann mit einer Hand am Handgelenk und tastete mit der anderen nach seiner Pistole.
    »Schon gut, schon gut«, sagte der Fahrer entspannt, »ich wollte ja nur meinen Ausweis rausholen.«
    »Hab ich danach gefragt?« Lugo schrie beinahe, seine noch zittrige Hand umfasste den Griff seiner Glock.
    Der Junge auf dem Beifahrersitz grinste jetzt, die Augen rot und fahrig. Daley langte ins Auto, zog ihn am Schlafittchen raus, ließ ihn bäuchlings auf die Kühlerhaube fallen und hielt ihn dort fest.
    »Ich sagte, raus aus der Kiste«, bellte Lugo und zog so heftig an der geöffneten Fahrertür, dass sie von selbst wieder zuschlug.
    Der Fahrer wartete, bis Lugo einen Schritt zurückgetreten war, und kam mit erhobenen Händen raus. »Ich bin einer von euch, Freunde«, sagte er ruhig und kaute noch immer auf dem Hühnchen herum. »Guckt ins Handschuhfach.«
    Kurz darauf kam Daley mit einem Polizeiausweis von Lake George, New York, zurück, den er Lugo über das Wagendach hinweg zeigte.
    »Wie abgedreht muss man sein, um danach zu greifen«, bollerte Lugo. »Ausgerechnet Sie wissen es nicht besser?«
    »Tut mir leid«, sagte der Fahrer. »Wir sind den ganzen Tag unterwegs, ich bin ein bisschen weggetreten.«
    «Weggetreten, hm? Da drin qualmt es.« Der Teenager gluckste.
    »Bloß was ganz was Kleines als Wegzehrung«, sagte der Kollege aus dem Norden.
    »Was ganz was Kleines, hm?« Lugo hatte diesen Ausdruck schon zwei Jahre nicht mehr gehört.
    »Darf ich dich mal was ganz was klein bisschen anderes fragen?«, sagte Daley zu dem aufgemotzten Teenager. »Was genau ist eigentlich Küheschubsen?«
    »Was denn das für ne Scheißfrage?«, brummte

Weitere Kostenlose Bücher