Cash
und wir. Billy versucht, mit Ike ein bisschen Baseball zu spielen, der kriegt die Nase nicht aus seinem Buch, ja, macht wieder auf Spion, aber Billy kriegt ihn auf die Beine, und Ike fängt und wirft, als hätte er es mit einem zwei Tonnen schweren Medizinball zu tun, da sieht er urplötzlich was über Billys Schulter, schmeißt den Handschuh hin, rast wie wild los und brüllt >Hey! Hey!< Wir denken, was zum Teufel ist denn hier los? Rennen hinterher. Da haben ein paar Jugendliche meine Tochter bei einer Baumreihe eingekesselt und wollen ihr all ihre kleinen Sachen wegnehmen, Ohrringe, Glücksarmband, Handtäschchen, sie muss solche Angst gehabt haben, dass sie nicht mal um Hilfe rufen konnte, aber Ike, Ike hat sich praktisch auf sie geworfen, und die waren größer als er, ist dazwischen wie eine Kreissäge, aber bevor sie sich so weit berappelt hatten, dass sie seinen schmalen Arsch versohlen konnten, sahen sie Billy und mich hinterherkommen, also mussten sie zusehen, dass sie Land gewinnen. Nur Ike, der ist noch nicht fertig mit ihnen, jagt sie durch den halben Park und schreit ihnen hinterher: >Lasst eure Scheißpfoten von meiner Schwester!<«
»Seine Schwester.« Minette verlor sich irgendwo und kehrte lachend zurück. »Und meine Tochter, die hört ihn, dreht sich zu mir um und fragt: >Ike hat eine Schwester?<«
»Wow.« Matty fuhr sich mit den Fingern über den Mund.
»Tja, und da war das Eis im Grunde gebrochen. Als wir dann zwei Jahre später geheiratet haben? Da haben die beiden Kinder gemeinsam einen Toast auf uns ausgebracht.«
Matty saß da, das Gesicht in die Hände geschmiert.
»Wissen Sie, was ich an Ike am meisten geliebt habe? Er war sowieso ein prima Kerl, aber das Beste an ihm war, dass er irgendwie immer so bereit war. Ergibt das überhaupt einen Sinn?«
»Klar«, sagte Matty.
»Und die, die Ironie ist, Billy hat sich ständig Vorwürfe gemacht, weil er Ike verlassen hat, aber in Wahrheit? War der Junge gut geraten. Großes Herz und glücklich. Viel glücklicher als seine beiden Eltern.« Minette schlang ihre Tasche über die Schulter und wischte sich die Augen. »Das ergibt sich einfach manchmal, nicht wahr?«
Kurz nachdem sie gegangen war, murmelte Yolonda in ihren Computerbildschirm: »Wenn der Junge ein bisschen weniger >bereit< gewesen wäre, dann könnte er jetzt noch am Leben sein, nicht wahr?« Und sah zu Matty hinauf, der noch immer zur Tür blickte.
Eric saß allein im Kellerbüro des Cafe Berkmann, der schmale Spanholztisch vor ihm vollgestellt mit Kleingeldtürmen und leeren Umschlägen. Obwohl seine Knöchel über Nacht noch so weit angeschwollen waren, dass die Haut aufbrach, flogen seine Finger in kontrolliertem Wahn über den Taschenrechner. Und wie immer, wenn er aus dem Trinkgeldtopf klaute, bewegte er nicht nur die Lippen, sondern flüsterte die Zahlen laut, als wäre der TI-36 eingeweiht in den Betrug.
Als Geschäftsführer fand er, im Gegensatz zu beispielsweise einem Barkeeper, Stehlen - oder Abschöpfen, wie er es nannte - schwierig, aber Eric tat, was er konnte. Beim Aufteilen der abendlichen Trinkgelder ging es darum, den Gegenwert eines »Punktes« zu ermitteln, der sich jeden Abend änderte, und darum, welchen Bruchteil eines Punktes der jeweiligen Position zugesprochen war.
Oberkellner, Hostessen und Kellner verdienten einen ganzen Punkt pro Stunde, Jobs mit geringerem Status von einem Dreiviertel- bis zu einem Viertelpunkt. Gestern Abend hatte das Restaurant 2.400 $ Trinkgeld eingenommen, was durch 77, die Gesamtpunktzahl aller im Saal Beschäftigten, einen Punktwert von 31,16 $ ergab. Ein Kellner bekam also nach einer Acht-Stunden-Schicht 31,16 $ mal acht volle Punkte, machte 249,28 $; einem Abräumer, der einen Drittelpunkt bekam, standen für dieselbe Zeit rund 83 $ zu.
Jedoch, jedoch ... Wenn Eric sich »verrechnete« und den Punktwert nicht auf 31,16 $, sondern auf, sagen wir, 29,60 $ festsetzte (keiner prüfte das je nach), dann nahm derselbe Kellner nur 236,80 $ und der Abräumer 78,93 $ mit nach Hause und Eric sackte noch mal 13 $ und 4 $ ein mal zehn Kellner, sieben Abräumer und alle weiteren Beteiligten, so dass Eric jede Woche mit einigen Hundert extra zur Tür hinausspazierte. Um nicht erwischt zu werden, brauchte es Selbstbeherrschung, das war der Schlüssel: Er schöpfte nie mehr als 1,50 $ vom eigentlichen Punktwert ab und zog die Nummer selten mehr als einmal die Woche durch, höchstens zweimal. Doch seit dem Überfall hatte er sich
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