Cashkurs
schließlich auch kein Kfz-Ingenieur sein, um ein Auto zu fahren), aber ein paar Grundkenntnisse sind auf jeden Fall hilfreich. Ich will daher versuchen, Ihnen die wichtigsten Zahlen ein wenig aufzuschlüsseln. Wenn Sie – was ich durchaus verstehen kann – darauf überhaupt keine Lust haben, blättern Sie direkt weiter zu den goldenen Regeln der Aktienanlage. Und keine Sorge: Ich kenne etliche erfolgreiche Marktteilnehmer, die können heute noch kein KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) vom KGB (sowjetischer Geheimdienst) unterscheiden. Aber es schadet gewiss nicht, wenn Sie ein wenig mehr von »Ihrer« Aktiengesellschaft verstehen wollen.
Kennzahlen, die Sie kennen sollten
Ein paar Kennzahlen sollten Sie schon kennen, bevor Sie an der Börse investieren. Vielleicht heißen die deshalb so …
Bei den Kennzahlen eines Unternehmens handelt es sich um Zahlenwerte, die auf einen Blick sagen sollen, wie es um die Finanzen des Unternehmens und seine Bewertung an der Börse bestellt ist.
Bilanzstruktur
»Traue keiner Bilanz, die du nicht selbst gefälscht hast« – nach diesem Motto haben scheinbar hochsolide und von Börsenaufsicht und Ratingagenturen überwachte Unternehmen wie Enron, MCI Worldcom oder Parmalat Pleiten aufs Parkett gelegt, die jeden Scheckbetrüger vor Neid erblassen lassen. Deshalb gleich an dieser Stelle ein Wort zur Bilanz: Zwar sollen internationale Bilanzierungsstandards für ein Höchstmaß an Transparenz sorgen. Aber noch immer gibt es genügend kreativen Freiraum für »Bilanz-Designer«, um dem Zahlenwerk den letzten Feinschliff zu verpassen.
Ein häufig anzutreffendes Beispiel ist die Bilanzpolitik nach dem Abgang eines Vorstandsvorsitzenden. Im Jahr des Chefwechsels werden gerne die Abschreibungen (Abschreibungen: Verluste, die entstehen, weil irgendetwas im Besitz des Unternehmens an Wert verloren hat. Das können zum Beispiel Immobilien, Anteile an anderen Unternehmen oder einfach nur der in die Jahre gekommene PC der Vorstandssekretärin sein …) vorgezogen, um mit einem drastischen Gewinneinbruch zu verdeutlichen, welche Altlasten der scheidende Boss hinterlassen hat. Das hat für den neuen Vorstandschef den Vorteil, dass durch die vorweggenommenen Abschreibungen der Gewinn in den Folgejahren stärker ansteigt, was natürlich als unfehlbares Zeichen seiner Führungskompetenz zu interpretieren ist …
Die Bilanz eines Unternehmens umfasst im Wesentlichen zwei Seiten. Auf der linken Seite steht der ganze Besitz des Unternehmens (Aktiva), auf der rechten Seite steht, wie dieser Besitz finanziert ist (Passiva), nämlich zum Teil mit Eigenkapital, das wäre zum Beispiel das Geld der Aktionäre, und zum Teil mit Schulden wie Bankkrediten oder Anleihen, die für Investitionen aufgenommen wurden.
Ein wichtiges Kriterium beim Betrachten der Bilanz ist die Eigenkapitalquote. Also die Antwort auf die Frage: Ist der ganze Laden nur auf Pump finanziert, oder haben die auch ordentlich eigenes Geld? Die Eigenkapitalquote ist der prozentuale Anteil des Eigenkapitals an der gesamten Bilanzsumme. Dabei sollten Sie bedenken, dass das Eigenkapital die »eiserne Reserve« für schlechte Zeiten darstellt. Je üppiger dieses Polster ausfällt, umso besser kann das Unternehmen auch einmal ein schlechtes Geschäftsjahr verkraften.
Umgekehrt ist bei einem hohen Schuldenstand nicht nur die Reserve schneller aufgebraucht, sondern der Gewinn des Unternehmens ist dann auch in hohem Maße abhängig von den Kapitalmarktzinsen. Bei hoch verschuldeten Unternehmen kann eine Hochzinsphase deutliche Spuren in der Gewinnrechnung hinterlassen. Ein großer Teil des Gewinns geht dann nämlich erst mal an Geldverleiher wie Banken, bevor Sie als möglicher Aktionär (Eigenkapitalgeber) mit einer Dividende verwöhnt werden.
Tipp Eigenkapitalquote ist nicht gleich Eigenkapitalquote, denn je nach Branche des Unternehmens kann die Bilanzstruktur ganz anders gestaltet sein. So haben Dienstleister, die mit einem vergleichsweise niedrigen Kapitaleinsatz auskommen, da sie meist keine millionenteuren Maschinen oder Fabrikanlagen brauchen, oft eine sehr hohe Eigenkapitalquote. Auf der anderen Seite müssen Energieversorger, Telekommunikationsunternehmen oder Industriemultis Milliardensummen in Ausrüstung und Infrastruktur investieren, so dass dort ein höherer Bedarf an Fremdkapital vorhanden ist. Daher bitte immer die Eigenkapitalquote eines Unternehmens mit derjenigen von anderen Unternehmen aus derselben Branche
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