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Caspar Hauser oder Die Traegheit des Herzens

Caspar Hauser oder Die Traegheit des Herzens

Titel: Caspar Hauser oder Die Traegheit des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Wassermann
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einen großen Beweis von Vertrauen gebe.«
    Er schaute den Polizeileutnant durchbohrend an. Hickel nickte mechanisch. Über Feuerbachs Stirn senkte sich plötzlich eine Wolke ahnungsvoller Sorge. »Gehen Sie,« befahl er kurz.
Die Reise wird angetreten
    Am selben Abend suchte Hickel den Lehrer auf und teilte ihm mit, daß der Soldat Schildknecht von nun an den Hauser überwachen werde. Caspar war nicht daheim, und auf die Frage nach ihm antwortete Quandt, er sei ins Theater.
    »Schon wieder ins Theater!« rief Hickel. »Das dritte Mal seit vierzehn Tagen, wenn ich recht zähle.«
    »Er hat eine große Vorliebe dafür gefaßt,«erwiderte Quandt; »beinahe sein ganzes Taschengeld verwendet er dazu, um Billette zu kaufen.«
    »Mit dem Taschengeld wird es, nebenbei bemerkt, nächstens hapern,« sagte der Polizeileutnant, »der Graf hat mir diesmal nur die Hälfte des vereinbarten Monatswechsels geschickt. Offenbar wird ihm die Sache zu kostspielig.«
    Stanhope hatte von Anfang an die für Caspar zu verwendenden Gelder an Hickel gesandt.
    »Kostspielig? Dem Lord? Einem Pair der Krone Großbritannien? Diese Lappalie kostspielig!« Quandt riß vor Erstaunen die Augen auf.
    »Das erzählen Sie nur keinem andern, sonst denkt man, Sie machen sich lustig über den Grafen,« sagte die Lehrerin. Neugierig prüfend schaute sie den Polizeileutnant an. Dieser aalglatte und geschniegelte Mann war ihr stets merkwürdig und reizvoll erschienen. Er brachte das bißchen Phantasie, das sie hatte, in Bewegung.
    »Kann nicht helfen,« schloß Hickel unwirsch das Gespräch, »es ist so. Der Postzettel liegt bei mir zur Einsicht vor. Der Graf wird schon wissen, was er tut.«
    Als Caspar nach Hause kam, fragte ihn Quandt, wie er sich unterhalten habe. »Gar nicht, es war soviel von Liebe in dem Stück,« antwortete er ärgerlich. »Ich kann das Zeug nun einmal nicht ausstehen. Da schwätzen sie und jammern, daß einem ganz dumm wird, und was ist das Ende? Es wird geheiratet. Da will ich lieber mein Geld einem Bettler schenken.«
    »Vorhin war der Herr Polizeileutnant hier und hat uns eröffnet, daß der Graf Ihre Bezüge erheblich gemindert hat,« sagte Quandt. »Sie werden also alle Ausgaben überhaupt beschränkenund den Theaterbesuch, fürchte ich, ganz aufgeben müssen.«
    Caspar setzte sich zum Tisch, aß sein Abendbrot und sagte lange nichts. »Schade,« ließ er sich endlich vernehmen, »übernächste Woche ist der ›Don Carlos‹ von Schiller. Das soll ein herrliches Stück sein, das möcht’ ich noch sehen.«
    »Wer hat Ihnen denn mitgeteilt, daß es ein herrliches Stück ist?« fragte Quandt mit der nachsichtig überlegenen Miene des Fachmannes.
    »Ich hab’ Frau von Imhoff und Frau von Kannawurf im Theater getroffen,« erklärte Caspar, »beide haben es gesagt.«
    Die Lehrerin hob den Kopf: »Frau von Kannawurf? Wer ist denn das nun wieder?«
    »Eine Freundin von der Imhoff,« erwiderte Caspar.
    Quandt besprach sich mit seiner Frau noch bis Mitternacht darüber, wie man sich in die vom Grafen getroffene Veränderung zu schicken habe. Es wurde vereinbart, daß Caspar von jetzt ab den Mittagstisch für zehn und den Abendtisch für acht Kreuzer haben solle. »Wenn das so ist, wie der Polizeileutnant sagt, muß ich in jedem Fall draufzahlen,« meinte die Lehrerin.
    »Wir dürfen nicht vergessen, daß der Hauser im Essen und Trinken wirklich beispiellos mäßig ist,« versetzte Quandt, dessen Redlichkeit sich gegen eine unrechtmäßige Beschränkung sträubte.
    »Macht nichts,« beharrte die Frau, »ich muß doch immer um so viel mehr in der Küche haben, daß ein Hungriger satt wird. Das krieg’ ich nicht geschenkt.«
    Am andern Nachmittag brachte Hickel das Monatsgeld. Er und Quandt traten gerade inden Flur, als Caspar, zum Ausgehen fertig, aus seinem Zimmer herunterkam. Vom Lehrer gefragt, wohin er gehe, antwortete er verlegen, er wolle zum Uhrmacher, seine Uhr sei nicht in Ordnung, und er müsse sie richten lassen. Quandt verlangte die Uhr zu sehen, Caspar reichte sie ihm, der Lehrer hielt sie ans Ohr, beklopfte das Gehäuse, probierte, ob sie aufzuziehen sei, und sagte schließlich: »Der Uhr fehlt ja nicht das mindeste.«
    Caspar errötete und sagte nun, er habe sich bloß seinen Namen auf den Deckel gravieren lassen wollen; doch er hätte ein viel geschickterer Heuchler sein müssen, um seinen Worten den Stempel der Ausflucht zu nehmen. Quandt und Hickel sahen einander an. »Wenn Sie einen Funken Ehrgefühl im Leib haben, so

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