Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Tess und Noah erklärt, was er der Basislösung hinzugefügt hat, und sie haben ihm die Rezeptur für Okers Lösung überreicht. Auf diese Weise können wir den Forschern in den Provinzen erklären, was wir verwendet haben, und im Dorf kann mit der Heilung der übrigen Patienten begonnen werden. Wieder arbeiten wir alle zusammen, um zu erreichen, was uns alleine viel mehr Zeit gekostet hätte.
»Durch uns habt ihr ja noch einen zusätzlichen Testlauf«, hat Leyna zum Steuermann gesagt. »Wenn du wiederkommst, haben wir alle Patienten geheilt, und du kannst sie zurück zu ihren Familien bringen.« Sie klang, als hätte sie niemals an Xander gezweifelt, als hätten sie nicht geplant, ihn in die Verbannung zu schicken oder Schlimmeres, weil er die Camassia-Arznei vernichtet hatte. Doch es stimmt, dass das Heilmittel dem Dorf gehört. Anna und Oker, Colin und Leyna, Tess und Noah – alle haben zu dessen Entwicklung beigetragen.
Beim Start sitze ich auf dem Platz des Boten, doch sobald wir in der Luft sind, schnalle ich mich ab, knie mich neben Ky und nehme seine Hand fest in meine. Er betrachtet eine Wand des Schiffes, und ich sehe, dass etwas daraufgezeichnet ist, ein richtiges Bild, nicht nur Kerben oder Markierungen. Leute stehen beisammen und blicken hinauf zum Himmel, der auf sie herunterzufallen scheint. Einige Leute – nicht alle – haben die Himmelsstücke aufgehoben und an die Lippen gesetzt.
»Sie trinken den Himmel«, erklärt Ky. »Das hat Indie darüber gesagt. Auch in einem unserer Schiffe war so ein Bild.« Er atmet tief durch. Seine Stimme klingt schon kräftiger. »Das Bild erzählt, wie Sie dem Feind Wasser gebracht haben, damit er die Seuche überlebt, stimmt’s?«, fragt er den Piloten.
Minutenlang antwortet der Steuermann nicht. Dann ertönt seine Stimme aus dem Lautsprecher im Frachtraum. Sie klingt leise und traurig, und ich denke bei mir, dass wir vielleicht zum ersten Mal seine wahre Stimme hören. »Die Gesellschaft hat uns weisgemacht, durch die Seuche würde der Feind krank und leicht zu besiegen«, erzählt der Steuermann. »Sie sagte, wir sollten die Feinde in Gefangenschaft nehmen. Doch als die Seuche ausbrach, erhielten wir den Befehl, uns nicht weiter um die Leute zu kümmern.«
»Und Sie haben sie sterben sehen«, sagt Xander.
»Ja«, bestätigt der Steuermann. »Als einige von uns das Risiko auf sich nahmen, den Bewohnern im Feindesland Wasser zu bringen, tranken manche es nicht einmal, obwohl eine Dürre herrschte. Sie trauten uns nicht. Warum auch? Jahrelang hatten wir uns gegenseitig umgebracht.«
Ich denke an diese durstigen Menschen, sterbende Menschen, die nichts als den Regen zu trinken hatten, der einfach nicht fallen wollte.
»Es hat also wirklich einen Feind gegeben«, sagt Ky. »Aber nachdem der besiegt war, übernahm die Erhebung dessen Rolle. Haben Sie die Farmer auf der Hochebene in den Canyons getötet, um ihre Deckung zu wahren?«
»Nein«, erwidert der Steuermann. »Das war die Gesellschaft. Jahrelang missbrauchte die Gesellschaft die Bewohner der Äußeren Provinzen als Puffer zwischen den Hauptprovinzen und dem Feind.« Er räuspert sich. »Ich hätte begreifen sollen, dass wir nicht länger wahre Rebellen waren, als wir so viele Anomalien und Aberrationen dem sicheren Tod preisgaben. Wir redeten uns ein, die Zeit sei noch nicht reif, uns zu offenbaren, aber wir hätten es wenigstens versuchen sollen.«
Kys Hand, warm in der Dunkelheit, schließt sich fester um meine. Wenn die Erhebung eingeschritten wäre, hätten so viele Menschen gerettet werden können! Kys Familie, Vick, der Junge, der die blaue Tablette nahm …
»Doch ihr müsst wissen, dass die Erhebung tatsächlich existiert«, fährt der Steuermann fort. »Die Wissenschaftler, die für die Resistenz gegen die Wirkung der roten Tablette gesorgt haben, waren echte Rebellen. Auch deine Urgroßmutter, Cassia, und noch viele andere, besonders beim Militär. Doch als wir begannen, die Gesellschaft zu unterwandern, unterwanderte sie uns ebenfalls. Inzwischen weiß man nicht mehr, wer zu wem gehört.«
»Aber wer hat das Virus in das Trinkwasser der Städte geschleust?«, frage ich. »Wer hat versucht, die Erhebung zu sabotieren, wenn nicht die Gesellschaftssympathisanten oder diejenigen, die wollten, dass die Rebellion scheitert?«
»Es scheint«, sagt der Steuermann, »dass das Wasser von übereifrigen Unterstützern der Erhebung verseucht wurde, denen die Rebellion nicht schnell genug ging. Sie
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