Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
sondern gerade, weil ich ihn liebe. Ich habe ihn im Stich gelassen, weil ich für ihn nicht tun konnte, was Ky für mich tun kann. Ich kann Xander nicht zeigen, frei zu sein.
Als wir in Camas landen, erfahre ich, dass ich bald schon wieder weiterfliegen werde. Wir haben nur so lange Aufenthalt, wie Xander zur Herstellung weiterer Heilmitteldosen braucht, damit ich sie mit nach Keya nehmen kann. Und obwohl ich mich nach der Rückkehr zu meiner Familie gesehnt habe, fällt es mir schwer, Ky und Xander zurückzulassen.
»Ich komme bald wieder«, verspreche ich beiden, und tatsächlich werde ich schon in wenigen Stunden zurück sein, anstatt erst in Tagen oder Wochen. Dennoch sieht mich Ky betrübt an, und auch mir ist schwer ums Herz. Die vielen Abschiede haben ihre Spuren hinterlassen.
Auch Xander geht es so. In einer Hinsicht hatte Hunter recht. Wir alle mussten zu oft Abschied nehmen.
Wir landen auf einem langgestreckten Feld, nicht mal einer Landebahn, nahe der kleinen Stadt, in der meine Eltern in Keya gewohnt haben. Als der Pilot, der Medic und ich das Schiff verlassen, werden wir schon von mehreren Personen erwartet. Eine von ihnen, die etwas kleiner ist als die anderen, rennt los, und ich renne ebenfalls.
Er fällt mir in die Arme. Er ist gewachsen, aber ich bin noch immer größer als er, ich, die Ältere, die nicht hier war, um ihn zu beschützen. »Bram«, bringe ich hervor, und dann ist meine Kehle so zugeschnürt, dass ich nichts mehr sagen kann.
Ein Offizier der Erhebung erscheint hinter ihm. »Wir haben ihn erst kurz vor Ihrer Ankunft gefunden.«
»Danke«, stoße ich hervor, und dann lehne ich mich ein wenig zurück und sehe mir Bram genauer an. Er starrt zu mir hinauf. Er ist furchtbar schmutzig und sehr dünn, und seine Augen haben sich verändert, sind dunkler geworden. Doch er ist immer noch derselbe wie früher. Ich drehe ihn um und stoße einen Seufzer der Erleichterung aus, als ich das rote Mal in seinem Nacken entdecke.
»Mama und Papa sind beide krank geworden«, erzählt Bram. »Obwohl sie geimpft waren.«
»Ich glaube, wir haben ein Heilmittel gefunden«, sage ich und atme tief durch. »Es ist noch nicht zu spät, oder? Weißt du, wo sie sind?«
»Ja«, sagt Bram und schüttelt dann den Kopf. Seine Augen füllen sich mit Tränen. und ich sehe ihm an, dass ich nicht mehr weiterfragen soll.
»Komm mit«, sagt er und rennt wieder los, so wie er es immer wollte, draußen im Freien, die Straßen der Stadt entlang. Kein Funktionär hält ihn auf, und auch wir anderen nicht, als wir unter einer gleißenden, unbarmherzigen Sonne durch die menschenleeren Straßen eilen.
Zu meiner Überraschung führt mich Bram in das winzige, leere Museum der Stadt, anstatt ins medizinische Zentrum. Die Vitrinen im Inneren sind alle aufgebrochen worden, die Glasscherben allerdings weggefegt. Alle ausgestellten Artefakte sind gestohlen worden, und die Landkarte der Gesellschaft wurde beschrieben und verändert. Ich hätte mir gerne näher angesehen, was jetzt darauf eingezeichnet ist, aber wir haben keine Zeit.
Im ganzen Raum liegen Versunkene auf dem Boden. Einige Leute blicken auf, als wir hereinkommen, entspannen sich aber, als sie Bram sehen. Er gehört hierher.
»Im medizinischen Zentrum war kein Platz mehr«, erklärt Bram, »deswegen musste ich sie hierherbringen. Ich hatte Glück, weil ich Gegenstände zum Handeln hatte. Andere Leute mussten versuchen, so gut wie möglich zu Hause zurechtzukommen. Hier haben wir aber wenigstens zeitweise Infusionsbeutel.«
Da liegt sie. Meine Mutter. Aber was ist mit ihm ? Meinem Vater?
Bram kniet sich zu ihr.
Sie sieht aus, als wäre sie tief versunken. Ich muss eine Panikattacke unterdrücken. In ihrem kreidebleichen Gesicht bilden die Sommersprossen einen deutlichen Kontrast. Durch ihr Haar ziehen sich mehr graue Strähnen als in meiner Erinnerung, aber durch die offenen Augen sieht ihr Gesicht jung aus, verletzlich und unserer Hilfe bedürftig.
»Ich drehe sie alle zwei Stunden um, wie man es mir beigebracht hat«, erzählt Bram, »dadurch sind die offenen Stellen an ihrem Körper verheilt. Sie waren wirklich schlimm.« Er spricht sehr schnell. »Aber schau mal, sie hat jetzt einen Infusionsbeutel. Das ist gut, oder? Die Dinger sind teuer.«
»Ja«, sage ich. »Das ist sehr gut.« Dann drücke ich ihn wieder an mich. »Wie hast du das geschafft?«, frage ich.
»Ich habe mit den Archivisten Geschäfte gemacht«, erzählt Bram.
»Ich dachte, die
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