Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
hinaufstiege und hinunterspränge, würde er mich vielleicht trudelnd mit emportragen.
Immer, wenn ich mir vorstelle zu fallen, denke ich automatisch ans Fliegen.
Bestimmt könnte ich fliegen, wenn ich mir Flügel bauen könnte.
Als ich auf dem Weg zur Airtrain-Haltestelle das Dickicht des Hügels passiere, spricht mich eine Frau an, eine Arbeiterin mit Erde an den Knien ihrer Zivilhose, so wie meine Mutter nach der Arbeit. »Cassia Reyes?«, fragt sie. Sie ist jung, nur wenige Jahre älter als ich, und sie hält eine Pflanze in der Hand, von der Wurzeln herunterhängen. Jätet sie oder pflanzt sie?, frage ich mich.
»Ja?«, antworte ich.
»Ich muss mit Ihnen reden«, sagt die Frau. Ein Mann kommt hinter ihr den Hügel herunter. Er ist im selben Alter wie sie, und unwillkürlich denke ich: Sie würden ein schönes Paar abgeben. Ich habe nie die Erlaubnis erhalten, den Hügel zu besteigen, und betrachte das dichte Unterholz und die Bäume im Hintergrund. Wie es an einem so wilden Ort sein mag?
»Wir möchten, dass Sie einige Daten für uns sortieren«, sagt der Mann.
»Tut mir leid«, erwidere ich, »ich sortiere nur bei der Arbeit.« Die beiden sind weder Funktionäre noch Vorgesetzte oder Aufseher. Sie wollen mich dazu bringen, die Regeln zu brechen, und das tue ich nicht, schon gar nicht für Fremde.
»Sie könnten damit Ihrem Großvater helfen«, sagt die Frau.
Ich bleibe stehen.
»Es gibt da ein Problem«, sagt sie. »Möglicherweise ist er doch kein Kandidat für die Gewebekonservierung.«
»Das kann doch nicht wahr sein!«, erwidere ich.
»Ich befürchte, das ist es«, sagt der Mann. »Wir haben Beweise dafür, dass er die Gesellschaft bestohlen hat.«
Lachend frage ich: »Was soll er denn gestohlen haben?« Großvater hat so gut wie nichts in seiner Wohnung.
»Der Diebstahl ist schon lange her«, sagt die Frau, »als er noch auf den Restaurierungsbaustellen gearbeitet hat.«
Der Mann hält mir einen Datenpod hin. Er ist alt, aber die Bilder auf dem Display deutlich erkennbar. Sie zeigen Großvater, als er noch jünger war, wie er Artefakte in der Hand hält. Dann zeigen sie den jüngeren Großvater, wie er in einem bewaldeten Gebiet die Artefakte vergräbt. »Wo ist das?«, frage ich.
»Hier«, antworten sie. »Auf dem Hügel.«
Die Bilder wiederholen sich über viele Jahre hinweg. Mein Großvater altert, als ich sie durchsehe. Er hat das sehr, sehr lange betrieben.
»Und die Gesellschaft hat jetzt erst diese Aufnahmen gefunden?«, frage ich.
»Die Gesellschaft hat keine Ahnung«, sagt die Frau. »Und wir würden es auch gerne dabei belassen, damit er sein Abschiedsbankett und seine Gewebeprobe erhält. Aber dafür fordern wir eine Gegenleistung von Ihnen. Wenn Sie sich weigern, zeigen wir ihn an.«
Ich schüttele den Kopf und sage: »Ich glaube Ihnen nicht. Diese Bilder könnten gefälscht sein. Sie könnten das alles nur erfunden haben.« Doch mein Herz schlägt ein bisschen schneller. Ich will nicht, dass Großvater in Schwierigkeiten gerät. Der Gedanke an seine Gewebeprobe ist das Einzige, was den Schmerz wegen seines bevorstehenden Abschiedsbanketts erträglich macht.
»Fragen Sie doch Ihren Großvater«, sagt der Mann. »Er wird Ihnen die Wahrheit sagen. Aber Sie haben nicht viel Zeit. Die Sortierung, bei der wir Hilfe brauchen, findet heute statt.«
»Sie haben die falsche Person angesprochen«, wehre ich mich. »Ich bin noch in der Ausbildung. Ich habe nicht einmal meine endgültige Arbeitsstelle.«
Ich sollte sie einfach ignorieren oder anzeigen. Aber sie haben mich beunruhigt. Angenommen, sie wenden sich mit ihren Behauptungen – ob wahr oder nicht – an die Gesellschaft? Plötzlich erfüllt mich eine wilde Hoffnung: Ob die Gesellschaft Großvaters Bankett während der Ermittlungen verschieben würde? Könnten wir dadurch etwas mehr Zeit gewinnen? Doch dann wird mir klar, dass das nicht geschehen wird. Die Gesellschaft wird das Bankett und die Entnahme der Gewebeprobe wie geplant durchführen, und wenn sie genügend Beweise gegen meinen Großvater hat, unter Umständen die Gewebeprobe zerstören.
»Wir möchten, dass Sie der Sortierung Daten hinzufügen«, erklärt der Mann.
»Aber das ist unmöglich«, erwidere ich. »Bei meiner Arbeit sortiere ich nur vorgegebene Daten. Ich gebe keine neuen ein.«
»Das brauchen Sie auch nicht«, beruhigt mich die Frau. »Sie brauchen sich nur in einen existierenden Datensatz einzuloggen und einige dieser Daten zu übertragen.«
»Auch
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