Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
geschehen kann.
Ich blicke hinüber zur Schutzmauer, die ebenfalls in Flussnähe aufragt. Obwohl die Erhebung jetzt fest im Sattel sitzt, ist unsere Bewegungsfreiheit noch immer eingeschränkt. Weder Medics noch sonst irgendjemand, der für sie arbeitet, kann hinaus. Der Kampf gegen die Seuche beherrscht ihr ganzes Leben.
Cassia hat mir erzählt, dass Xander in Camas stationiert ist. Seltsam, dass er vielleicht jenseits dieser Mauer im medizinischen Zentrum arbeitet. Wir sind uns hier in Camas noch nie begegnet, obwohl er, genau wie ich, schon seit Monaten hier sein muss. Schade, ich hätte ihn gerne getroffen und mit ihm geredet. Es würde mich interessieren, wie er über die Erhebung denkt und ob sich in seinen Augen alles so entwickelt, wie er es sich erhofft hat.
Ob er Cassia noch immer liebt? Ganz bestimmt.
Seit dem Ausbruch der Seuche habe ich nichts mehr von ihr gehört, doch inzwischen sind alle geimpft, die noch nicht immunisiert waren. Sie müsste also gesund sein, so oder so, aber ich wünschte, ich könnte sicher sein.
Ich habe ihr geschrieben, sobald ich konnte, und ihr gesagt, wie leid es mir tut, dass ich unsere Verabredung am See an jenem Abend nicht einhalten konnte. Ich habe gefragt, ob es ihr gutgeht, und ihr gesagt, dass ich sie liebe.
Für den Brief habe ich vier meiner Pilotenmahlzeiten ausgegeben, aber er war es wert. Allerdings kann ich das nicht zu oft tun, ohne dass es auffällt.
Nichts von Cassia zu hören, macht mich wahnsinnig. Jedes Mal, wenn ich mit dem Schiff unterwegs bin, gerate ich in die Versuchung, mich einfach abzusetzen und alles zu riskieren, um nach ihr zu suchen. Doch selbst wenn es mir gelänge, ein Schiff zu stehlen, würde mich die Erhebung abschießen. Tot wirst du ihr nichts nützen , erinnere ich mich.
Andererseits nütze ich ihr auch lebendig nicht besonders viel. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte, bis ich es eines Tages riskiere, mich zu ihr durchzuschlagen.
»Warum willst du denn nicht springen?«, bohrt Indie weiter. »Du kannst doch schwimmen.«
»Und was ist mit dir?«, erwidere ich. »Machst du mit?«
»Vielleicht«, antwortet sie. Noch immer wirkt sie auf die anderen ein wenig furchteinflößend, aber allmählich respektieren sie sie. Kein Wunder, wenn man sie einmal hat fliegen sehen.
Ich setze schon zu einer Erwiderung an, als ich ein bekanntes Gesicht in der Menge entdecke. Es ist eine Händlerin, die mir schon öfter Briefe von Cassia überbracht hat. Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen. Ob sie heute etwas für mich hat?
Die Geschäfte mit den Archivisten wickeln wir inzwischen anders ab als früher. Da die Erhebung alle Museen geschlossen hat, weil sie angeblich nichts als Propaganda zu bieten hatten, müssen wir vor den Museen warten, um Kontakte zu knüpfen, oder uns in der Öffentlichkeit treffen.
Die Übergabe geschieht schnell, wie immer. Mit gleichgültigem, kühlem Blick geht sie an mir vorbei, und wir stoßen leicht zusammen, wie es im Gedränge manchmal geschieht. Ich bin mir sicher, dass ein Außenstehender nichts Ungewöhnliches bemerken würde, doch sie steckt mir etwas zu – eine Nachricht. »Entschuldigung«, sagt sie und sieht mich kurz an. »Ich bin ein bisschen spät dran.«
Sie lässt es aussehen, als habe sie mich gestreift, weil sie in Eile ist, doch in Wahrheit will sie mir mitteilen, dass die Nachricht lange gebraucht hat, um zu mir zu gelangen. Wahrscheinlich war sie zwischenzeitlich an der Seuche erkrankt. Wie ist es ihr gelungen, das Stück Papier zu behalten? Hat es irgendjemand gelesen, während sie versunken war?
Mein Herz schlägt Haken wie ein Kaninchen draußen auf der Ebene. Die Nachricht muss von Cassia stammen! Außer ihr hat mir noch niemand eine Nachricht zukommen lassen. Ich wünschte, ich könnte sie auf der Stelle lesen, doch ich muss warten, bis ich unbeobachtet bin.
»Wenn du überallhin könntest, wohin würdest du fliegen?«, fragt Indie.
»Ich glaube, die Frage kannst du dir selbst beantworten«, entgegne ich und stecke das Blatt Papier in die Tasche.
»Nach Central, oder?«, fragt Indie. »Du würdest nach Central fliegen.«
»Dorthin, wo Cassia ist.«
Caleb blickt sich zu uns um, und ich frage mich, ob er die Übergabe beobachtet hat. Ich bezweifle es. Die Händlerin war schnell. Ich werde aus Caleb nicht schlau. Er ist der Einzige, der Kisten mit zurück ins Schiff bringt, wenn wir das Heilmittel ausgeliefert haben. Der Kommandeur bestätigt jedes Mal, das habe seine
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