Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
ganz Besonderes. Jetzt konnte ich mich wirklich amüsieren, da ich wußte, daß Keith und Unsere-Jane nicht litten… Und eines Tages würde ich wohl auch von Tom hören.
Es war halb elf Uhr nachts, als Cal und ich von Atlanta nach Hause fuhren, beide erschöpft von den vielen Unternehmungen: drei Stunden Kino, im Restaurant essen und einkaufen. Ich hatte neue Kleider bekommen, von denen Cal nicht wollte, daß Kitty sie sah.
»Ich mag diese Halbschuhe ebensowenig wie du. Aber laß sie die neuen Schuhe nicht sehen«, warnte er mich, bevor wir in die Garage fuhren. »Turnschuhe sind für den Sport, und für die Schuhe, die sie dir für die Kirche gekauft hat, bist du schon zu groß. Ich werde die neuen Schuhe in einen der Schränke in meiner Werkstatt einschließen und gebe dir einen zweiten Schlüssel dazu. An deiner Stelle würde ich meiner Frau auch nicht die Puppe oder irgend etwas, was deiner Mutter gehört hat, zeigen. Ich schäme mich zu sagen, daß Kitty einen psychopathischen Haß gegen eine bemitleidenswerte Tote hat, die nicht gewußt haben kann, daß sie Kitty den einzigen Mann, den sie hätte lieben können, weggenommen hatte.«
Das traf mich zutiefst. Ich sah ihn mit großen, traurigen Augen an. »Cal, sie liebt dich, ich weiß es.«
»Nein, sie liebt mich nicht, Heaven. Sie braucht mich hin und wieder, um mit mir als einem ›Superfang‹ anzugeben, einem Collegestudenten, ›ihrem Kerl‹, wie sie sich oft ausdrückt. Aber sie liebt mich nicht. Unter ihrer ganzen übertriebenen Weiblichkeit liegt eine kalte, kleinliche Seele verborgen, die die Männer haßt… alle Männer. Vielleicht hat dein Vater sie zu dem gemacht, ich weiß es nicht. Aber sie tut mir leid. Ich habe jahrelang versucht, ihr zu helfen, ihre traumatischen Kindheitserlebnisse zu vergessen. Sie ist von ihrem Vater und ihrer Mutter geprügelt worden, sie wurde gezwungen, in heißem Wasser zu sitzen, um ihre Sünden abzuwaschen, und sie wurde ans Bett gefesselt, damit sie nicht mit einem Jungen davonlief. In dem Augenblick, als sie frei war, ging sie mit dem erstbesten Mann, dem sie begegnete, auf und davon. Ich habe resigniert. Ich bleib’ nur so lange hier, bis ich es eines Tages nicht mehr aushalte – dann gehe ich.«
»Aber du hast doch gesagt, daß du sie liebst!« rief ich. Blieb man denn nicht, wenn man jemanden liebte? Konnte Mitleid dasselbe bewirken wie Liebe?
»Laß uns hineingehen«, sagte er mürrisch. »Kittys Wagen steht da. Sie ist schon zu Hause und wird uns die Hölle heiß machen. Sag du nichts, ich werde reden.«
Kitty war in der Küche und ging auf und ab. »Na also!« schrie sie uns an, als wir durch den Hintereingang eintraten. »Wo wart ihr? Warum schaut ihr so schuldbewußt aus? Was habt ihr gemacht?«
»Wir waren im Kino«, sagte Cal und schritt an Kitty vorbei zur Treppe hin. »Wir haben dann in einer Art Restaurant gegessen, die du nicht leiden kannst. Jetzt gehen wir ins Bett. Ich schlage vor, du sagst Heaven gute Nacht; sie muß ebenso müde sein wie ich, nachdem sie am Vormittag das Haus von oben bis unten saubergemacht hat.«
»Sie hat, verdammt noch mal, nichts gemacht, was auf meiner Liste steht!« schnauzte sie ihn an. »Sie ist mit dir weg und hat einen Saustall hier zurückgelassen!«
Sie hatte recht. Ich hatte eigentlich nicht viel saubergemacht, da nichts wirklich schmutzig gewesen war.
Ich wollte Cal schnell folgen, aber Kitty packte mich am Arm. Cal drehte sich nicht um.
»Du blödes Kind«, zischte sie mich an. »Du hast mein gutes Porzellan in den Geschirrspüler gesteckt, oder? Hast du noch nicht kapiert, daß ich mein gutes Geschirr nur verwende, wenn Gäste da sind? Ist nicht für den täglichen Gebrauch gedacht. Hast mir mein Geschirr angeschlagen, zwei Teller! Und einer hat ‘n Sprung! Und hab’ ich dir nicht gesagt, du sollst die Tassen nicht in den Schrank stellen, sondern aufhängen?«
»Nein, das hast du mir nicht gesagt. Du hast nur gesagt, ich soll sie nicht ineinander stellen.«
»Hab’ ich dir doch gesagt! Hab’ dich gewarnt: Tu nicht, was ich dir verboten hab’.«
Klatsch!
»Wie oft soll ich’s dir noch sagen?«
Klatsch!
»Hast nicht die Haken unter den Fächern bemerkt?«
Natürlich hatte ich die Haken bemerkt, aber nicht gewußt, wozu sie dienten. Sie hatte die Tassen auch nicht aufgehängt gehabt. Ich wollte ihr alles erklären und mich entschuldigen und ihr versprechen, daß ich für die Tassen zahlen würde. Ihre Augen waren zornig. »Wie willste denn
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