Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
hörte ich Kitty schreien, wie sie es so oft getan hatte, als er sie das gleiche gefragt haben mußte. Ich nickte und streckte die Arme nach ihm aus, und wir vereinigten uns wieder. Als wir uns geliebt hatten, blieb ich wieder verblüfft und von meinen Taten und meiner allzu großen Bereitwilligkeit angewidert liegen. Hillbilly-Flittchen! hörte ich Kitty mich anschreien. Verlotterte Casteel, hörte ich ganz Winnerrow rufen. Was eben von einer Casteel, einem nichtsnutzigen Casteel-Lumpenpack zu erwarten war.
Die Tage und Nächte vergingen wie im Flug, und ich konnte nun nicht mehr aufhören mit dem, was ich begonnen hatte. Cal machte meine Bedenken zunichte, indem er mir erklärte, daß es dumm sei, mich schuldig zu fühlen. Ich tat ja nichts anderes, als was viele Mädchen meines Alters auch machten, und er liebte mich, liebte mich wirklich und benutzte mich nicht nur wie ein tölpelhafter Junge. Aber nichts von alledem, was er sagte, nahm mir die Scham oder die Gewißheit, daß das, was ich tat, nicht richtig war.
Zwei Wochen verbrachte er mit mir allein. Es schien ihn sehr glücklich zu machen, als ich ihm vorspielte, ich hätte keine Scham- und Schuldgefühle mehr. Eines Morgens fuhr Cal aber sehr früh fort und brachte Kitty nach Hause. Das ganze Haus glänzte von Sauberkeit und stand voller Blumen. Kitty lag teilnahmslos in ihrem Bett und starrte dumpf auf alles, was ich zur Verschönerung des Hauses getan hatte, aber sie gab nicht zu erkennen, ob sie überhaupt wußte, wo sie war. Sie hatte doch nach Hause kommen wollen… Anscheinend nur, um mit dem Stock auf den Boden zu klopfen, um nach uns zu rufen. Oh, wie ich dieses Hämmern über der Decke des Wohnzimmers zu hassen begann!
Einmal die Woche kamen Angestellte aus Kittys Salon, sie wuschen und frisierten ihre roten Haare, manikürten und pedikürten sie. Meiner Ansicht nach war Kitty die hübscheste Kranke der Stadt. Manchmal war ich über Kittys Hilflosigkeit gerührt, wie sie in ihrem attraktiven rosa Nachthemd dalag, ihr Haar lang und dicht und wunderbar frisiert. Ihre »Mädels« verehrten Kitty und kamen oft zu ihr, plauderten und lachten, während ich ihnen etwas zu essen und zu trinken servierte – mit Kittys bestem Geschirr. Ich war Cals Gefährtin und kümmerte mich um die Haushaltsführung, wobei ich mit Kittys Scheckbuch die Rechnungen bezahlte.
»Sie sähe es bestimmt nicht gerne, daß ich das mache«, sagte ich stirnrunzelnd und kaute an einem Kuli. »Du solltest das übernehmen, Cal.«
»Ich habe keine Zeit dazu, Heaven.«
Er nahm einen Stapel Rechnungen von Kittys Schreibtisch und legte sie in eine Ablage. »Schau doch, es ist ein wunderbarer Sommertag heute, und du pflegst Kitty schon fast seit einem Monat. Wir müssen uns ernsthaft überlegen, was wir mit Kitty machen sollen. Die Krankenschwester, die dir hilft, kostet ein Vermögen. Und wenn du wieder in der Schule bist, brauche ich eine zweite Krankenschwester. Eine, die rund um die Uhr da ist. Hast du schon Nachricht von ihrer Mutter?«
»Ich habe ihr geschrieben, daß Kitty sehr krank ist. Aber sie hat mir noch nicht geantwortet.«
»Gut… wenn sie antwortet, dann rufe ich sie an und spreche mit ihr. Sie schuldet Kitty sehr viel. Vielleicht können wir dann, bevor die Schule beginnt, eine Dauerlösung finden.« Er seufzte und warf Kitty einen Blick zu. »Zumindest scheint sie gerne fernzusehen.« Noch nie hatte ich ihn so unglücklich gesehen.
War das die Vergeltung – hatte Kitty es wirklich verdient mit dieser schrecklichen, unbekannten Krankheit geschlagen zu sein? Sie hatte es herausgefordert, und Gott hatte schließlich Gerechtigkeit walten lassen. Aus meiner eigenen Erschöpfung heraus sagte ich mir: Ja, Kitty zu ihrer Mutter nach Winnerrow zu bringen, sei eine gute Idee. Ich hätte zudem die Gelegenheit, Fanny zu sehen, Großvater zu besuchen… Tom zu suchen, von Logan ganz zu schweigen. Weiter konnte ich jedoch nicht denken. Wie hätte ich Logan jemals wieder in die Augen sehen können?
Endlich kam ein Brief von Reva Setterton, Kittys Mutter.
»Es ist furchtbar für mich, dorthin zu fahren«, sagte Cal, nachdem er den kurzen Brief überflogen hatte, in welchem keine echte Anteilnahme für ihre kranke Tochter zu lesen war. »Ich sehe es ihren Augen an, daß Kittys Eltern meinen, ich hätte Kitty wegen ihres Geldes geheiratet, aber wenn wir nicht bei ihnen bleiben, dann glauben sie womöglich, du und ich, wir hätten ein Verhältnis.«
Er sah mich nicht an, als er
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