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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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weißen Vogelbauer, der von der Decke der Veranda herabhing, begann zu trällern. Erstaunt blickte ich auf und fragte mich, warum der Vogelkäfig wohl so hoch oben hing. Wahrscheinlich war der Vogel in seinem Bauer so hoch hinauf gehängt worden, um vor den Katzen und dem Luftzug sicher zu sein. Fanny hatte sich immer schon einen Kanarienvogel gewünscht. Jetzt hatte sie einen.
    Außer dem Vogelgezwitscher war kein einziger Laut zu vernehmen.
    Wie still dieses große Haus doch war, aus dem kein Geräusch seiner Bewohner drang.
    Wie kam es nur, daß ein so schönes Haus zugleich so bedrohlich wirken konnte?

 
    19. KAPITEL
     
    S CHMERZLICHES W IEDERSEHEN
     
     
     
    Ich drückte mehrmals auf die Klingel. Während ich draußen wartete, schien eine Ewigkeit zu vergehen. Ich wurde ungeduldig. Gelegentlich sah ich mich um, ob Logan noch wartete – wobei ich hoffte, daß er ging – , aber er war immer noch da. An einen Baum gelehnt, lächelte er zu mir herüber.
    Im Haus hörte ich leise Schritte. Ich erstarrte und lauschte angestrengt. Es waren vorsichtige, schleichende Schritte… Dann öffnete sich die schwere Eichentür um Haaresbreite. Dunkle Augen sahen mich an, sie waren zusammengekniffen und hatten einen mißtrauisch-abweisenden Glanz. Nur Fanny hatte so dunkle, fast schwarze Augen, Fanny – und Vater. »Geh weg«, sagte eine Stimme, die unleugbar Fanny gehörte.
    »Ich bin’s, Heaven«, rief ich aufgeregt. »Ich wollte dich sehen und mich erkundigen, wie es dir geht. Du kannst mich nicht einfach wegschicken.«
    »Geh weg«, zischte mich Fanny an. »Ich tu’, was ich will. Und ich will dich nicht sehen! Kenn’ dich nicht! Brauch’ dich nicht! Bin jetzt Louisa Wise. Hab’ alles, was ich mir immer gewünscht hab’. Und ich will nicht, daß du mir alles vermasselst.«
    Sie konnte mich immer noch mit ihren gemeinen, selbstsüchtigen Worten und Taten verletzen. Ich hatte immer geglaubt, daß Fanny bei all ihrer Feindseligkeit und ihrer Eifersucht mich dennoch liebte. Sie war vom Leben auf andere Weise verbogen worden als ich.
    »Fanny, ich bin deine Schwester«, beschwor ich sie leise. Logan sollte ihre »Begrüßung« nicht hören, da ich mich schämte. »Ich muß mit dir sprechen und dich sehen. Ich möchte wissen, ob du etwas von Keith und Unserer-Jane gehört hast.«
    »Ich weiß nichts von ihnen«, flüsterte Fanny zurück und machte die Tür etwas weiter auf. »Will auch nichts darüber wissen. Geh weg, laß mich in Ruh.«
    Ich sah, daß meine jüngere Schwester zu einem sehr schönen, jungen Mädchen herangewachsen war, mit langen, schwarzen Haaren und einer wohlgeformten Figur, die manchem Mann den Kopf verdrehen würde. Daß Fanny dies auch ohne Gewissensbisse ausnützen würde, war mir immer schon klargewesen. Aber ich war gekränkt, daß Fanny mich nicht ins Haus einließ und keinerlei Interesse zeigte, wo ich gewesen und wie es mir ergangen war.
    »Hast du Tom gesehen?«
    »Will ihn nicht sehen.«
    Ich zuckte betroffen zusammen. »Fanny Casteel, ich habe dir immer wieder geschrieben! Hast du meine Briefe nicht bekommen?« fragte ich mit Nachdruck und hielt die Tür fest, damit Fanny sie nicht zuschlagen konnte. »Verdammt noch mal, Fanny! Was bist du überhaupt für ein Mensch? Wenn man schon so aufmerksam ist, dir zu schreiben, dann könntest du wenigstens die Briefe beantworten – es sei denn, dir ist alles vollkommen schnuppe!«
    »Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen«, gab Fanny zurück.
    »Moment mal, Fanny! Du kannst mir nicht ganz einfach die Tür vor der Nase zuschlagen! Ich lass’ es nicht zu!«
    »Du hast mir nie geschrieben, kein einziges Mal!« platzte sie raus und blickte sofort ängstlich über die Schulter. Wieder senkte sie die Stimme. »Heaven, du mußt jetzt gehen.« In ihren Augen lag ein gehetzter, furchtsamer Blick. »Sie sind oben und schlafen. Der Reverend und seine Frau mögen es nicht, wenn sie daran erinnert werden, wer ich bin. Haben mich gewarnt, daß sie’s nicht dulden, wenn ich mit dir oder mit einem anderen Casteel rede. Hab’ nie wieder was von Vater gehört, seitdem ich hier bin.« Sie wischte sich eine Träne ab, die aus einem Augenwinkel hervorquoll und wie ein Tautropfen ihre Wange benetzte. »Hab’ früher gemeint, Vater liebt mich; scheint aber nicht so zu sein.« Wieder bildete sich eine Träne, aber diesmal wischte Fanny sie nicht fort. Sie sah mir ins Gesicht, bevor ihre vollen, roten Lippen sich schmälerten.
    »Muß jetzt gehen. Will nicht,

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