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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Anklopfen betrat Tony Jillians Räume. Er ignorierte sie und wandte sich nur an mich. »Wie geht’s Troy heute morgen? Was hast du ihm gesagt?«
    »Ich? Gar nichts! Aber deine Frau hatte wohl den Eindruck, er müsse die Wahrheit, die ganze häßliche Wahrheit erfahren!«
    Jillians strahlendes Lächeln erlosch, ihre Augen wurden ausdruckslos.
    Blitzschnell drehte sich Tony um, seine Augen sprühten Funken. Er fixierte seine Frau. »Was hast du ihm erzählt? Was konntest du ihm erzählen? Deine Tochter hat doch ihrer Mutter, die sie verachtete, nie etwas anvertraut!«
    Jillian stand da in ihrem hübschen Kostüm, ein Bild makelloser Perfektion. Anscheinend wollte sie den Mund zum Schreien öffnen. »Jillian, kam meine Mutter wirklich zu dir, um dir zu sagen, warum sie fortging? Hat sie’s getan? Sag schon?«
    »Geh weg, laß mich allein.«
    Ich dachte gar nicht daran. »Was hat meine Mutter dazu getrieben, daß sie aus dem Haus fortrannte? War es ein fünfjähriger Junge, oder war’s dein Ehemann? Kam meine Mutter zu dir mit Geschichten über die sexuellen Annäherungsversuche ihres Stiefvaters? Hast du vielleicht so getan, als wüßtest du nicht, wovon sie sprach?«
    Ihre blassen Hände spielten mit den locker sitzenden Ringen, hin und her, hin und her. Ich hatte sie nie vorher Ringe tragen gesehen. Gedankenlos ließ sie drei davon in einen Aschenbecher fallen. Die Ringe klirrten auf dem Kristallglas und bei diesem Geräusch riß sie die Augen auf. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Großmutter…«, überdeutlich sprach ich das Wort aus. Danach zitterte sie und wurde totenbleich. »War Tony der Grund, daß meine Mutter aus diesem Haus floh?« fragte ich.
    Ihre kornblumenblauen Augen, die den meinen so sehr ähnelten, wurden riesig, ihr Blick starr und leer. Es war, als würde das spinnwebenartige Netz, das den Verstand zusammenhielt, zerreißen. Etwas zerbrach hinter ihren Augen, und ihre Hände bewegten sich nervös zuckend zum Gesicht. Die Handflächen preßte sie fest an beide Wangen, so fest, daß sich die Lippen öffneten. Und dann kamen Schreie, fürchterliche, stumme Schreie, die ihr Gesicht zermarterten – und plötzlich war Tony da und brüllte mich an!
    »Sag bloß keinen Ton mehr!« Er ging auf Jillian zu und nahm sie in die Arme. »Geh in dein Zimmer, Heaven, und bleib dort bis ich komme, um mit dir zu reden.« Dann trug er Jillian in ihr Schlafzimmer, und ich sah, wie er sie sorgfältig auf ihre elfenbeinfarbige Tagesdecke legte. Erst dann fand ihre stumme Qual eine Stimme.
    Immer und immer wieder schrie sie hysterisch, die Lautstärke nahm zu und wieder ab. Sie schrie, bis sie sich aufbäumte und wild mit den Armen um sich schlug. Ich aber stand da und war wie gelähmt von dem, was ich heraufbeschworen hatte. Ich beobachtete, wie das jugendliche Äußere von ihrem Gesicht abblätterte, als ob sie die ganze Zeit eine Maske getragen hätte. Über meine Tat betroffen, wandte ich mich ab. Kummer überwältigte mich, weil ich etwas zerstört hatte, das so sorgsam gehütet worden war.
    In meinen Räumen ging ich dann auf und ab. Außer Troy und seinem Wohlergehen war mir alles andere egal. Gelegentlich schweiften die Gedanken noch zu Jillian. Dann klopfte Tony an die Tür und kam, ohne meine Antwort abzuwarten, herein. Er bemerkte, daß ich gerade meine Koffer packte. Daraufhin zuckte er zusammen. »Jill ist jetzt eingeschlafen«, informierte er mich. »Ich mußte sie zwingen, ein paar Beruhigungstabletten zu schlucken.«
    »Kommt sie denn wieder in Ordnung«, fragte ich besorgt.
    »Nein, Jill wird nie ›in Ordnung‹ sein, und sie war’s auch nicht seit dem Tag, als deine Mutter fortlief. Immer hatte sie sich geweigert, mit mir über diesen letzten Tag zu sprechen… Erst jetzt habe ich alle Puzzleteile beisammen.«
    Rasch setzte ich mich und beugte mich gespannt vor, denn das Schlimmste hatte ich ja schon gehört – dachte ich wenigstens. Aber ich war immer noch ein Unschuldslamm und mit der Vielschichtigkeit der menschlichen Natur nicht vertraut. Ich hatte keine Ahnung von den abwegigen Methoden, mit denen sie sich ihre Selbstachtung sicherte, auch wenn einiges gar nicht mehr gerettet werden konnte.
    Er senkte die Augen, als ob er sich jetzt, da es zu spät war, schämen würde. Dann begann er: »In dem besagten Jahr war ich nach Deutschland zu Gesprächen mit einem Fabrikanten geflogen, der für uns mechanische Kleinteile produziert.«
    »In der jetzigen Situation interessieren mich deine

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