Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
in einem wunderschön angelegten Garten stand. An der Vorderseite des Hauses waren Säulen, die Tür war riesig und bestand aus zwei Eichenflügeln, die aussahen, als müßten sie von einem Butler geöffnet werden. Es war leicht, sich dort schöne Cocktailparties vorzustellen. Hinter diesen Eichenholztüren konnten sich viele romantische Abenteuer abspielen.
Damals stellten wir uns vor, dort zu leben. Jede und jeder in der Familie würde ein eigenes Zimmer haben. Als Älteste wollte ich wie eine richtige Südstaatentochter gekleidet sein. Ich würde die Gäste in den Garten geleiten und ihnen einen Pfefferminzlikör anbieten…
Tom stellte sich vor, er hätte seine eigene Zucht von Rennpferden. Die Erinnerung an diese dummen, kindischen Träume ließ mich lächeln. Gleichzeitig erschienen sie mir jetzt wie eine Prophezeiung. O Tom, mein geliebter Träumer! Ich vermißte ihn immer noch sehr. Jetzt, plötzlich, wurden alle unsere Träume Wirklichkeit, einer nach dem anderen. Doch sie waren nie so, wie wir sie uns vorgestellt hatten, nie so strahlend und schön, wie nur Träume sein können. Logan sah das Lächeln auf meinem Gesicht und strahlte.
»Ich hatte gehofft, daß du mit der Idee einverstanden sein würdest«, sagte er. »Darum habe ich auch gleich einen Termin zur Besichtigung des Hauses ausgemacht. Er ist morgen früh. Ist das in Ordnung?«
»Ja«, sagte ich und war ein wenig enttäuscht, daß er nicht vorher mit mir darüber gesprochen hatte. Es erinnerte mich zu sehr an Tony. Logan stand unter Tonys Einfluß und versuchte, ihn in jeder Hinsicht zu imitieren. Es beeindruckte mich zwar, wie schnell Logan sich in einen tüchtigen Geschäftsmann verwandelt hatte. Aber es war der sanfte, liebevolle Junge, in den ich mich verliebt hatte, den ich brauchte und vermißte.
Am nächsten Morgen fuhren wir zu Anthony Hasbrouck. Als kleines Mädchen, das in den Willies lebte, hatte er mir keinen Blick gegönnt; er hatte Tom und mich sogar einmal davongejagt, als wir vor dem Tor standen. Jetzt war er der perfekte Gastgeber und führte uns durch das Herrenhaus. Er trug ein schwarzes Samtjackett, schwarze Hosen und leichte Sommerschuhe aus Samt. Er sprach mit einem typischen Südstaatenakzent, dick wie Sirup, und nannte mich »Heavenly«, anstatt »Heaven«.
»Wir bedanken uns für die Führung, Mr. Hasbrouck«, sagte ich.
»Nennen Sie mich doch Sonny. Alle meine Freunde nennen mich so.«
»Also Sonny«, sagte ich und wandte mich Logan zu. »Wenn wir es nehmen«, flüsterte ich laut genug, daß Mr. Hasbrouck es hören konnte, »dann müssen wir alles erneuern. Es ist ganz schön verfallen.« Ich genoß es, mit meiner Schilderung fortzufahren, wie wundervoll das Haus in meiner Verwahrung werden würde, wie viele neue Teppiche gelegt werden müßten, daß die alte Küche nicht ausreichen würde und all so etwas. Ich genoß es selten, meinen Reichtum zu zeigen, aber Leuten wie Mr. Hasbrouck gegenüber, die auf uns Casteel-Kinder herabgesehen und die meinem lieben Tom seine Träume verjagt hatten, ihnen gegenüber genoß ich es sehr.
»Und vor allem«, sagte ich, während ich Logans Arm nahm und über das Grundstück lief, »werden wir viel mehr Bedienstete und Gärtner einstellen müssen – ich kann gar nicht glauben, daß man ein altes Anwesen so hat verkommen lassen.«
Mr. Hasbrouck wurde feuerrot. Er zwirbelte nervös an seinem Bart und knirschte mit den Zähnen. Der Gedanke, einer Casteel das Haus verkaufen zu müssen, mußte ihn verrückt machen. Aber Logan hatte mir versichert, daß er das Geld dringend benötigte.
»Sonny«, sagte ich lächelnd, wobei ich versuchte, so charmant wie möglich zu sein, »mir gefällt Ihr Haus, aber ich fürchte, daß der Preis nicht dem Wert entspricht.«
Logan fiel die Kinnlade herunter. Er wirbelte herum. »Aber Heaven, Liebling – «
»Ich nehme an, Ihre hübsche kleine Frau hat recht«, sagte Mr. Hasbrouck. Sein Gesicht war jetzt so rot wie eine Tomate. »Heavenly, Sie sind ein harter Verhandlungspartner.«
Sobald wir im Auto saßen, nahm mich Logan in die Arme. »Ich habe nicht nur die hübscheste Frau in der Stadt, sondern auch die klügste. Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Farthy zu kommen. Ich muß Tony erzählen, wie du das hier gehandhabt hast.«
Drei Tage später lud Tony Logan und mich auf einen Willkommensdrink in sein Büro ein, und Logan verkündete die Neuigkeit. »Tony«, begann er, und seine Augen glitzerten vor Stolz und Aufregung, »Heaven und ich
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