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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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nickte ruhig.
    »Du bist wirklich lieb, Annie.« Ihr Blick wurde traurig. »Aber jetzt weißt du ja, daß ich gar nicht deine Tante bin.«
    »O nein, Tante Fanny. Für mich wirst du immer meine Tante bleiben. Was ändert es denn schon, ob wir blutsverwandt sind oder nicht?«
    »Ach, ich lieb dich genauso, als ob du mit mir verwandt wärst, Annie. Ich lieb dich sogar mehr, ich lieb dich wie eine Tochter. Und Luke und du, ihr seid ja immerhin Halbgeschwister.«
    »Ja«, sagte ich und blickte durch das Fenster auf das Dach des Pavillons unter uns. Ich mußte daran denken, was sich alles seit dem Unfall verändert hatte: Meine Mutter war gar keine Casteel gewesen, obwohl sie wie eine erzogen worden war. Sie war in jener ärmlichen Behausung aufgewachsen und hatte in dem Bewußtsein gelebt, Toby und Annie Casteel wären ihre Großeltern!
    Obwohl diese Enthüllungen sogar mich verunsicherten und belasteten, hatte ich doch nicht die Spur einer Vorstellung davon, wie schwer es meine Mutter getroffen haben mußte, als sie schließlich die Wahrheit erfuhr. Innerhalb eines Augenblicks hatte sie ihre ganze Familie verloren und sah sich plötzlich von Fremden adoptiert…
    Und auf einmal gehörte sie zu den Tattertons und mußte bei jenem Mann leben, der ihr richtiger Vater war und dessen Geist sich immer mehr verwirrte! So war es nicht verwunderlich, daß sie mit dem kleinen Drake auf dem Arm davongelaufen war. Drake! Er war in Wirklichkeit gar nicht mein Onkel, was er aber sicherlich nicht wußte. Und er würde es auch nicht erfahren, solange Tony es nicht in einem Wutanfall ausplauderte. Ich jedenfalls spürte keinerlei Verlangen, es ihm zu verraten. Der Schmerz, den mir diese Enthüllung verursachte, mußte in meinem Herzen verschlossen bleiben, dachte ich.
    Ich erkannte, daß ich außer meinen Eltern noch etwas anderes verloren hatte – die Geschichte der Familie, die nicht mehr die meine war! Das war einer der wichtigsten Punkte, die mich mit Luke verbunden hatten: die Gemeinsamkeiten unserer Herkunft, die Geschichten über das Leben in den Willies und unseren Urgroßvater Toby! Ich hatte jetzt überhaupt keine Familiengeschichte mehr, denn diese war ja untrennbar mit Tony Tatterton verbunden! Ich aber wollte alles vergessen, was er mir von seinem Vater und seinem Großvater erzählt hatte…
    Ja, ich war im Begriff, ein neues Leben zu beginnen und ein anderer Mensch zu werden! Wer würde ich sein? Wie würde sich meine Beziehung zu Luke verändern? Die Zukunft war unklarer und beängstigender als je zuvor. Ich war in ein neues Labyrinth gestoßen worden und wußte nicht, wieviel Zeit ich mit der Suche nach dem Ausgang verbringen würde. Jetzt brauchte ich einen Menschen wie Troy; jemanden, der meine Hand nehmen und mich führen würde. Tante Fanny war zwar so liebenswert wie nie zuvor, aber auch sie war von den Geschehnissen überwältigt. Ich konnte weder meinen Daddy um Hilfe bitten, noch konnte ich mich an meine Mammi wenden. Und Drake war zu sehr von Tony Tatterton und seiner Stellung in dessen Unternehmen abhängig, als daß ich ihm noch so hätte vertrauen können wie früher! Ich hatte mit ihm den Onkel verloren, der einmal mehr ein großer Bruder für mich gewesen war. Ich hatte ihn an die Glitzerwelt des Reichtums und der Macht verloren.
    Nur wenn ich an Luke dachte, wurden meine Gedanken froh und hoffnungsvoll. Ich würde ihm meine Gefühle und meine Ängste mitteilen. Ob ich wohl zuviel von ihm verlangte? Ob es ihn überfordern würde, für das Wohlergehen und die Sicherheit eines Menschen verantwortlich zu sein, der einsam und verzweifelt war?
    Tante Fanny half mir dabei, in ein Nachthemd zu schlüpfen und mich ins Bett zu legen… in mein eigenes, daunenweiches Bett, dessen Laken nach Flieder duftete. Mrs. Avery kehrte zurück, um meine Sachen aufzuräumen. Dann flatterte sie umher, zog hier etwas glatt, staubte dort etwas ab, bis Tante Fanny sie endlich ermahnte, mir ein wenig Ruhe zu gönnen.
    »Luke und ich werden morgen losziehen und ‘n paar Sachen für dich besorgen. Zum Beispiel so’n hübsches kleines Nachttischchen.«
    »Und eine Gehhilfe. Ich möchte morgen anfangen.«
    »Klar. Also, Liebling, willkommen zu Hause, wo du hingehörst.« Sie küßte mich auf die Stirn und wollte schon gehen.
    »Tante Fanny.«
    »Ja?«
    »Danke, Tante Fanny, daß du mich nach Hause geholt hast.«
    Sie schüttelte den Kopf, und als sie aus dem Zimmer eilte, standen Tränen in ihren Augen.
    Ich starrte auf die

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