Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
beide in den Irrgarten gehen sehen und bin euch gefolgt, weil ich neugierig war, weshalb du deine Gäste allein läßt.«
»Ich wollte Joshua nur ein wenig im Park herumführen«, erwiderte ich.
»Das ist verständlich, aber du hättest nicht allein mit einem Jungen hingehen dürfen.«
»Ich wollte niemanden sonst zu dem Häuschen mitnehmen«, gestand ich und drehte mich zu ihm um.
»Leigh, ich weiß selbst, daß ich nicht dein richtiger Vater bin.« Tony trat näher. »Aber du bist ein junges Mädchen. Bis jetzt bist du behütet aufgewachsen, und junge Männer mit weit mehr Erfahrung können ein Mädchen wie dich ausnutzen. Glaube mir, ich weiß Bescheid in diesen Dingen.«
»Joshua ist keiner von der Sorte«, versetzte ich zornig.
»Das mag sein, aber trotzdem solltest du aufpassen. Ich hätte kein gutes Gefühl, wenn ich wüßte… es käme mir einfach nicht richtig vor, wenn ich dich nicht warnen würde. Du solltest meine Ratschläge beherzigen. Wie ich dir in dem Häuschen schon gesagt habe, braucht deine Mutter kein Wort davon zu erfahren. Die Sache bleibt ganz zwischen dir und mir.«
Er kam auf mich zu, bis er die Arme ausstrecken und seine Hände auf meine Schultern legen konnte.
»Ich möchte eine ganz besondere Beziehung zu dir haben, und ich möchte, daß zwischen uns immer etwas ganz Besonderes bestehen bleibt«, raunte er und verschlang mich mit seinen Blicken. Seine Finger gruben sich in meine Schultern, bis es weh tat.
»Tony.« Ich schnitt eine Grimasse, aber er hielt mich fest.
»Deine Mutter«, flüsterte er, »will sogar, daß ich ihr helfe, und sie erwartet von mir, daß ich diese Verantwortung übernehme. Es überfordert sie, sich um ein junges Mädchen zu kümmern. Mir macht das nichts aus. Du bist zu schön und einmalig, als daß ich es fertigbrächte mich nicht um dich zu sorgen und dich nicht zu beschützen, so gut ich kann. Bitte wehre dich nicht dagegen.«
»Ich weiß zu schätzen, was du für mich tun willst, Tony. Danke«, entgegnete ich. Ich wollte diese Unterhaltung beenden. Sein Blick war glühend, und seine Finger klammerten sich noch fester um meine Schultern.
»Ich weiß schließlich, was in einem Mann vorgeht, vor allem in einem jungen Mann, wenn er dich küßt und seine Hände so auf deine Schultern legt«, sagte er. Seine Finger lockerten sich und strichen über meine Arme. Er lächelte. »Dir ist nicht klar, was für eine Macht du über einen Mann haben kannst.«
»Macht?« Wovon redete er? Warum war er so eindringlich?
»Ja, Macht. Du besitzt sie heute schon, dieselbe Macht, die deine Mutter hat. Deine Schönheit und ihre Schönheit sind betörend. Jeder Mann, der eine von euch beiden ansieht, spürt, daß er schwach wird, und er fühlt, daß sich all seine Entschlossenheit wie Rauch auflöst. Er will ein Sklave eurer Schönheit sein. Es ist für ihn die Erfüllung, gemartert und gequält und liebkost zu werden. Er lebt dafür«, flüsterte er so leise, daß ich die Worte nahezu von seinen Lippen ablesen mußte. »Kannst du das verstehen? Hast du das verstanden?«
»Nein.« Ich wollte zurückweichen, aber er hielt mich zu fest.
»Wenn ein Mann dir so nah ist wie dieser Junge in dem Häuschen und wenn du dich von ihm anfassen läßt«, fuhr er fort, und die Finger seiner linken Hand ließen meinen Arm los und legten sich auf meine Brust, »wird sein Herz zu einem kleinen Hochofen, der Glutströme durch seinen Körper jagt. Dann dauert es nicht mehr lange, und er kann sich nicht mehr beherrschen. Es ist nicht seine Schuld. Er wird zur Marionette, und du wirst zum Puppenspieler«, erklärte er, und seine Finger streichelten meine Brust. Er berührte mich genauso, wie Joshua mich berührt hatte.
Wie lange hatte er dagestanden und Joshua und mich beobachtet, ehe er sich entschlossen hatte, sich einzumischen? Er hatte uns in den Irrgarten gehen sehen, und dann war er uns gefolgt, dachte ich. Warum hatte er uns nicht gerufen, als er uns beim Hineingehen beobachtet hatte, wenn er es so falsch fand, daß wir uns von den übrigen Gästen fortgestohlen hatten?
»Du mußt deine eigene Macht einschätzen können, Leigh, damit du sie nicht mißbrauchst.« Er legte seine Finger auf mein Schlüsselbein. »Ich habe gesehen, wie dieser Junge dich geküßt hat. Du kannst nicht erwarten, daß es dabei bleibt. Es ist, als würdest du in einem Heuhaufen ein Streichholz anzünden und glauben, du könntest eine Zeitlang ein kleines Flämmchen brennen lassen und es dann auspusten.
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