Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
ihr mehr Spaß gemacht«, sagte er traurig.
»Aber warum, Daddy? Sie hatte doch keine Arbeit damit, und wir haben die beste Unterkunft auf dem ganzen Schiff. Du hast alles getan, was sie von dir verlangt hat.«
»Ich fürchte, nein, Leigh. Deine Mutter ist enttäuscht von mir.«
»Aber warum?« rief ich. »Du gibst uns doch alles. Wir haben ein wunderschönes Zuhause, und wir können uns fast alles kaufen, was wir haben wollen. Alle meine Freundinnen beneiden uns.«
»Manchmal sind diese Dinge eben nicht genug«, murmelte er. Er sah mich lange an und bedachte mich dann mit einem tröstlichen Lächeln. »Manchmal siehst du ihr so ähnlich, besonders dann, wenn du enttäuscht bist, und doch bist du ganz anders als sie.«
»Bin ich das?« Es erstaunte mich, das aus seinem Mund zu hören. Er sagte doch immer, wir sähen wie Schwestern aus. Lag es daran, daß ich noch nicht alles, was sie mochte, so sehr mochte wie sie?
»Worin unterscheiden wir uns, Daddy? Ich weiß, daß sie sehr hübsch ist und…«
»O nein«, sagte er eilig, »damit hat es nichts zu tun. Du wirst weit schöner als deine Mutter werden.« Es schockierte mich, ihn das sagen zu hören. Ich? Schöner als Mama?
»Und du wirst auch nicht so hart daran arbeiten müssen. Das soll nicht etwa heißen, daß deine Mutter nicht von Natur aus mit Schönheit gesegnet wäre. Keineswegs. Sie ist nur mehr mit sich selbst beschäftigt, als du es je sein wirst.«
»Wie kannst du dir so sicher sein, Daddy?« Ich wollte es wirklich wissen, denn ich glaubte ihm zwar, aber ich war selbst nicht sicher.
»Du hast andere Interessen, Leigh. Du hast einen wachen Verstand. Es wird dich viel zu sehr reizen, andere Dinge zu lernen.
Nicht etwa, daß du auch nur annähernd der Wildfang bist, zu dem ich dich nach der Auffassung deiner Mutter machen will. Nein, ganz und gar nicht. Du bist durch und durch eine junge Dame.«
Wenn wir auch über ein trauriges Thema sprachen, so fielen diese Worte aus seinem Mund doch direkt in mein Herz und erfüllten es mit Liebe und Wärme.
»Deine Mutter ist immer noch eine sehr junge Frau, Leigh. Vor Jahren, als ich sie in Texas das erste Mal gesehen habe, habe ich mir keine ernsthaften Gedanken über unseren Altersunterschied gemacht und auch nicht geglaubt, daß das einmal ein Problem sein könnte. Vielleicht war das die Blindheit der Liebe. Liebe kann wirklich blind machen, weißt du, wie strahlende Sonne, die sich im Wasser spiegelt. Man kann nicht direkt in den Widerschein hineinsehen; man muß sich die Hand vor die Augen halten oder sie ganz schließen, und wenn man das tut, sieht man nur noch das, was man sehen möchte. Bist du schon alt genug, um zu verstehen, was ich sage, Leigh?« fragte er.
Ich nickte. Daddy und ich führten nur sehr selten solche ernsthaften Erwachsenengespräche. Wenn er ansetzte, mir etwas wirklich Ernstes zu erzählen, unterbrach er sich normalerweise gleich wieder und sagte: »Ach ja, ich nehme an, das wird dir deine Mutter bald erzählen.«
»Vielleicht verstehst du es wirklich«, sagte er lächelnd. »Ich glaube, du bist viel klüger, als deine Mutter und ich annehmen.«
»Aber, Daddy, was hat all das mit dem zu tun, was im Moment geschieht?«
»Nun, wie ich schon sagte, deine Mutter war noch sehr jung. Sie ist natürlich schnell herangereift, aber ich war auf meine Art schon ziemlich festgelegt. Wenn ein Mann sich erst einmal festgelegt hat, fällt es ihm schwer, sich zu ändern, wenn es ihm nicht sogar unmöglich ist. Als deine Mutter älter wurde, wollte sie, daß ich mich ändere, in vieler Hinsicht ein anderer Mensch werde. Ich habe es versucht, aber ich fürchte, das liegt nicht in meiner Natur, und das hat deine Mutter sehr unglücklich gemacht.«
»Wie solltest du dich ändern, Daddy?«
»Wie? Nun, zum Beispiel würde sie sich wünschen, daß ich sie auf eine dieser Kreuzfahrten mitnehme und mich wie einer der Passagiere benehme… jeden Tag lang schlafe, esse und mich dann an Deck räkle oder Bordspiele spiele. Am Abend müßte ich sie zum Tanzen ausführen und die ganze Nacht mit ihr durchtanzen, Champagner trinken und dann wieder lang schlafen. Wenn es nach ihr ginge, dürfte ich mich gar nicht um mein Geschäft kümmern.« Er lächelte. »Manchmal kann sie so kindlich sein, so begierig auf ihren Spaß und jedes Abenteuer. Ich habe nie eine andere Frau gesehen, die so versessen auf ihren Genuß und ihr Vergnügen ist. Ich könnte ihr gar nicht genug Diamanten schenken oder sie in zu viele
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