Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
und wenn Miles einmal nicht zur Verfügung stand, weil Tony ihn gerade brauchte, dann mietete Mama ganz einfach vorübergehend einen Wagen mit Chauffeur.
In den Tagen, die auf das Erntedankfest in Farthinggale Manor folgten, fielen mir an ihr noch andere Veränderungen auf. Sie verwendete noch mehr Zeit auf ihr Haar und ihre kosmetische Pflege, wenn das auch unmöglich erschien, denn sie glaubte, jetzt noch mehr für ihr Aussehen tun zu müssen.
»Die Leute wissen, daß ich bald Mrs. Tony Tatterton bin. Sie sehen mich jetzt genauer an und erwarten mehr von mir. Jetzt gehöre ich wirklich zur guten Gesellschaft, Leigh.«
Ich fand nicht, daß diese zusätzliche Zeit, die sie auf ihr Äußeres verwendete, einen großen Unterschied bewirkte. Aber ich sagte nichts zu ihr, weil ich merkte, wie wichtig ihr all das war. Was mir nicht behagte, war, wie sie über manche ihrer alten Freundinnen sprach, sogar über jemanden wie Elizabeth Deveroe.
Sie zögerte jedesmal, wenn Mrs. Walker beim Vorlesen der Liste an ihrem Namen oder den Namen anderer alter Freundinnen angelangt war.
»Jetzt tut es mir doch irgendwie leid, daß ich sie eingeladen habe«, sagte sie dann. »Sie werden sich absolut deplaziert vorkommen.«
Auf unserem Weg nach Farthy zur Generalprobe ließ sie ein bestimmtes Paar von der Liste streichen, dem die Einladung noch nicht zugegangen war, und fügte statt dessen ein neues Paar hinzu, die Kingsleys, weil Louise Avery ihr erzählt hatte: »Martin Kingsley, der Herausgeber des Globe, ist gerade erst aus Moskau zurückgekommen, und er und seine Frau sind im Moment zwei der begehrtesten Essensgäste in der ganzen Stadt.« Wenn sie Mrs. Walker aufforderte, einen weiteren Namen aufzuschreiben, gab sie immer diese kurzen Erklärungen dazu ab, aber das schien Mrs. Walker nicht zu beeindrucken. Mama merkte es nicht, oder sie störte sich nicht daran. Sie war in ihrer eigenen Welt und glücklicher, als ich sie je erlebt hatte.
Als wir durch die Tore von Farthy fuhren, ging sie gerade noch einmal die Menüfolge durch und fragte sich laut, ob wir noch eine zusätzliche Auswahl von Vorspeisen brauchten. Ich hatte zwar nicht wirklich zugehört, als sie auf der Fahrt nach Farthy ständig vor sich hin geredet hatte, doch jetzt sagte ich, ich fände, es klinge so, als gebe es genug von allem. Ich machte den Fehler, noch hinzuzufügen: »Es wird so schon mehr zu essen geben als auf einem von Daddys Luxusdampfern.« Sie klapperte mit den Wimpern und biß sich auf die Lippen, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen.
»Leigh, das ist überhaupt kein Vergleich. Wir treffen hier keine Vorbereitungen, um Leute vollzustopfen, damit sie den Eindruck haben, sie bekämen mehr für ihr Geld; ich habe einige der besten Küchenchefs von Feinschmeckerlokalen in Boston engagiert, und jeder von ihnen wird seine Spezialität zubereiten. Der Franzose zum Beispiel, der die Hummercremesuppe zubereitet, ist überall bekannt, und…«
»Aber Ryse Williams ist doch ein wunderbarer Koch, Mama. Hätte er das nicht alles selbst vorbereiten können?«
»Er allein?« Sie lachte und lächelte dann Mrs. Walker an, als sei ich fünf Jahre alt. »Wohl kaum. Es gibt genug zu tun, um zehn Küchenchefs von Ryse Williams’ Kaliber vollauf zu beschäftigen. Aber mach dir darum keine Sorgen. Du solltest nur daran denken, daß du in deinem Kleid gut aussiehst.«
Ich mußte zugeben, daß ich in dem Punkt nervös war. Als eine der Brautjungfern sollte ich ein trägerloses Kleid aus zart rosefarbenem Chiffon mit einer weißen Spitzenborte auf dem Mieder und einem weiten Rock tragen. Die anderen Brautjungfern waren ausschließlich erwachsene Frauen. Keine von ihnen würde meine schmalen Schultern haben, die meines Erachtens immer noch zu eckig waren, und keine andere von ihnen brauchte so dringend wie ich einen BH mit Schaumgummipolstern. Ich war sicher, daß ich in diesem Kleid albern aussah, wenn ich zwischen den anderen stand, aber Mama hatte es selbst als eine passende Ergänzung zu ihrem Brautkleid ausgesucht. Es war auch keiner der Brautjungfern gestattet, Ketten oder Ohrringe zu tragen. Mama wollte, daß ihr eigener Schmuck herausstach, und sie wollte sichergehen, daß niemand sie übertrumpfte, denn manche dieser Frauen waren äußerst wohlhabend und besaßen wundervolle Diamanten.
Als die Limousine vor der Treppe von Farthinggale Manor vorfuhr, stand der kleine Troy mit Mrs. Hastings, seinem Kindermädchen, vor der Tür. Sie war recht nett, aber die
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