Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Leichtigkeit es Mama doch gelungen war, die Aufmerksamkeit des ganzen Tisches zu fesseln, dachte ich. Alle schienen neidisch zu sein – die Männer neidisch darauf, daß Tony sie zur Frau bekam, die Frauen neidisch auf Mamas Schönheit und ihre Überschwenglichkeit.
Diese Hochzeitspläne klangen wirklich aufregend und toll, doch selbst jetzt, bei diesem Erntedankfest, fühlte ich mich einsam und verloren.
Für den Rest des Abendessens standen die Pläne für die Hochzeit mit allen ihren Einzelheiten im Vordergrund der Gespräche. Der kleine Troy verschmierte sich das ganze Gesicht mit Schlagsahne, als er sich über die Schokoladeneistorte hermachte. Ich lachte und wischte ihm den Mund ab.
Nach dem Abendessen kehrte die Gesellschaft geschlossen ins Musikzimmer zurück. Troy bat mich, mit ihm in sein Spielzimmer zu kommen und ihm dabei zu helfen, seine Zeichnungen bunt auszumalen. Als wir sein Spielzimmer betraten und ich sah, daß er die Zeichnungen selbst angefertigt hatte, war ich starr vor Staunen. Für ein kleines Kind besaß er eine bemerkenswerte Begabung. Es waren Zeichnungen von dem großen Haus und den Parkanlagen und manchen der Leute, die hier arbeiteten.
»Das hier ist Henderson, und das ist Margaret Stone, und das ist Edgar.« Er deutete auf seine verschiedenen Zeichnungen.
»Sie sind ausgezeichnet geraten, Troy. Sehr, sehr gut«, sagte ich. Er strahlte.
»Hier«, sagte er und drückte mir einen braunen Buntstift in die Hand. »Edgar trägt immer ein braunes Hemd. Du malst Edgar.«
Ich lachte und fing an. Ich verlor jedes Zeitgefühl, als ich dasaß, die Zeichnungen ausmalte und Troy zuhörte, der über die Dienstboten, den Swimmingpool, den Irrgarten und Tony vor sich hin plapperte, aber es war vielleicht eine Stunde vergangen, als ich Mamas Stimme in dem Korridor direkt vor Troys Spielzimmer vernahm. Dann hörte ich Tony. Er schien verärgert zu sein.
Tony und Mama befanden sich ein paar Meter von der Tür entfernt. Tony stand aufrecht und männlich da und hatte seine Hände auf ihre Hüften gelegt, während er versuchte, sie an sich zu ziehen. Sie wußten nicht, daß ich sie stumm beobachtete.
»Komm schon, Jillian.« Seine vollen Lippen waren zu einem Schmollen verzogen. »Wir sind so gut wie verheiratet.«
»Aber wir sind es nicht, noch nicht. Und deshalb kommt das überhaupt nicht in Frage. Und dann müssen wir auch noch an Leigh denken.«
»Ich bringe sie am anderen Ende des Hauses unter. Sie erfährt gar nicht erst, daß du in mein Zimmer kommst.« Er senkte seinen dunklen Schopf, um ihren Nacken zu küssen.
»Nein, Tony.« Mama stieß ihn von sich. »Ich habe es dir doch gesagt, nicht, ehe wir miteinander verheiratet sind. Und außerdem habe ich morgen in Boston einiges zu erledigen. Wir können heute nacht nicht hierbleiben, und das ist mein letztes Wort. Jetzt mach keine Schwierigkeiten.«
»Also, meinetwegen«, sagte er kopfschüttelnd. »Aber du quälst mich… und das auch noch beim Erntedankfest«, scherzte er, aber ich hatte den Eindruck, daß das nur zum Teil ein Scherz war. Ich hatte ein seltsames Gefühl in der Magengrube und fand es scheußlich von mir, sie so heimlich zu beobachten, aber ich konnte es nicht lassen. Als sie sich gerade umdrehen wollten, um sich den anderen wieder anzuschließen, ertappte Tony mich, wie ich durch die Tür von Troys Spielzimmer lugte. Einen Moment lang bohrten sich seine Augen in meine, und ich kam mir vor, als hätte er mein Haar oder den hauchdünnen Stoff meines Kleides gestreichelt. Ich setzte mich noch etwa eine halbe Stunde zu Troy, und dann kam Mama, um mich zu holen.
»Es ist Zeit, daß wir nach Boston zurückfahren.«
Der kleine Troy schnitt eine Grimasse. »Wann wirst du endlich für immer hierbleiben?«
»Das dauert jetzt nicht mehr lange, Troy«, sagte Mama zu ihm. »Es ist schon spät, und du solltest jetzt ohnehin ins Bett gehen.«
»Ich bin nicht müde«, jammerte er.
»Diese Entscheidung liegt nicht bei dir«, sagte sie. »Du warst krank und brauchst noch viel Ruhe. Komm schon, Leigh.« Sie wandte sich ab und verschwand eilig.
»Ich bin bald wieder da, und dann malen wir alle Zeichnungen fertig aus«, sagte ich zu ihm. Er ließ sich dadurch nicht beschwichtigen, aber der schmollende Ausdruck verschwand von seinem Gesicht, als ich ihm zum Abschied einen Kuß auf die Wange gab.
Ich traf Mama und Tony in der Eingangshalle. Die meisten Gäste waren schon aufgebrochen.
»Danke, daß du dich heute abend mit Troy
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