Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
di Marco einen angenehmen Flug gehabt habe, erhielt er lediglich ein gereiztes Knurren zur Antwort.
Auf der Fahrt zum Hotel informierte er seinen Chef über den derzeitigen Stand der Verhandlungen, aber Leo hörte kaum zu. Die Hotelkette war ihm momentan völlig gleichgültig. Seit dem Start der Maschine in Mailand ging ihm nur eine Sache durch den Kopf – die Frage, wie es zwischen Bethany und ihm weitergehen sollte. Dennoch war er der Lösung des Problems keinen Deut näher, was ihn sehr beunruhigte. Er war bisher noch mit jeder schwierigen Situation fertiggeworden – warum wollte ihm das diesmal nicht gelingen?
Das Bild, das sie von ihm und ihrer Ehe malte, hatte ihn anfangs nicht nur schockiert, sondern zutiefst empört. Wie konnte sie es wagen, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben, nach allem, was sie sich geleistet hatte? Sie hatte ihn verlassen, nicht er sie .
Doch mit jeder Stunde des langen Flugs nahm sein Zorn auf sie ab und die Sehnsucht nach ihr zu. Je größer die Entfernung zwischen ihnen wurde, umso schmerzlicher vermisste er sie.
Was ihn am meisten erstaunte und gleichzeitig bestürzte, war der Ausdruck auf ihrem Gesicht heute Morgen gewesen. Er hatte das Gefühl, dass sie all ihren Mut hatte aufbringen müssen, um ihre Furcht zu überwinden und ihn mit ihren Vorwürfen zu konfrontieren. Brauchte es wirklich diese Art von Bravour – fast könnte man sagen Todesverachtung –, um offen mit ihm zu reden? War er in ihren Augen wirklich so ein Ungeheuer, nach allem, was sie miteinander geteilt hatten?
Und was sagte das alles über ihn als Mann? Er dachte an seinen Vater, und ein ungutes Gefühl beschlich ihn.
Nur zu gut erinnerte er sich an die Beschimpfungen, mit denen sein Vater seine Mutter überhäuft hatte. Die wutentbrannte Stimme hallte ihm heute noch in den Ohren. Er dachte an die Resignation in den Augen seiner Mutter, wenn sie Vorwürfe, Anklagen und Flüche stumm über sich hatte ergehen lassen – und manchmal auch Schlimmeres. Und die Verachtung, mit der Domenico di Marco von seiner Gemahlin gesprochen hatte – egal, ob sie ihn hören konnte oder nicht –, hatte Leo auch nicht vergessen.
Was man daraus ableiten konnte, gefiel Leo kein bisschen.
Nein, dachte er, das ist unmöglich. Sein Vater war ein kalter, arroganter Rohling gewesen. Er selbst war zwar gewiss kein Engel, aber in seinem ganzen Leben hatte er noch nie Hand an eine Frau gelegt, die eigene inbegriffen. Ebenso wenig konnte man ihn des Psychoterrors beschuldigen.
Nur … Da war dieser Ausdruck von Furcht und stiller Verzweiflung, den er hin und wieder in Bethanys Augen bemerkte, früher schon und auch jetzt noch. Aber damals wie heute war er mit einem Achselzucken darüber hinweggegangen.
Die Limousine hielt vor dem Hotel, und während er ausstieg und durch die Drehtür schritt, sagte Leo sich aufgebracht, dass Bethany nicht den kleinsten Anlass zum Fürchten hatte. Las er ihr nicht jeden Wunsch von den Augen ab?
Von Finanzberatern und Gutachtern umgeben, verbrachte er die nächsten Stunden im Konferenzsaal. Mit unbewegtem Gesicht ließ er Power-Point-Vorträge über sich ergehen, hörte sich Marktanalysen und statistische Untersuchungen an. Aber er war nicht bei der Sache, hatte kein Interesse an Fakten und Ziffern. Alles, was er hörte, war Bethanys Stimme.
Die Ehe ist keine Monarchie … Ich lasse mich nicht länger tyrannisieren … Du der Herrscher, ich die Beherrschte … Wie ein gerissenes Tonband klang es ihm immer aufs Neue in den Ohren.
Sein Instinkt sagte ihm, dass es leere Worte waren, ohne Sinn oder Bedeutung. Was immer der Grund sein mochte, sie wollte ihn kränken. Und das wäre weiß Gott nicht zum ersten Mal.
Aber insgeheim glaubte er das nicht so recht.
Wäre sie wie üblich aufgebraust, hätte herumgeschrien und mit Gegenständen um sich geworfen, könnte er die Anschuldigungen einfach ignorieren. Aber die Frau von heute Morgen hatte mit der Bethany, die er kannte, nichts gemeinsam. Obwohl sie den endlosen Kleinkrieg, den sie seit dem Wiedersehen in Toronto miteinander führten, ebenso leid war wie er, hatte sie Haltung bewahrt. Und wie schwer ihr das gefallen war, hatte er nicht übersehen können. Ebenso wenig wie die Ratlosigkeit und die stille Verzweiflung in ihren Augen. Jetzt kam es ihm vor, als hätte sie sich etwas erhofft, das sich dann nicht erfüllt hatte.
Leo wünschte, er könnte diesen Blick vergessen, aber es gelang ihm nicht.
Du willst mich nur, wenn du mich in
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