Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
spürte sie selbst die kleinste seiner Gebärden mit jeder Faser ihres Körpers. Sie spürte, dass sein Blick keine Sekunde von ihr abließ, seine Augen brannten wie heiße Kohlen in ihrem Nacken.
Schließlich ertrug sie es nicht länger. „Warum sind wir nie hierhergekommen, Leo?“, fragte sie und drehte sich wieder zu ihm um. „Damals, als ich noch hier war“, ergänzte sie.
Es dauerte eine Weile, bevor er antwortete. „Der See weckt keine guten Erinnerungen. Ich fand es nicht richtig, meine junge Gemahlin an einen Ort zu bringen, den ein Egomane einer unglücklichen Frau zum Geschenk gemacht hat.“
Sie schluckte. „Und warum bringst du mich dann jetzt her?“
Warum frage ich das? Was will ich von ihm?
Aber das wusste sie doch. Sie wollte alles. Alles! Nicht nur die paar Krumen, die er für sie übrig hatte. Dieser emotionale Geiz, den er ihr gegenüber bewies, war es, was sie am meisten schmerzte, damals genauso wie heute.
Nicht mehr lange, schwor sie im Stillen.
„Was soll ich dir antworten?“ Er setzte sich auf. „Was muss ich noch sagen, damit du mich berührst, Bethany? Du weißt, du willst es, und ich will es ebenso. Seit einer Ewigkeit will ich es. Sag mir, was du hören willst, und ich sage es dir. Sag es!“ Unwillkürlich hob er die Stimme.
Sie starrte ihm ins Gesicht. Ihr war, als ob der Boden unter ihr schwankte. Stumm erwiderte er ihren Blick. Wartete …
Immer noch war Bethany wie gelähmt, und die Stille um sie her dröhnte in ihren Ohren. Die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern, nichts regte sich, selbst die leichte Brise hatte sich gelegt. Es gab nur noch Leo und ihre Sehnsucht nach ihm. Etwas sagte ihr, dass er – wenn sie nicht tat, worum er sie bat – wirklich und für immer aus ihrem Leben verschwinden würde, als hätte es ihn nie gegeben.
Es hätte ihn nie geben dürfen …
Denn Leo war nichts für sie, er war es noch nie gewesen. Sie waren nicht füreinander bestimmt, und ein Teil von ihr hatte das von Anfang an gewusst, das erkannte Bethany mit blendender Klarheit.
War das die Ursache ihres unverzeihlichen Benehmens, der unerklärlichen Wutausbrüche? Hatte sie ihn nur von sich gestoßen, weil sie tief in ihrem Inneren wusste, dass ihre Beziehung nicht von Dauer sein konnte? Weil sie stets darauf gewartet hatte, dass er eines Tages einsehen musste, welch monumentalen Fehler er mit der Heirat begangen hatte? Weil sie ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzog?
„Du siehst mich an, als wäre ich ein Geist“, hörte sie ihn wie aus weiter Ferne sagen.
„Manchmal kommt es mir auch so vor, dass du nie etwas anderes gewesen bist.“ Bei den Worten empfand sie so etwas wie Erleichterung. Endlich sprach sie laut aus, was sie stets gewusst und sich nur in Momenten größter Verzweiflung halb eingestanden hatte. Erst dieser unwirkliche, abgeschiedene Ort mit seinem künstlichen Zauber hatte ihre Zunge gelöst. Hier konnte sie Dinge sagen, die anderswo tabu waren.
„Weil du es so gewollt hast“, erwiderte er ruhig. „Ich hatte nie eine Chance, mehr als ein Geist für dich zu sein, ein böser Geist obendrein. Du hast mit mir geschlafen und mir versichert, wie sehr du mich liebst, aber deine Seele hast du mir stets vorenthalten.“
Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie auf ihn losgegangen, um ihn ebenso zu verletzen, wie er sie gerade verletzt hatte. Aber heute, nach allem, was er von sich erzählt hatte, war das unmöglich. Und vielleicht steckte in dem, was er behauptete, sogar ein Körnchen Wahrheit.
Es war Bestimmung, dass wir hierhergekommen sind, dachte sie. Der künstliche See, den es nie hätte geben sollen, erschien ihr wie das Sinnbild ihrer Ehe.
„Wie konnte ich anders? Du wolltest eine Frau, die ich niemals sein würde – die Frau, die du geheiratet hättest, wären wir uns nicht begegnet.“
Leo schwieg.
Sie war nicht sicher, was sie von ihm erwartet hatte. Insgeheim vielleicht doch die Versicherung, dass sie sich täuschte, ein ironisches Lächeln und die Frage, wie sie nur auf diese verrückte Idee kam.
Nichts dergleichen geschah. Er sah sie nur an, mit diesem Blick, der nichts von seinen Gefühlen verriet. Eine Minute verging, dann noch eine, und immer noch schwieg er.
„Dein Cousin hatte recht“, fuhr sie schließlich fort. „Du hättest jemanden heiraten sollen, der dir ebenbürtig ist – adlig, gebildet und kultiviert. Nichts von all dem trifft auf mich zu, und mit jedem Tag konntest du mir das weniger verzeihen.
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