Catch 22
Finger auf den Kaplan. »Gerade eben habe ich Ihnen den größten Gefallen getan, der Ihnen je in Ihrem Leben erwiesen worden ist, und Sie merken das nicht mal.
Immer, wenn er den Versuch macht, über Sie an seine Vorgesetzten zu berichten, streicht einer der Zensoren im Lazarett die Einzelheiten aus. Er versucht schon seit Wochen, Sie festnehmen zu lassen. Gerade eben habe ich seinen Brief, ohne ihn zu lesen, als Zensor abgezeichnet. Das wird beim CID einen sehr guten Eindruck machen. Auf diese Weise erfährt man dort, daß wir keine Angst davor haben, die ganze Wahrheit über Sie an den Tag kommen zu lassen.«
Dem Kaplan schwamm der Kopf. »Sie dürfen doch aber gar nicht Briefe zensieren, oder doch?«
»Selbstverständlich nicht«, erwiderte Korporal Whitcomb. »Das dürfen immer nur Offiziere. Ich habe für Sie abgezeichnet.«
»Aber auch ich habe kein Recht, Briefe zu zensieren.«
»Da habe ich vorgesorgt«, versicherte Korporal Whitcomb. »Ich habe mit einem anderen Namen für Sie unterschrieben.«
»Ist das denn nicht eine Fälschung?«
»Ach, zerbrechen Sie sich darüber nur nicht den Kopf. Der einzige, der im Fall einer Fälschung geschädigt wird, ist derjenige, dessen Unterschrift Sie gefälscht haben, und ich habe Ihre Interessen dadurch gewahrt, daß ich die Unterschrift eines toten Mannes gebraucht habe. Ich habe mit Washington Irving unterschrieben.« Korporal Whitcomb sah prüfend in das Gesicht des Kaplans, ob sich dort etwa Widerspruch melde, und fuhr dann unverschämt und voller Selbstvertrauen und mit versteckter Ironie fort: »Das hab ich gut ausgedacht, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht recht«, jammerte der Kaplan mit brechender Stimme und verzog dabei das Gesicht leidvoll und verständnislos. »Ich glaube, ich verstehe nicht, was Sie mir da erzählt haben.
Wie kann ein guter Eindruck für mich dadurch erreicht werden, daß Sie statt meines Namens den von Washington Irving benutzt haben?«
»Weil man beim CID davon überzeugt ist, daß Sie Washington Irving sind. Begreifen Sie denn nicht? Man wird daran erkennen, daß Sie den Brief geschrieben haben.«
»Aber bestärken wir das CID damit nicht in dem Irrglauben, den wir doch erschüttern wollen? Verschaffen wir ihnen damit nicht einen Beweis gegen uns?«
»Wenn ich geahnt hätte, daß Sie sich so anstellen, hätte ich nie versucht, Ihnen zu helfen«, erklärte Korporal Whitcomb entrüstet und ging hinaus. Gleich darauf kam er wieder herein.
»Gerade eben habe ich Ihnen einen größeren Gefallen erwiesen als je ein Mensch zuvor, und Sie merken es überhaupt nicht. Sie verstehen es nicht, Ihre Dankbarkeit zu zeigen. Das ist übrigens noch einer von Ihren Fehlern.«
»Entschuldigen Sie«, bat der Kaplan reuig. »Das tut mir wirklich sehr leid. Es ist nur . . . ich bin so verwirrt von allem, was Sie mir da erzählt haben, daß ich gar nicht recht weiß, was ich sage.
Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.«
»Dann lassen Sie mich endlich diese Schemabriefe schicken«, verlangte Korporal Whitcomb unverzüglich. »Ich kann schon mal einen entwerfen.«
Dem Kaplan blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen.
»Nein, nein«, ächzte er. »Nicht jetzt.«
Korporal Whitcomb schäumte vor Wut. »Ich bin der beste Freund, den Sie je gehabt haben, und Sie begreifen es nicht!«
quengelte er und ging aus dem Zelt. Dann kam er wieder herein.
»Ich bin auf Ihrer Seite, aber Sie merken es nicht. Wissen Sie denn gar nicht, wie gefährlich Ihre Lage ist? Der CID-Mensch ist ins Lazarett zurückgefahren und schreibt jetzt einen neuen Bericht über Sie und die Tomate.«
»Welche Tomate?« blinzelte der Kaplan erstaunt.
»Die Tomate, die Sie versteckt in der Hand trugen, als Sie hier auftauchten. Da ist sie ja. Die Tomate, die Sie immer noch in der Handhaben.«
Der Kaplan öffnete die Faust und merkte überrascht, daß er immer noch die Tomate hielt, die er in Colonel Cathcarts Büro bekommen hatte. Er legte sie hastig auf den Tisch. »Ich habe diese Tomate von Colonel Cathcart«, sagte er und seine Erklärung kam ihm selbst höchst albern vor. »Er bestand darauf, daß ich sie mitnahm.«
»Mich brauchen Sie nicht anzulügen«, versetzte Korporal Whitcomb. »Mir ist es egal, ob Sie sie ihm gestohlen haben oder nicht.«
»Gestohlen?« rief der Kaplan verblüfft. »Warum sollte ich wohl eine Tomate stehlen wollen?«
»Genau darüber haben wir beide uns auch den Kopf zerbrochen«, sagte Korporal Whitcomb. »Dann kam aber der CID-Mensch darauf, daß
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