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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Jetzt aber, da wir wieder verlieren, hat sich alles zum Besseren gewendet, und wenn es uns nur gelingt, geschlagen zu werden, kommen wir wieder obenauf.«
    Nately glotzte ihn mit unverstellter Begriffsstutzigkeit an. »Jetzt verstehe ich wirklich nicht mehr, was Sie da sagen. Sie reden wie ein Verrückter.«
    »Ich lebe aber wie ein Normaler. Als Mussolini an der Macht war, war ich Faschist, und jetzt, da er gestürzt ist, bin ich Antifaschist. Solange die Deutschen hier waren, um uns vor den Amerikanern zu schützen, war ich fanatisch prodeutsch, und jetzt, da die Amerikaner hier sind, um uns vor den Deutschen zu schützen, bin ich fanatisch proamerikanisch. Ich versichere Ihnen, mein zorniger junger Freund«, — die wissenden, hochmütigen Augen des alten Mannes leuchteten immer stärker, je mehr Natelys stotternde Ratlosigkeit zunahm — »daß Sie und Ihr Land keinen treueren Parteigänger in Italien haben als mich — jedoch nur solange Ihr in Italien bleibt.«
    »Aber«, rief Nately ungläubig, »sie sind ja ein Abtrünniger! Ein Heuchler! Ein schändlicher, gewissenloser Opportunist!«
    »Ich bin einhundertundsieben Jahre alt«, erinnerte ihn der bübische alte Mann mit höhnischem Ernst, und streichelte die nackte Hüfte der fülligen Schwarzhaarigen mit den reizenden Grübchen, die sich verführerisch auf der anderen Lehne seines Sessels niedergelassen hatte. Geckenhaft thronend in zerschlissener Pracht, zu beiden Seiten ein nacktes Mädchen mit herrscherlicher Gebärde umfassend, so grinste er Nately spöttisch an.
    »Ich kann das nicht glauben«, bemerkte Nately murrend und bemühte sich nach Kräften, die beiden Mädchen nicht anzusehen.
    »Ich kann das einfach nicht glauben.«
    »Aber es ist durchaus wahr. Als die Deutschen einmarschierten, tanzte ich wie eine jugendliche Ballerina durch die Straßen und brüllte Heil Hitler, bis ich stockheiser war. Ich schwenkte sogar eine Nazifahne, die ich einem wunderhübschen kleinen Mädchen gestohlen hatte, als die Mutter gerade nicht hinsah. Als die Deutschen die Stadt räumten, rannte ich mit einer Flasche vorzüglichen Cognacs und einem Korb voller Blumen auf die Straße, um die Amerikaner willkommen zu heißen. Der Cognac war selbstverständlich für mich, und mit den Blumen wollte ich unsere Befreier bewerten. Im ersten Fahrzeug saß ganz steif und wie ausgestopft ein alter Major, dem warf ich eine rote Rose haargenau ins Auge. Ein bewundernswerter Treffer! Sie hätten mal sehen sollen, wie der gezuckt hat!«
    Nately sog hörbar die Luft ein, sprang verblüfft auf, und das Blut wich aus seinen Wangen. »Major —de Coverley!« rief er.
    »Sie kennen ihn?« fragte der alte Mann entzückt. »Was für ein ganz, ganz reizender Zufall!«
    Nately war zu verblüfft, um noch zuzuhören. »Sie also sind es, der Major — de Coverley verletzt hat!« rief er entrüstet. »Wie konnten Sie nur!«
    Der teuflische alte Mann blieb ungerührt. »Wie hätte ich widerstehen können, wollen Sie wohl sagen. Sie hätten diesen arroganten alten Griesgram sehen müssen, wie er da finster wie der liebe Gott persönlich im Wagen saß, und ein dämliches, würdevolles Gesicht machte. Was für ein lockendes Ziel! Ich traf ihn mit einer American Beauty ins Auge. War das nicht äußerst passend?«
    »Das war schrecklich!« rief Nately vorwurfsvoll. »Das war eine böse, verbrecherische Tat! Major — de Coverley ist der Verwaltungsoffizier unserer Staffel.«
    »Ach wirklich?« sagte der verderbte alte Mann neckisch und rieb sich gespielt reumütig das spitze Kinn. »Dann müssen Sie mir aber wenigstens zugestehen, daß ich unparteiisch bin, denn als die Deutschen einmarschierten, hätte ich beinahe einen kräftigen jungen Oberleutnant mit einem Edelweißzweig erstochen.«
    Nately war entsetzt und verwirrt, weil der gräßliche alte Mann nicht einsehen wollte, wie schwerwiegend sein Vergehen war.
    »Begreifen Sie denn nicht, was Sie da angerichtet haben?« tadelte er ihn heftig. »Major — de Coverley ist ein edler, herrlicher Mensch, den jedermann bewundert.«
    »Er ist ein blöder alter Tropf, der kein Recht hat, sich aufzuführen wie ein blöder junger Tropf. Wo ist er denn jetzt? Tot?«
    Nately sagte düster und ehrfürchtig: »Das weiß niemand. Es scheint, daß er verschwunden ist.«
    »Da haben wir's ja. Zu denken, daß ein Mann in seinem Alter das ihm noch verbleibende Leben für etwas so Läppisches wie ein Vaterland aufs Spiel setzt!«
    Sogleich stürzte sich Nately wieder ins

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