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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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sich über die grenzenlose Opferbereitschaft des Ärztestandes verbreiten?
    Ich habe keine Lust, mich als Opfer dargebracht zu sehen. Geld will ich sehen!«
    Doc Daneeka war ein sehr properer, auf Sauberkeit bedachter Mann, dessen größtes Vergnügen darin bestand, zu schmollen.
    Er hatte einen dunklen Teint, ein kleines, altkluges, mürrisches Gesicht und traurige Schwellungen unter den Augen. Er sorgte sich um sein Wohlbefinden und ging beinahe täglich ins Krankenzelt, um sich von einem der beiden Sanitäter die Temperatur messen zu lassen. Sie führten das Geschäft dort fast nach eigenem Gutdünken, und das so sachkundig, daß ihm kaum etwas anderes übrigblieb, als mit verstopfter Nase in der Sonne zu sitzen und darüber nachzudenken, was andere Leute wohl so bekümmern mochte. Die beiden Sanitäter hießen GUS und Wes, und es war ihnen gelungen, die Medizin in den Rang einer exakten Wissenschaft zu erheben. Wer sich krank meldete und mehr als 38,5 Temperatur hatte, wurde auf dem schnellsten Weg ins Lazarett befördert. Wer sich krank meldete und weniger als 38,5 hatte, dem wurden, mit Ausnahme Yossariáns, Zahnfleisch und Zehen rot angepinselt, und er bekam ein Abführmittel zum Wegschmeißen. Wer sich krank meldete und genau 38,5 Temperatur hatte, wurde aufgefordert, nach einer Stunde wiederzukommen, um sich neuerlich messen zu lassen. Yossarián, der stets 37,5 hatte, durfte jederzeit ins Lazarett, wenn ihm so zumute war, weil er sich vor den beiden Sanitätern nicht fürchtete.
    Dieses System war für jedermann segensreich, insbesondere für' Doc Daneeka, der Zeit genug fand, nach Herzenslust zuzusehen, wie der alte Major — de Coverley auf seinem privaten Spielplatz Hufeisen warf, wobei er immer noch die durchsichtige Augenklappe trug, die ihm Doc Daneeka aus einem Stück Zelluloid gemacht hatte, das er heimlich vor Monaten aus dem Fenster von Major Majors Schreibstube herausgeschnitten hatte, als Major — de Coverley mit einer Hornhautverletzung aus Rom zurückgekehrt war, wo er zwei Wohnungen gemietet hatte, welche den Offizieren und Mannschaften bei ihrem Erholungsurlaub als Quartier dienen sollten. Doc Daneeka suchte das Krankenzelt überhaupt erst auf, seitdem er täglich mit dem Gefühl erwachte, ein schwerkranker Mann zu sein, und, er präsentierte sich dort GUS und Wes zu Untersuchungszwecken.
    Diese beiden konnten nichts Ungewöhnliches an ihm entdecken.
    Seine Körpertemperatur war stets 36 Grad Celsius, wogegen sie nichts einzuwenden hatten, solange er daran keinen Anstoß nahm. Doc Daneeka nahm aber Anstoß. Er begann, sein Vertrauen in GUS und Wes zu verlieren und mit dem Gedanken zu spielen, beide wieder zum Motorpool zurückzuschicken, und an ihrer Stelle jemanden zu setzen, der imstande wäre, ein alarmierendes Symptom an ihm zu entdecken. Doc Daneeka war persönlich mit einer Reihe von Dingen vertraut, die entschieden alarmierend waren. Es bedrückte ihn nicht nur die Sorge um sein Befinden, sondern auch der Gedanke an den Pazifischen Ozean und die Flugzeit. Gesundheit war etwas, dessen niemand je für genügend lange Zeit gewiß sein konnte. Der Pazifische Ozean war ein Gewässer, das auf allen Seiten von Elephantiasis und anderen furchterregenden Krankheiten umgeben war, ein Gewässer, an das er sich jäh versetzt finden konnte, sollte er je Colonel Cathcarts Ärger dadurch auf sich ziehen, daß er Yossarián fluguntauglich schrieb. Und die Flugzeit war diejenige Zeit, die er jeden Monat in einem fliegenden Flugzeug verbringen mußte, um in den Genuß der Fliegerzulage zu gelangen. Doc Daneeka verabscheute das Fliegen. In einem Flugzeug fühlte er sich eingesperrt. In einem Flugzeug gab es einfach keinen Ort, an den man sich begeben konnte, ausgenommen in einen anderen Teil des Flugzeuges. Man hatte Doc Daneeka erzählt, daß Menschen, denen es Spaß macht, in ein Flugzeug zu klettern, damit in Wirklichkeit dem unterbewußten Drang nachgaben, zurück in den Mutterleib zu klettern. Dies hatte ihm Yossarián erzählt, der es Doc Daneeka auch ermöglichte, jeden Monat seine Fliegerzulage einzustreichen, ohne jemals in den Mutterleib zurückzuklettern.
    Yossarián pflegte zu diesem Zweck McWatt zu überreden, Doc Daneekas Namen auf die Liste seiner Besatzung zu setzen, wenn er Übungsflüge machte oder nach Rom flog.
    »Du weißt doch, wie es im Leben zugeht«, hatte Doc Daneeka ihm blinzelnd geschmeichelt. »Warum soll ich mich der Gefahr aussetzen, wenn es nicht unbedingt sein

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